Indianer - der Begriff löst in Menschen Assoziationen mit Winnetou aus, dem Apachen, der zusammen mit seinem weißen Blutsbruder Old Shatterhand gegen Ungerechtigkeit kämpft. Nächte am Lagerfeuer mit Friedenspfeife sind mit dem Begriff verbunden, sowie das Wohnen in Zelten, das Jagen mit Pfeil und Bogen, das Kämpfen mit einem Tomahawk. Indianer werden immer noch als Naturvolk angesehen, das von der Immigration der Europäer nach Amerika schwer gebeutelt wurde. Dies war zwar zur Zeit der Einwanderung tatsächlich der Fall und auch heute noch leben die Stämme in Reservaten - aber sie sind längst nicht mehr so hilflos, wie viele denken. Sie haben eine Schwäche der Amerikaner entdeckt und versuchen dadurch, wirtschaftlich Fuß zu fassen; Indianercasinos sind in ganz Amerika bekannt und beliebt. Auch für die Indianer scheinen die USA daher ein Land zu sein, in dem sich gutes Geld verdienen lässt - auch wenn sie dies erst spät entdeckt haben.
1. Der Traum vom großen Geld
Indianer waren jahrzehntelang die Unterschicht der USA. Sie wurden von den in das Land migrierenden Europäern unterdrückt, ihr Land wurde ihnen weggenommen, teilweise auch ihre Würde und ihr Stolz. Die Stämme schafften es lange nicht, sich am Reichtum zu beteiligen. Wirtschaftlich waren sie schwach, teilweise konnten sie nicht einmal Schulen für ihre Kinder finanzieren. Die Folge war ein Ausdünnen der einzelnen Stämme - viele Indianer zog es in die größeren Städte, da sie sich dort ein besseres Leben erhofften. Die Arbeit in Fabriken, als Klempner oder in anderen, niedrig bezahlten Berufen war für sie Standard. Mittlerweile hat sich dies aber für einige Stämme geändert: Die Spielsucht der Amerikaner ist ihr Weg in die wirtschaftliche Stärke, in dem sie Spielhallen auf ihrem Grund und Boden anbieten.
Aus Wildwest-Filmen sind die Cowboys bekannt, die beim Poker ihr Geld setzen und versuchen, es zu vermehren. Das Glücksspiel war im wilden West ausgeprägt und hat seine Anziehungskraft auf die Amerikaner nicht verloren - immerhin erfreuen sich Glücksspielstädte wie Las Vegas großer Beliebtheit bei Einheimischen wie auch Touristen. Die Indianer brauchten einige Zeit, um das Potenzial dieser Sucht zu erkennen - nun nutzen sie es aber für sich. In ihren Reservaten bauten sie Spielhallen - in den 1980er Jahren begann dieser Trend. Das High Stakes Bingo stand damals hoch im Kurs; bei diesem lag der Höchstgewinn oft über dem staatlichen Limit. Nach diesem Erfolg wurden im Laufe der Zeit weitere Spielhallen eröffnet, einige von diesen erfüllen sogar Casino-Ansprüche. Indianercasinos werden sie genannt, weil sie von den Stämmen geführt werden. Die Indianer des Stamms sind außerdem darin angestellt - neben ihnen aber auch viele Bürger der USA, da die Casinos meist mehr Arbeitsplätze bieten als die Stämme Mitglieder haben. Das erste Indianercasino ging 1991 auf einem Mississippi-Schaufelraddampfer auf Gewinnkurs. Mittlerweile machen die Spielhallen der Ureinwohner Umsätze in Milliardenhöhe, berichtet planet-wissen.de. Sie stellen daher zu den anderen Spieleparadiesen des Landes eine ernstzunehmende Konkurrenz dar.
Die Glücksspielsucht in den USA ging so weit, dass die Regierung sich im 19. Jahrhundert veranlasst sah, ein Verbot des Spiels um Geld zu verhängen. Der Staat Nevada schaffte es, eine Ausnahmeregelung zu erwirken, damit die Casinostadt Las Vegas weiterhin Bestand haben konnte. Abseits dieses Bundesstaats war legales Glücksspiel nur noch außerhalb des Hoheitsgebiets der Vereinigten Staaten möglich - also entweder auf hoher See oder in den Indianerreservaten. Diese genießen durch verschiedene Entscheidungen des US-Supreme Court den Status einer souveränen Nation, innere Angelegenheiten dürfen deshalb autonom geregelt werden. Für das Glücksspiel bot sich daher eine Gesetzeslücke. Diese mussten sie sich allerdings erkämpfen: Nach den ersten Erfolgen des High Stake Bingos sollte das Glücksspiel auch in den Reservaten verboten werden. Die Häuptlinge nahmen sich allerdings sehr gute Anwälte, die für die Rechte der Stämme vor dem Obersten Gerichtshof kämpften. 1987 bekamen die Indianer daraufhin die Erlaubnis, weiterhin Glücksspiele in ihren Reservaten anbieten zu dürfen, 1988 wurde laut focus.de der Indian Gaming Regulatory Act erlassen. Dieses Gesetz erlaubt es den Stämmen, die Casinos und Spielhallen als Methode der Wirtschaftsentwicklung zu betreiben. Nur durch dieses Gesetz schafften und schaffen es die Indianer, durch das angebotene Glücksspiel ihre Wirtschaftskraft zu erhöhen.
