Lexikon
Betriebsrat
Betriebsrat: Rechte
Betriebsrat: Rechte
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Seit 1918 gab es in Deutschland Betriebsräte in Betrieben mit mindestens 20 Arbeitnehmern; 1920 erging das umfassende Betriebsrätegesetz. 1934 wurden die Betriebsräte abgeschafft und durch Vertrauensräte ersetzt, deren Funktion aber auf die Beratung des Betriebsleiters beschränkt war und die seit 1935 auch nicht mehr gewählt wurden. 1946 eröffnete das Kontrollratsgesetz Nr. 22 die Möglichkeit, wieder Betriebsräte einzurichten, beschränkte sich aber auf Rahmenbestimmungen. Zum Teil erließen die einzelnen Länder Betriebsrätegesetze. Am 11. 10. 1952 erging für die Privatwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland das erste Betriebsverfassungsgesetz; im Januar 1972 trat das 2. Betriebsverfassungsgesetz vom 15. 1. 1972 (Neufassung 25. 9. 2001) in Kraft, das die Rechte der Betriebsräte erweiterte. Nach ihm wird in allen Betrieben mit regelmäßig fünf ständigen Arbeitnehmern ein Betriebsrat gewählt. In der DDR wurde der Betriebsrat wieder abgeschafft und durch die Betriebsgewerkschaftsleitung ersetzt.
Der Betriebsrat ist Organ der Belegschaft. Er hat die Interessen der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber wahrzunehmen und sie bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen. Ihm obliegt die Ausübung der der Arbeitnehmerschaft des einzelnen Betriebs zustehenden Rechte, vor allem der Mitbestimmung. Der Betriebsrat schließt mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung, in der die Ordnung des Betriebs festgelegt und Arbeitsbedingungen verabredet werden können.
Die Zahl der Betriebsratsmitglieder hängt von der Unternehmensgröße ab. In Betrieben mit 5–20 Beschäftigten besteht der Betriebsrat nur aus einer Person. Je nach Anzahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer vergrößert sich der Betriebsrat nach festgelegten Staffeln. Z. B. besteht der Betriebsrat bei 51–100 wahlberechtigten Arbeitnehmern aus 5 Mitgliedern. In Unternehmen mit mehreren Betriebsratsgremien kann ein Gesamtbetriebsrat, in Konzernen mit mehreren Gesamtbetriebsratsgremien ein Konzernbetriebsrat, in Unternehmen, die auf europäischer Ebene operieren, ein europäischer Betriebsrat gebildet werden.
Der Betriebsrat wird in geheimer Wahl von den wahlberechtigten Belegschaftsmitgliedern gewählt. Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, dies gilt nicht für leitende Angestellte. Für diese Gruppe können sog. Sprecherausschüsse gebildet werden, sofern im Betrieb mindestens 10 leitende Angestellte beschäftigt sind. Wählbar sind alle Wahlberechtigten, die mindestens 6 Monate dem Betrieb angehören. Der Betriebsrat soll sich möglichst aus Arbeitnehmern der einzelnen Organisationsbereiche und der verschiedenen Beschäftigungsarten der im Betrieb tätigen Arbeitnehmer zusammensetzen. Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens 3 Mitgliedern besteht. Für die Wahl eines Betriebsrates in Betrieben, die bisher keinen Betriebsrat hatten, gilt seit 2002 ein vereinfachtes Wahlverfahren.
Betriebsrat: Wahl
Betriebsratswahl
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Die Wahl des Betriebsrats kann beim Arbeitsgericht angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist. Anfechtungsberechtigt sind mindestens 3 Wahlberechtigte, eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft oder der Arbeitgeber. Zudem können mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Sofern das Arbeitsgericht den Betriebsrat auflöst, hat es unverzüglich einen Wahlvorstand zur Durchführung von Neuwahlen anzusetzen.
Das Amt des Betriebsrats ist ein Ehrenamt, für das keine Vergütung gewährt werden darf, doch ist Freistellung von der Arbeit zur Erfüllung der Amtsobliegenheiten zulässig. Mitglieder des Betriebsrats genießen einen besonderen Kündigungsschutz; ihnen kann nur aus einem Grund, der zur fristlosen Kündigung berechtigt, oder wegen Stilllegung des Betriebs gekündigt werden (§ 15 Kündigungsschutzgesetz). Entscheidungen des Betriebsrats werden durch Beschlussfassung herbeigeführt, deren Ausführung dem Betriebsratsvorsitzenden obliegt. Ein unmittelbares Recht, in die Betriebsleitung einzugreifen, steht dem Betriebsrat nicht zu (Betriebsverfassungsgesetz). Im öffentlichen Dienst entspricht dem Betriebsrat der Personalrat (Personalvertretung).
In Österreich sind die Befugnisse des Betriebsrats durch den II. Teil des Arbeitsverfassungsgesetzes vom 14. 12. 1973 geregelt. Alle Betriebe mit mehr als fünf dauernd beschäftigten Arbeitnehmern sind einbezogen. Viele Vorschriften ähneln denen des 2. Betriebsverfassungsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland, einzelne sind grundsätzlich anders: z. B. darf ein österreichischer Betriebsrat eine Umlage erheben (§ 73 ArbVG).
In der Schweiz sind Betriebsräte nur in der öffentlichen Verwaltung als Personalausschüsse gesetzlich vorgeschrieben; in Privatbetrieben bestehen sie als Arbeiterkommissionen oder Fabrikkommissionen auf freiwilliger Grundlage. Diese haben meist nur Mitsprache-, kein Mitbestimmungsrecht.
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