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Nabelschnurblut – die wichtigsten Fakten auf einen Blick

Immer mehr Eltern entscheiden sich dafür, das Nabelschnurblut ihrer neugeborenen Kinder zum Zweck der Stammzellengewinnung entnehmen zu lassen. Doch was genau ist das Besondere an Stammzellen aus Nabelschnurblut? Welche Krankheiten können heute schon mit diesen Stammzellen geheilt werden und welche Möglichkeiten soll es in Zukunft geben? Wie wird das Blut gewonnen und welche Optionen der Konservierung gibt es. Die wichtigsten Fakten nun auf einen Blick.

Im Nabelschnurblut sind wertvolle Stammzellen enthalten.

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Was macht die Stammzellen aus dem Nabelschnurblut so besonders?

Jeder Mensch, egal ob Kind oder Erwachsener, trägt Stammzellen in seinem Körper. Genau wie der restliche Organismus altern jedoch auch die Stammzellen. Nicht selten führen äußere Einflüsse, wie Sonnenstrahlung oder Chemikalien zu biochemischen Schäden. Solche Veränderungen am Erbgut der Zellen können das Auftreten von Krebserkrankungen begünstigen. Das Besondere an Stammzellen aus dem Nabelschnurblut ist ihr junges Alter. Da die Stammzellen noch ganz frisch sind, wenn sie konserviert werden, tragen sie keine derartigen Erbgutschäden in sich. Stammzellen haben die Aufgabe des Aufbaus, der Regeneration und der Reparatur im Körper. Doch diese Fähigkeiten nehmen mit dem fortschreitenden Alter der Stammzellen ab. So treten einige Erkrankungen erst mit abnehmender Aktivität der Stammzellen auf, weil diese nicht mehr in der Lage sind, beschädigte Zellen zu reparieren. Forscher hoffen eines Tages mithilfe von Stammzellen, Krankheiten wie Diabetes, Multiple Sklerose oder Alzheimer heilen zu können.

Stammzellen aus dem Nabelschnurblut können risikofrei entnommen werden und ihre Entnahme ist nicht so umstritten, wie beispielsweise die embryonale Stammzellenentnahme.

Welche Vorteile bietet Nabelschnurblut im Gegensatz zu Knochenmark?

Stammzellen, welche aus dem Nabelschnurblut gewonnen werden, können sich noch in eine Vielzahl an Geweben verwandeln. Stammzellen erwachsener Menschen, wie sie aus dem Knochenmark entnommen werden, sind in der Regel schon auf eine bestimmte zellbiologische Aufgabe hin ausgerichtet und somit weit weniger flexibel als diejenigen aus dem Nabelschnurblut.

Welche Krankheiten können heute schon mithilfe von Nabelschnurblut geheilt werden und welche möglicherweise in der Zukunft?

Leukämie oder bestimmte andere erbliche Krebsformen können heute bereits mithilfe von Stammzellen aus dem Nabelschnurblut geheilt werden. Mittel Chemo- und Strahlentherapie werden dafür die körpereigenen Stammzellen zerstört, um anschließend die gesunden Stammzellen einzusetzen. Diese bilden dann im Knochenmark des Empfängers neue gesunde Blutzellen. Zu beachten ist allerdings, dass sich für diese Art der Therapie keine körpereigenen Stammzellen eignen, da diese meist bereits die Erbgutfehler in sich tragen. Es wird also ein Stammzellenspender benötigt, dessen Gewebemerkmale möglichst ähnlich sind.

Die Möglichkeiten der potentiellen zukünftigen Anwendung von Stammzellen aus Nabelschnurblut sind groß. So hoffen die Ärzte Alzheimer, Parkinson, Multiple Sklerose oder auch Diabetes Typ 1 mittels Stammzellen heilen zu können. Doch auch Ersatzgewebe, nach Verletzungen oder einem Herzinfarkt soll, mithilfe der Stammzellen, reproduziert werden. Weiterhin diskutiert wird die Option, Nervenschäden zu überbrücken, um so zum Beispiel Querschnittslähmungen zu behandeln. Forscher arbeiten außerdem daran, mitwachsende Herzklappen aus den Stammzellen des Nabelschnurblutes zu züchten, um so Kindern mit einem Herzfehler zu helfen. Körpereigene Stammzellen sind für diese Form der Therapie gut geeignet, weil das Immunsystem sie nicht als Fremdkörper betrachtet.

