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Klasse der Prügelknaben

Telekomanbieter sind dieser Tage wahrlich nicht zu beneiden. Nachdem die Internet-Werte dramatisch gestutzt worden sind, haben sich Anleger, Analysten und Investmentbanken nun, so scheint es, massiv auf die Telekommunikations-Unternehmen eingeschossen. Die Kursverläufe selbst der renommiertesten Anbieter gleichen einem Schlachtfeld: Die meisten Telekom-Aktien notieren fast täglich auf Jahres- oder gar Allzeittiefs. Prominente Pleiten einstiger Highflyer wie KNP oder der dramatische Absturz des einst höchst bewerteten Telekom-Unternehmens, Worldcom, unterstreichen die prekäre Situation. Ein Überblick über die am besten positionierten internationalen Telekomanbieter.

Vodafone: Der Branchenprimus

Es war seinerzeit die spektakulärste Übernahme der Börsengeschichte: Als Vodafone AirTouch im Frühjahr 2000 das Düsseldorfer Traditionsunternehmen Mannesmann übernahm, entstand ein 400-Milliarden Euro-Riese. Das höchstbewertete Telekomunternehmen der Welt ist Vodafone heute noch allein: Die Marktkapitalisierung hat sich geviertelt keine hundert Milliarden Euro ist Vodafone den Börsianern heute mehr wert und befindet sich damit unter den Wertvernichtern des Telekomsektors in allerbester Gesellschaft.

Trotz des angespannten Kursniveaus bei aktuell 1,40 Euro sind die global aufgestellten Briten uneingeschränkter Marktführer der Branche. Das gilt vor allem für die Wachstumsbranche Mobilfunk, in der die Vodafone AirTouch Group über 29 Millionen Kunden weltweit aufweisen kann. Das vom 51-jährigen CEO Chris Gent geleitete britische Unternehmen erreichte seine dominierende Marktposition nicht nur durch eine Vielzahl spektakulärer Akquisitionen sondern auch geschickter Transaktionen. So konnte der gewiefte Gent aus dem Zwangsverkauf von der Mannesmann-Tochter Orange an die France Telecom die exorbitant hohe Summe von mehr als 40 Milliarden Euro größtenteils in Cash erzielen soviel ist heute die Deutsche Telekom wert...

Für den UMTS-Start ist Vodafone ebenso bestens positioniert. Zum Ende des ersten Quartals haben die Briten in allen Ländern, in denen UMTS-Lizenzen zu vergeben waren, den Zuschlag für den Mobilfunk der dritten Generation erhalten. Vodafone will bereits im zweiten Halbjahr dieses Jahres in den wesentlichen europäischen Märkten mit UMTS-Diensten starten.

Den Preis für den massiven Expansionsdruck müssen indes die Aktionäre zahlen: Die weltweite Nummer eins im Mobilfunksektor verbuchte im abgelaufenen Geschäftsjahr den Rekordverlust von 24,1 Milliarden Dollar kein anderes europäisches Unternehmen hat jemals ein so hohes Minus angehäuft. Der entscheidende Grund dafür ist jedoch in den neuen Bilanzierungsregeln zu suchen: Vodafone musste für eine Vielzahl der Akquisitionen, die Vorstandschef Gent auf der Höhe der Börsenhausse tätigte, hohe Abschreibungen ausweisen, weil die Unternehmen inzwischen deutlich an Wert verloren haben.

Anders als viele der anderen Telekomanbieter arbeitet Vodafone hochprofitabel: Bei einem Umsatz von 22,85 Milliarden Pfund (ca. 36 Milliarden Euro) konnten die Briten einen Gewinn von 10 Milliarden Pfund (ca. 16 Milliarden Euro) ausweisen. Die Nettoverschuldung beträgt indes nur 12 Milliarden Pfund (ca. 19 Milliarden Euro): Eine bei diesen Erträgen und vor allem der Schuldenlast der Konkurrenten überschaubare Bürde.

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