wissen.de Artikel
Lachen – die beste Medizin
Hört man vom internationalen Tag des Lachen, klingt es womöglich etwas skurril. Doch der Hintergrund ist bierernst: Denn lacht ein Kind noch 400 mal pro Tag, kann sich ein Erwachsener gerade noch 15 mal lächelnd vergnügen. Und obwohl kaum einer als Zeitgenosse gelten möchte, der keinen Spaß versteht, so ist unterhaltsames Gekicher meist ebenso ungern gesehen. Und nicht nur Körper und Seele baden den fehlenden Schmunzelfaktor aus. Auch unsere Gesellschaft hat auf vieles keine sympathisch lächende Antwort mehr. Da ist es doch überaus beruhigend, das heute seinen Platz gefunden hat, was vor 10 Jahren als neu und außergewöhnlich galt: Die jährlichen Lachtage, Lachyoga-Schulen und nicht zuletzt die KlinikClowns, deren Bestehen sich 2008 zum 10. Mal jährt.
Lachen als Medizin?
Heute schon ausreichend geschmunzelt, gegackert, gewiehert oder gebrüllt? Wenn nicht sollten Sie es nachholen, denn Lachen ist die älteste Medizin der Menschheit und erlebt eine Renaissance. Statt Pharmazeutika zu schlucken, setzen immer mehr Stressgeplagte auf eine neue, alternative Heil- und Entspannungsmethode, die sich anschickt, Akupressur & Co. den Rang abzulaufen. Die Rezeptur ist simpel: Lachen bis der Arzt kommt. Selbst wem das Lachen vergangen ist, der findet es vielleicht in einer der zahlreichen Lachgruppen wieder.
Was ist die Lachtherapie?
Die Lachtherapie wurde von dem indischen Arzt Dr. Madan Kataria ins Leben gerufen. Auf Grundlage des traditionellen Yogawissens hat er eine Methode entwickelt, welche die heilsamen Kräfte des Lachens im Menschen aktivieren soll. Durch regelmäßiges Lachtraining soll Stress abgebaut und das körperlich-geistige Wohlbefinden erhöht werden. 1995 gründete Kataria in Bombay den ersten Lachclub. Heute sind es allein in Indien mehr als 150 Zentren, in denen gemeinsam gelacht wird. Diese indische Volksbewegung hat mittlerweile weltweit Nachahmer gefunden, die sich in zahlreichen Clubs organisieren. Und einmal pro Jahr lachen alle der von Dr. Kataria entwickelten Methode folgenden Gruppen auf dem internationalen Lachtag.
Worüber lacht man in einer Lachgruppe?
In Deutschland gibt es mittlerweile rund 150 Lachclubs. Als Pionier der europäischen Lachbewegung gilt das Lachzentrum in Wiesbaden. Seit seiner Gründung im Dezember 1998 treffen sich die Lachfans einmal pro Woche in ihrem Clubhaus, der “Humorkirche”, um gemeinsam und hemmungslos zu lachen. Um in Stimmung zu kommen, praktizieren die Teilnehmer Atemübungen, durch die Gelächter gelöst werden soll. Dann gilt es, dem Gegenüber ein Lachen zu entlocken. Dazu streckt man sich gegenseitig die Zunge heraus, brüllt wie ein Löwe oder gackert wie ein Huhn. “Man fühlt sich wieder wie ein Kind und wird immer lockerer, je länger man dabei ist”, bestätigt eine Teilnehmerin den Erfolg der Lachtherapie.
Warum lacht der Mensch?