Glücksspiel macht reicht - die Pequots, die das Foxwoods-Spielecasino betreiben, machen über eine Milliarde Dollar Gewinn im Jahr. Etwas weniger erfolgreich ist der Stamm der Sault Ste. Marie-Indianer: Etwa 130 Millionen Umsatz soll ihnen das Casinogeschäft bringen. Der durchschnittliche Jahresumsatz ist hoch - die Indianer gehen mit jedem Jahr einen Schritt näher auf Reichtum und Wohlstand zu. Neben dem Foxwoods-Casino ist die Spielhalle der Mohikaner zu finden; auch diese hat einen durchschnittlichen Jahresgewinn von mehr als einer Milliarde Dollar. Mittlerweile bekommt selbst die Casinostadt Las Vegas ein wenig Angst vor der Konkurrenz - ein paar Zocker sollen in die Indianercasinos abgewandert sein und die Stadt etwa zehn Prozent ihres Umsatzes kosten, wie auf dieser Seite beschrieben.
2. Positive und negative Folgen für die Stämme
Jede Veränderung bewirkt allerdings nicht nur positive Folgen. Auch negative Auswirkungen sind in den Stämmen zu spüren. Die Kriminalität ist dabei zu nennen. Die Mafia und andere, zentral organisierte Verbrecherbanden haben die Vorteile des Spiels um Geld schon lange erkannt und versuchen, daraus ihre Gewinne zu ziehen. Dieses Problem ist daher allgemein bekannt und nicht nur ausschließlich auf die Indianer zu beziehen. Es gibt aber noch weitere negative Folgen, die das Glücksspiel nur für die Ureinwohner Amerikas hat - auch wenn auf den ersten Blick alles positiv scheint und ihnen anscheinend eine glückliche und wirtschaftlich starke Zukunft bevorsteht.
Zu den positiven Folgen der Indianercasinos zählt die Modernisierung der Reservate. Sie können sich Land dazu kaufen, um nicht auf engstem Raum zusammen zu leben. Außerdem ist Geld vorhanden, um die Infrastruktur auszubauen und die Häuser zu modernisieren. Der Pechanga-Stamm nutzte die ersten Gewinne, um alle Häuser und Hütten an das Wassernetz anzuschließen. Vorher war fließendes Wasser aus der Leitung in dem Reservat unbekannt, die Familien mussten es sich aus einem Brunnen besorgen, der drei Kilometer entfernt war. Kindergärten und Schulen, Feuerwachen und Rathäuser sind weitere Errungenschaften, die dank des Glücksspielgewinns in immer mehr Indianersiedlungen anzutreffen sind. Die Ureinwohner beginnen, den Luxus der Neuzeit kennenzulernen und lassen die Armut langsam hinter sich - eine Entwicklung, die zu begrüßen ist.
Der neue Reichtum bedeutet außerdem, dass die Indianer ein Mitspracherecht in der Wirtschaft haben. Sie können Spenden verteilen und in vielversprechende Ideen investieren. Mit mehr Kapital wächst auch das Ansehen des Stammes. Aufgrund des Eintritts in die Wirtschaft schaffen sie es, ein Stück gleichberechtigter zu werden. Da sie nicht nur Indianern, sondern allen Menschen Arbeitsplätze bieten - in den Casinos gibt es meist mehr Aufgaben, als ein Stamm alleine erfüllen kann -, tragen sie außerdem dazu bei, dass die Arbeitslosigkeit sinkt - dies ist wiederum gut für Politik und Wirtschaft. Aber nicht nur der Stamm an sich wird wirtschaftlich stärker, sondern auch die einzelnen Mitglieder. In vielen Reservaten ist es üblich, die Gewinne auf alle aufzuteilen, wenn etwas nach den Modernisierungen übrig bleibt - jeder Indianer erhält daher am Ende des Jahres einen Bonus, dessen Höhe je nach Umsatz variiert. Dadurch können auch die Einzelpersonen stärker am Konsum teilnehmen und infolgedessen die Wirtschaft ankurbeln - in diesem Fall sind die Casinos daher für die Stämme wie auch für die Geschäftswelt ein Gewinn.
