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Nachhaltiges Reisen: Der Trend in Zahlen

Der Klimawandel macht sich zunehmend bemerkbar und hat viele Menschen zu einem Umdenken bewegt. Bei Konsumentscheidungen wird für sie der Nachhaltigkeitsaspekt immer wichtiger und so achten sie auch beim Reisen darauf, einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Für die Branche bedeutet das, sich anpassen zu müssen – aber es tun sich auch neue Chancen auf.
Fahrradreisen

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Nachhaltigkeit hat viele Facetten und das schlägt sich auch in der Reisebranche nieder. Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit hat nämlich dazu geführt, dass sich in den vergangenen Jahren die Reisegewohnheiten der Deutschen verändert haben – ebenso wie in vielen anderen Ländern. Zwar ist die Reiselust nach wie vor unverändert hoch, jedoch achten immer mehr Menschen bei der Auswahl ihrer Reiseziele, Unterkünfte, Transportmittel & Co darauf, dass diese einen möglichst kleinen Schaden am Klima und der Umwelt verursachen. Die Zeiten, in denen der Massentourimus achtlos die Natur und Kultur in einem Land zerstört hat, sollen dadurch beendet werden. Bis es so weit ist, wird zwar noch einige Zeit vergehen, dennoch passt sich die Branche bereits an und es gibt immer mehr „grüne“ Angebote rund um das Reisen.

Was zeichnet nachhaltiges Reisen aus?

Wem die Nachhaltigkeit beim Reisen wichtig ist, der achtet häufig darauf, einen überflüssigen Energie- sowie Ressourcenverbrauch zu verhindern. Weiterhin werden umweltfreundlichere Verkehrsmittel gewählt, es wird auf die Umwelt- sowie Klimafreundlichkeit der Unterkünfte geachtet und es werden nur Aktivitäten gebucht, die Rücksicht nehmen auf die Umwelt sowie die lokale Gemeinschaft. Ebenso kann das nachhaltige Reisen bedeuten, auf regionale sowie saisonale Speisen zu setzen, auf den Konsum von tierischen Lebensmitteln zu verzichten und Müll möglichst zu vermeiden – und damit ist die Liste an Beispielen noch lange nicht zu Ende. Prinzipiell lässt sich Nachhaltigkeit auf Reisen also ähnlich umsetzen wie im Alltag. Es kommen aber zusätzliche Punkte wie die An- und Rückreise hinzu.

Einige Menschen möchten während ihrer Reise jedoch nicht nur Schäden an Umwelt und Klima vermeiden, sozusagen passiv, sondern auch einen aktiven Beitrag leisten. Sie engagieren sich beispielsweise in Form von Umweltschutzprojekten oder kompensieren ihre Emissionen durch Spenden an Klimaschutzorganisationen. Erneut lässt sich diese Liste noch ewig fortführen. Die Möglichkeiten, wie und in welchem Ausmaß eine Reise nachhaltig gestaltet werden kann, sind also vielfältig und die Nachfrage nach entsprechenden Angeboten steigt stetig, wie die Zahlen beweisen.

Ein Blick auf aktuelle Studien

Es ist also durchaus interessant, einmal einen genaueren Blick auf diese Zahlen zu werfen. Da die Nachhaltigkeit immer mehr an Bedeutung gewinnt, wurden zum Thema nachhaltiges Reisen in den vergangenen Jahren nämlich einige Daten und Zahlen erhoben. Demnach interessieren sich allein in Deutschland 17,9 Millionen Menschen besonders für den Natur- und Umweltschutz; Tendenz steigend. Die durchschnittliche Treibhausbilanz von Flugreisen pro Person und Jahr liegt aber bei 0,5 Tonnen. Dementsprechend groß ist das Interesse an Möglichkeiten, um die Leidenschaft für das Reisen mit der Nachhaltigkeit in Einklang zu bringen. Dieser sogenannte Öko-Tourimus soll bis zum Jahr 2027 schätzungsweise ein Marktvolumen von 334 Milliarden US-Dollar weltweit erreichen – und das erneut mit steigender Tendenz.

Die Frage, ob sie schon jetzt unter nachhaltigen Gesichtspunkten verreisen, bejahten im Jahr 2021 rund 33 Prozent der Deutschen. Für 40 Prozent spielt die Nachhaltigkeit zumindest eine Rolle, wenn es um ihre Urlaubsgestaltung geht, sie ist jedoch (noch) nicht das zentrale Auswahlkriterium. Aus Sicht der Reiseveranstalter, Hotels & Co ist diesbezüglich interessant, dass viele dieser Personen bereit sind, etwas tiefer in den Geldbeutel zu greifen, wenn sich das aus ihrer Sicht lohnt. 60 Prozent der Befragten würden beispielsweise mehr bezahlen, um ihre Reise nachhaltiger zu gestalten. Die Entwicklung zu mehr Nachhaltigkeit ist für die Reisebranche demnach nicht nur eine Herausforderung, sondern zugleich eine Chance, die zu steigenden Umsätzen führen kann, wenn sie richtig genutzt wird.

Bahnreise
Im Fernverkehr ist die Bahn neben dem Reisebus das mit Abstand klimafreundlichste Verkehrsmittel.