Ein Humorerlebnis, das zum Lachen bzw. Lächeln führt, bezeichnet man als Erheiterung. Dies kann durch eine Unzahl verschiedener und unverbundener Reizbedingungen hervorgerufen werden. Seien es absurde Situationen im Alltag, ironische Bemerkungen von Mitmenschen, nacherzählte Witze oder ein komisches Schauspiel. Erheiternd wirken sämtliche Reize, die einen Menschen in einen belustigten Gemütszustand versetzen, aus dem heraus Fröhlichkeit, Freude und Vergnügen erwachsen. Erheiterung lässt sich somit als ein emotionales Geschehen definieren, das sich aus dem zeitweiligen Anwachsen einer heiteren Grundstimmung ergibt und zu nachweisbaren Auswirkungen in sämtlichen Bereichen des menschlichen Organismus führt. Der biologische Nutzen dieser Reaktion ist es, den Menschen vorübergehend vom Stress zielgerichteter Tätigkeiten zu erlösen.
Wie reagiert der Körper auf Humor?
Durch das Lachen wird die Atmung angeregt, so dass es zu einem beschleunigten Austausch von verbrauchter und sauerstoffangereicherter Luft kommt. Das fördert wiederum die Verbrennungsvorgänge im Körper, beschleunigt den Herzschlag, fördert die Durchblutung und regt die Verdauungsdrüsen an. Lachen senkt die Stresshormone Adrenalin und Kortisol. Stattdessen schüttet der Körper Endorphine, sog. Glückshormone, aus. Wenn es heißt “Lachen befreit”, so ist damit die auch Befreiung von urteilendem Intellekt und eingefahrenen Denkmustern gemeint. Lachend soll der Mensch Distanz zu seinen Problemen bekommen. Fließen die Energien in Körper und Geist frei, so kommt es auf der physischen Ebene zu Wohlgefühl, Hormonausschüttung und einer Steigerung der Immunkraft.
Welche medizinischen Aspekte sind bekannt?
Gelotologen (Lachforscher) fanden heraus, dass Schmerzpatienten nach nur wenigen Minuten Lachen eine Erleichterung erfahren, die mehrere Stunden anhalten kann. Japanische Wissenschaftler behandelten erfolgreich Allergien, indem sie ihre Patienten mit Videofilmen belustigten. In zahlreichen Krankenhäusern und Altenheimen arbeiten mittlerweile “Klinik-Clowns”, die Patienten zum Lachen bringen. Lachforscher machten die Erfahrung, dass eine Minute Lachen ebenso heilsam sein kann wie 45 Minuten Entspannungstraining. Gelotologen zufolge fördere das Lachen außerdem die Kreativität, die männliche Potenz und sei auch ein heilsames Mittel gegen Frühjahrsmüdigkeit. Zwar kann die Lachforschung biologisch messbare Ergebnisse vorweisen, in der neueren Psychotherapie wird dem Humor aber noch überwiegend mit großer Skepsis begegnet. Gemäß ersten empirischen Untersuchungen sei er nicht eindeutig konstruktiv und heilsam.
Wann erkannte der Mensch die Heilwirkung des Humors?
Schon Aristoteles und Cicero forschten nach den Quellen des Humors. Sie führten das Lachen auf die Wahrnehmung von Defekten bei einem als unterlegen beurteilten Menschen zurück (“Degradationstheorie”). In diesem belustigenden Aspekt, der zum Hauptgegenstand der Komödie wurde, hat das Narren- bzw. Clownswesen seinen Ursprung. Nach der 1905 von Sigmund Freud vorgelegten “Witztheorie” wiederum setzt sich ein Mensch im Lachen über jene Hemmschwellen hinweg, die durch verdrängte Sexual- und Aggressionsimpulse aufgebaut wurden. Populär wurde der Berufsstand der Gelotologen schließlich in den 1960ern - nach einen Bericht des Wissenschaftsjournalisten Norman Cousins über eine Selbstheilung durch Lachen. Als Begründer der Gelotologie, die sich den physischen und psychischen Auswirkungen des Lachens auf den Menschen widmet, gilt der Psychiater William F. Fry. Der erste internationale Kongress zum Thema “Humor in der Therapie” fand im Oktober 1996 in Basel statt.