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Verborgene Bewohner: Was schwimmt mit uns im Badesee?
„Ah, mich hat irgendwas am Bein gestreift!“ Wer schon einmal in einem Badesee schwimmen war, dürfte diesen Satz bereits das ein oder andere Mal gehört haben. Da Badeseen gleichzeitig der Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen sind, geht man mit diesen durchaus mal auf Tuchfühlung, wenn man sich im Wasser abkühlt. Doch was genau lebt eigentlich alles im Badesee und könnte mich theoretisch beim Schwimmen am Bein berühren?
Neugierige Fische
Einer der Hauptverdächtigen, wenn man eine ungewöhnliche Berührung am Bein spürt, ist meist ein Fisch. Zu Recht, denn obwohl die meisten Fische scheu sind, gibt es auch Arten, die sich im flachen Wasser aufhalten und sich auch von zahlreichen Badegästen nicht stören lassen. Das trifft zum Beispiel auf den Flussbarsch zu. Man erkennt ihn gut an seinen schwarzen Streifen und rötlichen Flossen. Aber auch andere Arten wie Plötzen und Rotfedern, die ebenfalls rötliche Flossen und silbergraue Schuppen haben, trauen sich recht nah an unsere Füße heran. In größeren Seen kann man auch Ukeleis beobachten, die Insekten von der Wasseroberfläche fressen.
Wirklich gefährlich kann uns aber keiner dieser zutraulichen Fische werden. Nicht einmal der gefürchtete Wels, der häufig als bissig gilt. Dieser Irrglaube rührt wahrscheinlich von seinem eindrucksvollen Äußeren, denn als größter reiner Süßwasserfisch Europas wird ein Wels in der Regel zwischen 1,30 und 1,60 Metern lang. Ganz selten wurden auch schon fünf Meter lange und 300 Kilogramm schwere Exemplare gefangen. Doch Welse halten sich in der Regel am Gewässergrund auf, wo sie sich von Fisch, Würmern, Schnecken und Krebsen ernähren – nicht aber von menschlichen Beinen.
Ein Unterwasser-Wald
Der zweite Verdächtige, der im Badesee unser Bein streifen kann, sind Wasserpflanzen und große Algen. Wasserpflanzen wurzeln in der Regel am Gewässergrund und wachsen dem Sonnenlicht entgegen. Im Falle der Seerosen schwimmen Blüte und Blätter auf der Wasseroberfläche. Andere Pflanzen bleiben jedoch komplett unter Wasser, zum Beispiel die Armleuchteralge. Zwar sind die Pflanzen an sich nicht gefährlich, doch wenn man merkt, dass man direkt in ein Gewirr aus verschiedenen Stängeln und Wurzeln hineingeschwommen ist, überkommt viele die Angst, sich zu verfangen. Statt in Panik zu geraten, sollte man versuchen, auf demselben Weg wieder herauszuschwimmen, auf dem man hineingelangt ist – am besten in Rückenlage.
Manchmal trifft man beim Baden auch auf wolkige Algenfäden am Ufer und im Wasser. Dabei handelt es sich meistens um sogenannte Fadenalgen. Die grünen Algenteppiche sind nicht nur unappetitlich für Badende, sondern auch potenziell gefährlich, denn in ihnen können sich Giftstoffe von Cyanobakterien anreichern. Gerade Hunde, die aufgrund des fischigen Geruchs an den Algen schnüffeln wollen, oder Kinder, die beim Baden noch viel Wasser schlucken, sollten daher am besten von den Algenfäden fernbleiben.
Vorsicht bei blau-grünem Wasser
Generell lohnt es sich, die Farbe des Wassers einmal genauer zu betrachten, bevor man mit einem beherzten Kopfsprung hineinspringt. Ist das Wasser nämlich nicht klar, sondern von winzigen grünen Punkten oder Schlieren durchzogen, die auch bläulich schimmern können, befinden sich darin möglicherweise größere Mengen an Cyanobakterien. Sie können Giftstoffe bilden, die in höherer Konzentration für Tiere und Menschen gesundheitsschädlich sind. Normalerweise überprüfen die zuständigen Behörden Badestellen aber regelmäßig auf Cyanobakterien und deren Giftstoffe und sperren den See im Ernstfall.
Wem das Wasser trotzdem ungewöhnlich trüb vorkommt, der sollte zunächst bis zu den Knien hineingehen. Sieht man seine Füße dann schon nicht mehr, sollte man lieber woanders baden gehen. Dasselbe gilt für den Fall, dass das Wasser grün ist. Wer in trüben Gewässern schwimmen war, sollte sich danach direkt abduschen und die Badekleidung wechseln, denn Cyanobakterien können die Haut reizen.
Kinderstube für Insekten
Neben Fischen, Wasserpflanzen und Algen schwimmt man im Badesee auch mit Insekten und deren Larven. So verbringen zum Beispiel Eintags-, Stein- und Köcherfliegen, aber auch Libellen die erste Phase ihres Lebens im Wasser. Der Wasserläufer hingegen gleitet flink über die Wasseroberfläche und macht sich dabei kleine Härchen an seinen Beinen und die Oberflächenspannung zu nutze.
Wer allerdings denkt, er wäre im Wasser zumindest vor Spinnen sicher, der muss jetzt ganz stark sein. Denn in Deutschland gibt es tatsächlich eine Spinnenart, die im Wasser lebt: die Silberspinne. Um zu atmen, sammelt sie unter Wasser Luft in einem dicht gesponnenen Netz – wie in einer Taucherglocke. Die Silberspinne ist allerdings stark gefährdet und dementsprechend selten. Sie bei einem Ausflug zum Badesee zu treffen, ist also höchst unwahrscheinlich.
Tierische Scherben im Sand
Doch das Leben im Badesee tummelt sich längst nicht nur im offenen Wasser oder auf dessen Oberfläche. Auch der Gewässergrund ist Lebensraum für verschiedene Tiere, darunter Muscheln, die immer häufiger in deutschen Gewässern zu finden sind. Vor allem die Quagga-Muschel breitet sich als invasive Art in großer Zahl aus. Ihr Name soll an die gleichnamige Zebra-Art erinnern: Beide sind hell-dunkel gestreift.
Eine einzige Muschel kann pro Tag vier Liter Seewasser filtern und somit die Wasserqualität verbessern. Gleichzeitig überwuchert die Quagga-Muschel mit ihren Byssusfäden aber auch andere Muscheln und Weichtiere, die dadurch zum Beispiel nicht mehr ihre Schalen schließen können. Für Menschen sind Muscheln am Seegrund aber nur gefährlich, wenn man aus Versehen auf ihre scharfkantige Schale tritt und sich dadurch in den Fuß schneidet.