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Fußball-WM 2018: Das Geheimnis erfolgreicher Tipps
Wissenschaftler von der Technischen Universität Kaiserslautern sind dem Geheimnis erfolgreicher Tipps nachgegangen. Schon bei der letzten Fußball-Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien befragten sie dafür knapp 120 Probanden. "Dabei musste die eine Hälfte der Versuchspersonen bei der Abgabe der Tipps nachdenken, zum Beispiel indem sie Gründe für ihre Tipps nannten", erläutert Studienautor Volker Lingnau. Die andere Hälfte der Personen sollte dagegen spontan und aus dem Bauch heraus antworten. "Hier spielte die Intuition die entscheidende Rolle", so der Forscher.
Intuition und Expertise - ein gutes Team
Vorab klärte das Wissenschaftlerteam, wie viel Vorwissen die einzelnen Teilnehmer zum Thema Fußballwetten hatten. Auf Basis dieser Informationen wurden die Probanden dann in Experten und Laien eingeteilt. Wer würde mit welcher Tippmethode am besten abschneiden? Es zeigte sich: Experten, die ihr Bauchgefühl nutzten, trafen mit Abstand die besten Vorhersagen. Sie übertrumpften demnach sogar ein Prognosemodell der US-amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs.
"Wir konnten statistisch signifikant zeigen, dass es besser ist, bei einer Entscheidung nicht nachzudenken, wenn man sich bei Fußballwetten gut auskennt", erläutert Mitautor Till Dehne-Niemann. "Hier empfiehlt es sich, auf sein Bauchgefühl zu hören". Laien sollten dagegen eine andere Strategie verfolgen: Sie schnitten im Experiment besser ab, wenn sie nachdachten. Doch wie kommt dieses Phänomen zustande?
Laien hilft Nachdenken
Die Forscher haben eine mögliche Erklärung dafür: "Dahinter steckt die Idee, dass Erfahrene ein relativ genaues, aber schlecht artikulierbares Wissen über die Auftretenshäufigkeit von Ereignissen des Prognosegegenstands, in diesem Fall Fußballspiele, in ihrem Gedächtnis gespeichert haben. Dieses implizite Wissen wird wohl am besten durch intuitive Entscheidungen abgerufen", berichtet Lingnau.
Unerfahrene können dagegen nicht auf einen solchen impliziten Wissensstock zurückgreifen. Sie profitieren daher davon, über den Sachverhalt nachzudenken und sich bestimmte Fakten bewusst ins Gedächtnis zu rufen - sich also auf explizit vorhandenes Wissen zu besinnen. Was den Unerfahrenen hilft, ist bei den Experten unter Umständen kontraproduktiv. Denn: "Das explizite Wissen kann das häufig akkuratere implizite Wissen bei Experten überschreiben", sagt Lingnau.
Wer beim WM-Tippspiel im Büro schon wieder nicht gewonnen hat, obwohl er sich als absoluten Experten bezeichnet, habe möglicherweise zu lange nachgedacht, so das Fazit der Kaiserslauterer Wissenschaftler. Ihr Ratschlag: "Insgesamt fahren Tipper am besten, wenn sie ganz am Anfang erstmal darüber reflektieren, ob sie ein Kenner des Prognosegegenstands sind oder nicht."