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Maria Sibylla Merian: Die Schmetterlingsfrau

Maria Sibylla Merian war ein Leben lang von Insekten fasziniert: Vor allem Schmetterlinge zogen die Künstlerin in ihren Bann. Deren Metamorphose von der Raupe zum Falter studierte sie akribisch - und brachte diese erstaunliche Verwandlung detailgetreu auf Papier. Selbst 300 Jahre nach ihrem Tod gilt sie daher als wichtige Wegbereiterin der modernen Insektenkunde.
DAL, 13.01.2017

Maria Sibylla Merian, 1679 gemalt von ihrem Stiefvater Jacob Marrel

Historisch

Schon als Kind fasziniert Maria Sibylla Merian alles, was da kreucht und fleucht. Egal, ob für manch anderen Beobachter eher abstoßend erscheinende Spinnen, Würmer und Käfer oder farbenprächtige Schmetterlinge, die jeden mit ihrer Schönheit entzücken - das Mädchen begeistert sich wohl für fast jedes Insekt. Ihre Beobachtungen in Garten und Natur hält sie detailgetreu fest: Sie sammelt Raupen und zeichnet, wie sie sich verpuppen, sieht sie als Schmetterlinge schlüpfen und bannt ihre Farben auf Papier.

"Ich habe mich von Jugend an mit der Erforschung von Insekten beschäftigt", schreibt Merian selbst über ihre ersten entomologischen Studien. "Zunächst begann ich mit Seidenraupen in meiner Geburtsstadt Frankfurt am Main." Die Metamorphose von der hässlichen Raupe zum schönen Schmetterling soll später ihr Lebensthema werden - ein Phänomen, das zu ihrer Zeit noch kaum erforscht ist.

Stillleben mit Insekten

Ihren offenen Blick auf die Dinge erbt Merian vermutlich von ihrem Vater Matthäus, der als Kupferstecher für seine wirklichkeitsnahe Wiedergabe von Städten und Landschaften bekannt ist. Die am 2. April 1647 in ein vom 30-Jährigen Krieg zerrüttetes Land Hineingeborene, soll den Vater jedoch kaum kennenlernen dürfen. Er stirbt bereits, als sie erst drei Jahre alt ist.

Doch ihr Stiefvater Jacob Marrel ist dem Mädchen ein ebenso guter Kunstlehrer. Als Schüler von Georg Flegel, der als einer der ersten Maler das Stillleben als eigene Gattung pflegte, lässt er Merian zunächst Blumen- und Fruchtstillleben malen. Durch ihr wachsendes Interesse für Insekten kommen alsbald jedoch neue Motive hinzu.

Kolorierte Illustration aus dem zweibändigen "Raupenbuch" (1679/83)

Historisch

Das Raupenbuch

Auch als junge verheiratete Frau in Nürnberg zeichnet Merian weiterhin farbenprächtige Aquarelle von Käfern, Raupen, Schmetterlingen und deren Nahrungspflanzen, die auf ihren akribischen Studien am lebenden und toten Objekt basieren. Gleichzeitig unterrichtet sie andere Frauen im Zeichnen, handelt mit Farben und publiziert als Verlegerin ihre ersten Bücher - unter anderem das "Raupenbuch", dessen erster Band 1679 erscheint.

Auf fünfzig Tafeln hält die Künstlerin darin zahlreiche Schmetterlinge in ihren unterschiedlichen Stadien vom Ei, über die Raupe, bis hin zur Puppe und zum fertig ausgebildeten Falter fest. Kurzum: Sie zeichnet die Lebensgeschichte des Insekts nach und lässt dabei auch die das Tier begleitenden Pflanzen nicht außer Acht. "Das Raupenbuch stand als Werk über die Entwicklung von Insekten nicht vereinzelt dar, doch war es die erste Publikation einer Frau zu diesem damals noch weitgehend unerforschten Thema", schrieb der Kunsthistoriker Kurt Wettengl einmal zu Merians Buch.

Aufbruch in exotische Welten

Nicht nur in der Fachwelt fällt sie als erfolgreiche wie selbstbewusste Vertreterin des weiblichen Geschlechts auf. Auch privat kümmert sie sich wenig um Konventionen. So lässt sich Merian von ihrem Ehemann scheiden, lässt ihn sprichwörtlich sitzen und zieht mit ihrer Mutter und ihren Töchtern nach Amsterdam.

Hier kommt sie schließlich erstmals mit Sammlungen tropischer Schmetterlingspräparate aus Südamerika in Kontakt. Sie ist fasziniert, bemerkt aber auch, dass die Metamorphose der Insekten durch die verschiedenen Stadien ihres Lebens dort kaum gezeigt wird. Sie beschließt deshalb, selbst eine exotische Reise auf den Kontinent zu unternehmen. Als sie als mittlerweile 52-Jährige die nötigen Mittel zusammen hat, macht sich Merian gemeinsam mit ihrer jüngeren Tochter auf den Weg in die niederländische Kolonie Surinam, wo sie sich zwei Jahre lang dem Studium der dort heimischen Insekten widmet.

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