Ist eine Entnehme schädlich für die Mutter oder das Baby?

Nach der Geburt wird die Nabelschnur vom Arzt oder der Hebamme abgeklemmt und das Blut wird entnommen. Weder Mutter noch Kind nimmt davon Schaden, noch spüren sie die Entnahme. Die Mutter hat dadurch sogar den Vorteil, dass sich ihre Plazenta besser löst. Ärzte empfehlen bei Frühchen und Mehrlingen jedoch, die Nabelschnur möglichst spät zu durchtrennen, da sich dadurch in den ersten Lebensmonaten bessere Eisenwerte im Blut ergeben.

Welche Möglichkeiten der Konservierung gibt es?

Es gibt verschiedene Optionen, was mit dem nach der Geburt entnommenen Blut passieren kann.

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Es gibt verschiedene Optionen, wie Nabelschnurrblut nach der Entnahme konserviert werden kann. Diese sollen im Folgenden betrachtet werden.

  • Eigenkonservierung zur privaten Vorsorge

Eltern haben die Möglichkeit, privat Nabelschnurblut einlagern zu lassen, um so ihrem Kind, sollte es erkranken, mittels der Stammzellen helfen zu lassen. Hierfür wird das Nabelschnurblut bei einer Nabelschnurbank eingefroren und konserviert, indem es in einen Tank mit flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad gelagert wird. Doch vorher wird das entnommene Blut von den Mitarbeitern mithilfe umfangreicher Laboranalysen auf seine Qualität hin überprüft. Die Kosten für die Eigenkonservierung werden in Deutschland in der Regel nicht von der Krankenkasse übernommen, sondern müssen von den Eltern selbst getragen werden. Die Konservierung für die Zeitspanne der ersten 20 Lebensjahre des Kindes kostet im Schnitt zwischen 1200 und 2500 Euro.

  • Die Spende an ein Stammzellregister

Weiterhin gibt es die Option, das Nabelschnurblut an ein Stammzellenregister zu spenden. Das Stammzellenregister stellt einen möglichst großen Pool an Stammzellenpräparaten zusammen, auf welchen Hämatologen sowie Onkologen jederzeit Zugriff haben. So können auch Stammzellen für Patienten mit einer selten vorkommenden genetischen Ausstattung konserviert werden, sodass die aufwendige und nicht selten langwierige Suche nach einem Spender nicht mehr nötig ist.

  • Die Spende an ein Familienmitglied

Stammzellen von nahen Verwandten, vor allem von Geschwistern, sind, aufgrund der häufig guten Gewebeverträglichkeit, gut zur Transplantation geeignet. Das Nabelschnurblut wird dafür bei bereits bestehender Erkrankung zielgerichtet zur späteren Behandlung des Patienten gewonnen und aufbereitet. Dieser Vorgang wird von Stammzellregistern und Krankenkassen finanziert.

  • Als Spende für die Stammzellenforschung

Eltern haben weiterhin die Option, das Nabelschnurblut an die Stammzellenforschung zu spenden. Die Spende ist für die Eltern kostenfrei und wird dafür genutzt, die Wirkungsweise von Stammzellen weiter zu entschlüsseln und die stammzellenbasierte Therapie voranzutreiben. Angeboten wird die Spende für die Stammzellenforschung von Stammzellregistern, universitären Einrichtungen und Nabelschnurblutbanken. Hat die Mutter in den Wochen vor der Geburt Blutprodukte erhalten, ist die Spende nicht möglich.

  • Die Langzeitkonservierung

Vitalität und Proliferationsfähigkeit von Stammzellen können bei Konservierung über 20 Jahre bestehen bleiben, das haben Studien nachgewiesen. Das Fraunhofer-Institut für Biomedizinische Technik in St. Ingbert geht sogar davon aus, dass Stammzellen theoretisch über Jahrhunderte gelagert werden können, ohne an Qualität einzubüßen. Dies ist damit zu erklären, dass Lebensprozesse innerhalb der Zelle bei Temperaturen unter 130 Grad vollständig zum Stillstand kommen. Nur die kosmische Strahlung, welcher auch die eingefrorenen Stammzellen im Stahltank permanent ausgesetzt sind, vermag es, deren Lebensdauer zu begrenzen.

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