Abseits der großen Städte verirren sich nur selten Touristen in die Reservate. Diese sind abgeschnitten von dem Glanz der großen Städte und können auch keine Zocker zu sich locken. Die Armut ist hier also immer noch verbreitet. Bei den Indianern ist aus diesem Grund eine recht deutliche Schere zwischen arm und reich zu erkennen: Diejenigen, die das Glück haben, nahe der großen Städte zu wohnen, können mit den Casinos zu Reichtum gelangen. Diejenigen, die diese Möglichkeit nicht haben, harren weiter in Armut aus und müssen andere Möglichkeiten suchen, einen Eintritt in die Wirtschaft zu finden. Die Goshute-Indianer, die im Staat Utah angesiedelt sind, überlegten, einen Teil ihres Reservats als Zwischenlager für hochradioaktiven Atommüll zu vermieten, berichtet der Spiegel. Das Glücksspiel ist daher wohl kaum die Lösung des Armutsproblems für alle Stämme in Amerika.
Indianer, die vor einigen Generationen die Stämme verlassen haben, erinnern sich nun aufgrund des Reichtums wieder an ihre Wurzeln. Der erfolgreiche Stamm der Pesquots zählt jede Woche etwa zehn vermeintlich verlorene Söhne und Töchter - etwa 75 Mitglieder haben sie mittlerweile anerkannt, da ihre Herkunft eindeutig nachzuweisen war. Dies bedeutet eine Vergrößerung des Stammes und damit eine Minderung des Gewinns für den Einzelnen. Generell ist dies bei den Umsätzen nicht weiter erwähnenswert. Die Stämme sind nur darüber erbost, dass die ehemaligen Mitglieder sie aufgrund der Armut verlassen und verleugnet haben und jetzt, da anscheinend Reichtum bei ihnen zu holen ist, zurückkommen. Das gleiche gilt für die Einheirat: Ledige Männer bei den Indianern sind plötzlich begehrt unter den übrigen Bürgern der USA: Durch diese Heirat wird die Frau zu einem Stammesmitglied und profitiert von den Gewinnen aus den Indianercasinos. Die Stämme wollen zwar wieder wachsen - aber nicht um den Preis, dass sie Menschen in ihrer Mitte haben, die nur des Geldes wegen zu ihnen gekommen sind.
3. Der Erfolg der Indianercasinos bedingt sich durch die Spiellust der Amerikaner
Eines darf beim Erfolg der Indianercasinos nicht vergessen werden: Der gesamte Reichtum gründet auf der Spiellust der Amerikaner. Wären diese dem Glücksspiel nicht so stark verfallen, würden die Ureinwohner keine Millionen und Milliarden einnehmen. Casinos erhalten aber regen Zulauf, da das Spiel mit dem Glück ein süchtig machender Zeitvertreib ist. Sowohl direkt an den Casinotischen wie auch an den Automaten sind beinahe zu jeder Tages- und Nachtzeit Menschen zu finden, die ihr Geld setzen und dabei wahrscheinlich häufiger verlieren als gewinnen - aber trotzdem hören sie zum Glück der Indianer nicht auf zu spielen. Es gibt viele spielwissenschaftliche Erklärungsversuche, die darstellen sollen, warum Menschen dem Zocken so angetan sind; in diesem Ratgeber finden sich einige Ansätze dazu. Zum Beispiel die Hoffnung, mehr Geld zu gewinnen, und gleichzeitig die Angst davor, alles zu verlieren. Der Nervenkitzel ist ein großer Motivator bei vielen Menschen und er hält so lange an, wie die Chancen bestehen, doch noch zu gewinnen. Da der Traum vom großen Gewinn wahrscheinlich bei der Mehrheit der Bevölkerung nie ausgeträumt sein wird, werden die Indianercasinos weiterhin regen Zulauf an Kunden haben.
4. Fazit: Das indianische Selbstwertgefühl wird durch den finanziellen Aufschwung gesteigert
Die Tatsache, dass die Indianer durch den weißen Mann reich werden, der sie zunächst in Reservate gesteckt und weitestgehend enteignet hat, führt zu einem gesteigerten Selbstwertgefühl der Ureinwohner. Durch ihren neuen Reichtum haben sie die Möglichkeit, Land zurückzukaufen, das vorher zu ihrem Stamm gehörte. Außerdem bekommen sie eine gute Infrastruktur in ihre Reservate, sowie Schulen und andere öffentliche Gebäude. Die Stämme können wieder wachsen und mit Stolz von ihrem Volk reden. Der finanzielle Aufschwung hilft ihnen dabei, Fuß zu fassen in der heutigen Wirtschaft und Politik, damit sie nicht mehr zur Unterschicht gehören. Dies gilt allerdings nur für die Indianer, die in Reservaten nahe der großen Städte leben. Diese profitieren vom Glücksspiel und können mit Casinos und dazugehörenden Hotels und Veranstaltungsgebäuden ihre Finanzen aufbessern. Die Ureinwohner der anderen Stämme müssen sich eine andere Strategie überlegen, da Touristen ein seltener Besuch in ihren Reservaten sind. Für die Indianer, die das Glücksspiel aber gewinnbringend einsetzen können, bedeutet der finanzielle Aufschwung vor allem eines: Ein gesteigertes Selbstwertgefühl, da sie endlich ein Bestandteil der Schicht der reichen Amerikaner sind.