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Transportmittel und Unterkünfte müssen nachhaltig sein

Am meisten kommt der Trend zu mehr Nachhaltigkeit bei den Flugreisen zum Tragen, denn sie haben die größten Emissionen und damit auch die größten ökologischen Auswirkungen unter den Transportmitteln. Sie machen durchschnittlich 20 Prozent der gesamten jährlichen Treibhausgasbilanz einer Person in Deutschland aus. Das ist einer der Hauptgründe, weshalb immer mehr Menschen bewusst auf Flugreisen verzichten und stattdessen im Inland oder mit anderen Verkehrsmitteln verreisen. Letzteres gilt vor allem bei Kurzstrecken, weshalb 60 Prozent der Befragten bereit wären, in Zukunft vollständig auf Inlandsflüge zu verzichten. Diese Ergebnisse decken sich mit jenen einer weiteren Umfrage: 72 Prozent der Deutschen wollen umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel nutzen, sowohl im Alltag als auch bei Reisen, so das Ergebnisse von Booking.

Großen Wert auf Nachhaltigkeit legen die Befragten außerdem bei den Unterkünften, in denen sie während ihrer Reise übernachten. 55 Prozent der Deutschen sind nicht zufrieden mit einer Unterkunft, wenn sie kein nachhaltiges Konzept offeriert. 64 Prozent suchen für ihre kommenden Reisen bereits bewusst nach nachhaltigen Unterkünften und 42 Prozent bemängeln, dass es bislang nicht ausreichend nachhaltige Reisemöglichkeiten gibt. Unterkünfte wie Hotels oder Hostels, die schon jetzt ein „grünes“ Konzept vorweisen können, genießen daher einen Wettbewerbsvorteil. Wichtig ist jedoch, dass dieses ganzheitlich umgesetzt wird, denn Nachhaltigkeit hat viele Facetten.

Junge Hostelgässte
Nachhaltigkeit im Gastgewerbe spielt ebenfalls eine immer größere Rolle.

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Nachhaltigkeit auf Reisen ganzheitlich umsetzen

Wie das gelingt, beweist so manches Pilotprojekt, wie a&o Green. Hierbei wurde die Nachhaltigkeit nämlich auf allen Unternehmensebenen integriert und der CO2-Ausstoß pro Übernachtung konnte um 75 Prozent gegenüber dem Durchschnitt reduziert werden. Auch das passt zu den Studienergebnissen, denn 82 Prozent der befragten Unterkunftspartner der zitierten Booking-Umfrage gaben an, dass sie Nachhaltigkeit im Gastgewerbe als wichtig erachten. Trotzdem kommuniziert bislang nur ein Drittel der Betriebe in der Branche proaktiv zum Thema Nachhaltigkeit und lässt sich dadurch eine große Chance entgehen. Neben der Frage, wie die Nachhaltigkeit beim Reisen ganzheitlich umgesetzt werden kann, stellt somit noch eine weitere Frage eine Herausforderung dar: Wie können die Interessierten bereits in den frühen Phasen des Buchungsprozesses über Nachhaltigkeitsaspekte informiert werden?

Der Trend zur Nachhaltigkeit stellt die Branche also noch vor einige Herausforderungen, doch wie das Beispiel a&o Green deutlich gemacht hat, gibt es auch bereits Lösungsansätze, welche die veränderten Bedürfnisse der Zielgruppen optimal erfüllen. Denn was sich die Gäste bei einer nachhaltigen Unterkunft wirklich wünschen, ist beispielsweise

  • die Reduktion von Abfällen,
  • die Möglichkeit zum Abschalten von Licht, Klimaanlage und anderen Stromquellen,
  • eine umweltfreundliche Fortbewegungsmöglichkeit, beispielsweise durch Mietfahrräder oder eine zentrale Lage, sodass alle Wege zu Fuß gegangen werden können,
  • die Rücksichtnahme auf die lokale Bevölkerung sowie Kultur,
  • soziale Gerechtigkeit, wenn es beispielsweise darum geht, die wirtschaftlichen Einnahmen zu verteilen,
  • der Verzicht auf Massentourismus, um Überfüllungsprobleme zu vermeiden,
  • u. v. m.

Ein Stück weit sind somit auch die Reisenden selbst in der Verantwortung, eine Unterkunft auszuwählen, die diese Anforderungen erfüllt – und die gebotenen Möglichkeiten zu nutzen, um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Viele Menschen schalten daher zum Beispiel bereits bewusst die Klimaanlagen aus, obwohl sie sich in heißen Ländern aufhalten, oder bringen eigene Wasserflaschen mit, um auf Wegwerfartikel aus Plastik verzichten zu können.

Fazit

Das nachhaltige Reisen ist ein Trend, der noch in den Kinderschuhen steckt. Doch er hat sich in rasantem Tempo entwickelt und ein Ende ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Im Zuge des Klimawandels ist davon auszugehen, dass das nachhaltige Reisen zum neuen Normal wird und schon bald die Branche dominiert. Für die Reisenden bedeutet das eine größere Auswahl an nachhaltigen Angeboten, um mit gutem Gewissen ihrer Reiselust nachzugehen – selbst, wenn das vielleicht einen gewissen Verzicht bedeutet, zum Beispiel auf Flugreisen oder überfüllte Destinationen. Diese Kompromisse gehen viele Menschen aber gerne ein, wenn sie dafür der Umwelt, dem Klima sowie den jeweiligen Kulturen einen Gefallen tun. Aus Sicht der Reisebranche sieht das nun erst einmal nach einer Herausforderung aus und tatsächlich gilt es, grundlegend umzudenken und die Nachhaltigkeit ganzheitlich in das eigene Unternehmen zu integrieren. Ist dies aber erst einmal gelungen, so steckt im Nachhaltigkeitstrend vor allem eine große Chance und die Pilotprojekte, die schon jetzt mit ihren innovativen Konzepten erfolgreich sind, können dabei als Orientierung dienen.

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