Kleine Stadt ganz groß
Nach dem Vorbild der Spiele in der norwegischen Metropole Oslo (1952) veranstaltete die 21 000-Einwohner-Stadt Lillehammer Olympische Winterspiele “zum Anfassen”. Volksfeststimmung beherrschte die 16tägige Veranstaltung.
Das IOC hatte 1986 die Olympische Charta geändert, die bis dato für Winter- und Sommerspiele dasselbe Veranstaltungsjahr vorsah. Von der Einführung eines Zweijahreszyklus’ versprachen sich die Funktionäre bessere Vermarktungsmöglichkeiten, zumal auch die Fernsehgesellschaften an Grenzen gestoßen waren: Sie fanden nicht genug Werbekunden, um zweimal in einem Jahr Millionen Dollar für Übertragungsrechte ausgeben zu können. Allerdings finden die Winterspiele jetzt im gleichen Jahr der Fußball-Weltmeisterschaften statt.
Bis zur Wahl als Austragungsort der XVII. Olympischen Winterspiele besaß Lillehammer lediglich nationalen Bekanntheitsgrad. Innerhalb von vier Jahren modernisierten die Veranstalter vorhandene Sportstätten, ließen neue Anlagen bauen und schufen die notwendige Infrastruktur. Besonderen Wert legten die Norweger auf ökologische Spiele: Standort und Architektur der Hallen richteten sich nach späteren Nutzungsmöglichkeiten, überflüssiges Abholzen von Wäldern zu Bauzwecken wurde vermieden.
Nach der politischen Wende in Südafrika und der Wiedereingliederung in das IOC nahmen erstmals seit 34 Jahren wieder Sportler aus diesem Land an Winterspielen teil. Aus der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten hatten sich Teams aus Georgien, Russland, der Ukraine und anderen jetzt selbstständigen Republiken gebildet. Zu den Athleten aus 67 Nationen gehörten auch Sportler aus dem vom Bürgerkrieg erschütterten Bosnien-Herzegowina.
Abermals wies das olympische Programm mehr Wettbewerbe auf als bei den vorherigen Spielen, und zwar weitere Short-Track-Rennen im Eisschnelllauf und das Trickskispringen. Der größte Medienandrang herrschte beim Eiskunstlauf der Damen. Grund war das Attentat auf die Titelaspirantin Nancy Kerrigan (USA) durch Personen aus dem Umfeld ihrer Konkurrentin Tonya Harding im Vorfeld. Den Wettbewerb entschied jedoch Oksana Bajul aus der Ukraine für sich.
Kurios endete der 1000-m-Lauf im Short-Track. Nach zahlreichen Stürzen und Disqualifikationen wurden nur Gold (Ki-Hoon, KOR) und Silber (Ji-Hoon, KOR) regulär vergeben; Bronze ging an den Gewinner des B-Finals, Marc Gagnon (CAN), der in seinem Lauf eine bessere Zeit als die späteren Sieger vorgelegt hatte.
Der Italiener Alberto Tomba erweiterte seine Edelmetallsammlung in Lillehammer durch Silber im Slalom auf fünf Medaillen.