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Neue Drogen – die Giftmischer schlafen nicht

Ende Juli 2012 stellte die Bundesregierung 28 Substanzen unter das Betäubungsmittelgesetz. Synthetische Drogen, die bis dahin legal unter erfrischenden Namen wie „Kräutermischung“ oder „Badesalz“ zu haben waren. Bei den meisten handelt es sich um chemische Abwandlungen bekannter Drogen, produziert von findigen Tüftlern, die damit das Gesetz umgehen konnten. Doch das Verbot wird sie wohl kaum davon abhalten, neue legale Rauschgifte zu mischen – so genannte Legal Highs.
von wissen.de-Autor Jens Ossa, September 2012

Synthetisch und stärker

Badesalz statt Kokain
shutterstock.com/Piotr Marcinski
Sie sind sechzehn, als sie mit heftigen Brustschmerzen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Obgleich Jugendliche in dem Alter extrem selten einen Herzinfarkt erleiden, ist die Diagnose eindeutig bei den drei jungen Texanern, die Kardiologe Colin Kane vom Southwestern Medical Center in Dallas behandelt. Dabei weisen weder die Jungen noch ihre Familien entsprechende Vorerkrankungen auf. Was die drei jedoch verbindet: Sie alle berichten, sie hätten in einem Zeitraum von einem Tag bis zu einer Woche vor ihrem Infarkt die Kräutermischung K2 geraucht. Diese enthält ähnlich wie die hier inzwischen verbotene Rauschdroge Spice Cannabinoide. Wirkstoffe also, wie sie auch in Haschisch oder Marihuana zum Einsatz kommen. Mit einem Unterschied: Sie sind synthetisch hergestellt und sehr viel stärker als die pflanzlichen. Und selbst die können sich bereits in den ersten drei Stunden nach dem Konsum derart auf den Kreislauf auswirken, dass sie den Pulsschlag verdoppeln.

 

Wachsende Palette an neuen Designerdrogen

Die Frage ist allerdings, ob nicht auch noch andere synthetische Drogen zu dem Infarkt geführt haben könnten. Ausschließen wollen die Ärzte in Kanes Team das nicht, mangelt es auf diesem Gebiet doch an Testmöglichkeiten. Und die Palette an neuen Drogen ist nicht nur groß, sie wächst auch stetig an. Allein in 2011 tauchten in der EU 49 neue auf, das macht fast eine pro Woche.

Das wohl meist verbreitete der jüngst unter Verbot gestellten Rauschmittel ist Mephedron, ein weißes grobkristallines Pulver, auch bekannt als Badesalz. Mephedron wird in der Regel wie Kokain geschnupft und wirkt auch ähnlich. Betroffene fühlen sich energiegeladen, sind redselig und verspüren keinen Hunger. So viel zur positiven Seite des Rauscherlebnisses, das nämlich auch in Herzrasen, Schweißausbrüche und Panikattacken umschlagen kann.

 

Dosierung unbekannt

Vertrieben übers Internet in bunten ansehnlichen Tütchen, die ebenso gut Gummibärchen enthalten könnten, bieten synthetische Drogen den Vertreibern enorme Vorteile: Im Gegensatz zu herkömmlichen Rauschgiften wie Heroin oder Kokain, deren Ausgangsstoffe nur in bestimmten Regionen wachsen, können sie überall auf der Welt hergestellt werden. Aus Sicht des Büros für Drogen- und Verbrechensbekämpfung der Vereinten Nationen (UNODC) ist dies ein Grund dafür, dass die Herstellung synthetischer Drogen immer weiter voranschreitet.

Für Konsumenten besteht der Vorteil dieser Designerdrogen darin, dass sie in herkömmlichen Tests nicht nachweisbar sind, sie schlüpfen durch jede Polizeikontrolle. Aber die Gefahren wiegen schwerer: Die Dosierung der Wirkstoffe ist ebenso wenig bekannt wie die Wirkungsweise. Jeder, der eine neue Droge zu sich nimmt, geht ein großes Wagnis ein. Im vergangenen Jahr starben in Deutschland drei Menschen an den Folgen des Konsums von Legal Highs. Zudem gibt es keine Studien zu Langzeitwirkungen.

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