Lexikon
Weimarer Republik
Relative Stabilisierung (1924 –1930)
Bis zur Regierung Stresemann hatten acht Kabinette amtiert. Bis 1930 folgten ihr weitere sieben Regierungen. Bis 1928 war die SPD nicht in ihnen vertreten; sie tolerierte sie jedoch in außenpolitischen und in einigen innenpolitischen Fragen. Die Regierungen hatten z. T. eine parlamentarische Mehrheit (unter Einschluss der nur taktisch zur Kooperation im Rahmen der Republik bereiten DNVP), z. T. stützten sie sich als „Fachkabinette“ mit dem Anspruch auf Überparteilichkeit nur auf eine Minderheit und auf das Vertrauen des Reichspräsidenten. Nach dem Tod Eberts wurde als Kandidat der Rechten am 26. 4. 1925 P. von Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt; ihm unterlag W. Marx (Zentrum).
Die Stabilisierung beruhte vordergründig auf dem Fehlen radikaler Auseinandersetzungen, auch wenn die Arbeitslosenzahl 1925/26 zwei Millionen erreichte und Arbeitskämpfe mit Massenbeteiligung geführt wurden. Entscheidend für die Erfolgsbilanz dieser Jahre war die Außenpolitik, die 1923–1929 unter der Leitung Stresemanns stand. Der Dawes-Plan regelte unter dem für die Weimarer Republik beherrschenden Einfluss der USA vorläufig die Reparationsfrage. Die Locarnoverträge leiteten eine Aussöhnung mit dem Westen ein, ohne dass gleichzeitig die Ostgrenze gegenüber Polen anerkannt wurde. Der Berliner Vertrag mit der Sowjetunion von 1926 bildete ein Gegengewicht zum gleichzeitigen Eintritt Deutschlands in den Völkerbund, wo es einen ständigen Ratssitz als Großmacht erhielt. Das Deutsche Reich unterzeichnete einen deklaratorischen Kriegsächtungspakt (Briand-Kellogg-Pakt von 1928), erreichte den Abzug der seit Kriegsende bestehenden Internationalen Militärischen Kontrollkommission (1927) und – im Rahmen der deutsch-französischen Annäherung – die Räumung des militärisch besetzten Rheinlandes (endgültig 30. 6. 1930). Der Dawes-Plan wurde in engem politischem Zusammenhang hiermit 1929/30 durch den Young-Plan ersetzt. 1928–1930 bestand unter H. Müller (SPD) zum letzten Male eine auf eine Reichstagsmehrheit gestützte Regierung der Großen Koalition, deren Flügel jedoch in wehr- und wirtschaftspolitischen Fragen nur einen losen Zusammenhalt aufwiesen, woran die Koalition letztlich zerbrach. – In den Jahren der Stabilisierung kam es in den Großstädten, vor allem in Berlin und München, zu einer Entfaltung des kulturellen Lebens, die diese Epoche in der verklärenden Rückschau als „goldene zwanziger Jahre“ erscheinen ließ.
- Einleitung
- Revolution, Gegenrevolution, Wiederaufbau (1918–1924)
- Relative Stabilisierung (1924 –1930)
- Auflösung (1930 –1933)
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