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Im Gespräch: Thilo Bode

[[{"type":"media","view_mode":"media_large","fid":"13221","attributes":{"alt":"","class":"media-image","typeof":"foaf:Image"}}]]Probleme und Skandale im Lebensmittelbereich sind seit einigen Jahren zum Dauerthema geworden. Die Begriffe BSE, Nitrofen und Acrylamid stehen für den gedankenlosen Umgang mit kostbaren Nahrungsmitteln. Wissen.de sprach mit Thilo Bode über Fehler der Vergangenheit und die möglichen Zukunft unserer Lebensmittel. Der ehemalige Geschäftsführer von Greenpeace International hat im Oktober 2002 die Verbraucherorganisation foodwatch gegründet. foodwatch will Verbraucher informieren und aktivieren und dadurch Verantwortliche unter Druck setzen, damit wieder mehr Nahrungsmittel auf unseren Tellern landen, die nachhaltig produziert wurden und deren Verzehr unbedenklich ist.

Marcus Anhäuser/Barbara Steiger

Zukunftsvision Nahrungsmittel

Herr Bode, in den vergangenen Jahren jagte ein Lebensmittelsproblem das nächste. Glauben Sie, dass sich Verbraucher zukünftig immer genauer fragen müssen: Was kann man eigentlich noch essen?

Diese Frage ist leider noch berechtigt. Denn BSE oder auch der Nitrofen-Fall haben gezeigt, dass es im Lebensmittelbereich nach wie vor grundlegende Probleme gibt. Auch die noch relativ junge Biobranche hat dies auf die harte Tour lernen müssen. Die zunehmende Globalisierung unseres Essens macht die Situation nicht leichter. Zudem stehen wir vor einer neuen Welle fragwürdiger Entwicklungen bei Lebensmitteln: Auf der Suche nach renditeträchtigen Geschäftsfeldern versucht die Lebensmittelindustrie, uns „Functional Food“ - Lebensmittel mit sogenanntem Zusatznutzen - schmackhaft zu machen. Functional Food ist jedoch vor allem eine Marketingmaßnahme der Nahrungsmittelkonzerne, um die weiter fallenden Preise und Gewinnmargen bei Standardprodukten zu kompensieren.

Aber ist das mit dem Zusatznutzen nicht sehr angenehm und vor allem bequem?

Natürlich, wenn das funktionieren würde. Hier wird aber nur ein neues Leitbild propagiert: War Gesundheit bisher mit gewissen Anstrengungen durch ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und maßvolle Lebensführung zu erreichen, verspricht nun die Werbung, dass man unendliche Fitness ganz bequem durch den Konsum entsprechender Lebensmittel bekommen kann. So funktioniert es aber nicht.

Also sieht es für die Zukunft unserer Ernährung eher schlecht aus ...

Ein Grund zu Resignation ist das alles nicht. Denn immer mehr Konsumenten hinterfragen diese Entwicklungen. Und je lautstärker dies geschieht, desto eher ändert sich etwas. Das war ein entscheidendes Motiv für die Gründung von foodwatch - die Stimmen der Konsumenten zu bündeln. Denn nichts fürchten Produzenten mehr als unzufriedene Kunden, die sich organisieren.

Die Kunden scheinen aber schnell zu vergessen. Sind wir nicht ein Stück selbst schuld, dass wir regelmäßig "Substanzen" auf dem Tisch finden, die eigentlich nicht in unser Essen gehören, weil wir nur nach den billigsten Lebensmitteln suchen, anstatt nach dem qualitativ besseren?

Keine Frage: Wer unterstützt, dass Wurst billiger verkauft wird als Hundefutter, macht sich mitverantwortlich. Andererseits wird es uns als Käufer der Produkte ja auch immer schwerer gemacht, Qualität erkennen zu können. Problematische Stoffe müssen nicht deklariert werden, Bestrahlung oder Konservierungsmittel täuschen Frische vor. Trotz unglaublicher Vielfalt an Lebensmitteln läuft gleichzeitig eine erschreckende Standardisierung ab: Es gibt eben nur noch die transportharten und lange lagerfähigen Tomatensorten zu kaufen.

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