Lexikon

Neutralitạ̈t

Völkerrecht
Nichtteilnahme eines Staats an bewaffneten Auseinandersetzungen anderer Staaten. Im Zeitalter des freien Kriegführungsrechts (bis zum Briand-Kellogg-Pakt, 1928) war die Entscheidung über Teilnahme oder Nichtteilnahme eine politische Ermessensentscheidung jedes Staates; angesichts des heute geltenden Angriffskriegsverbots ist die Nichtteilnahme eine Rechtspflicht, falls nicht der Verteidigungsfall gegeben ist (für die Bundesrepublik Deutschland auch verfassungsrechtlich durch Art. 26 GG geregelt). Eine Verpflichtung zur Neutralität kann sich auch aus der Neutralisierung ergeben.
Die Neutralität verbietet die Entsendung von Truppen, Kriegsmaterial, Bannware durch den neutralen Staat an einen Kriegführenden. Allgemein anerkannt ist die Verpflichtung des neutralen Staats, auf seinem Gebiet keine Kampfhandlungen zu dulden, Angehörige bewaffneter Streitkräfte beim Grenzübergang zu internieren sowie Neutralitätsverletzungen in seinen Küstengewässern zu verhüten. Im Übrigen steht der Wirtschafts-, Finanz- und Rechtsverkehr mit den Kriegführenden dem Neutralen frei, doch hat er dabei das Gebot der Unparteilichkeit und der Gleichbehandlung zu beachten.
Man unterscheidet die eigentliche Neutralität, die wohlwollende Neutralität, die Nichtkriegführung und den state short of war. In den letzten drei Fällen bedeutet dies, dass der Nichtkriegführende einen Kriegführenden unterstützt, jedoch keine Kampfhandlungen vornimmt. Der nichtkriegführende Staat geht dabei das Risiko ein, wegen dieser „feindlichen Unterstützung“ als Gegner betrachtet zu werden.
Von der Neutralität in einem bestimmten Konflikt ist die sog. immer währende Neutralität zu unterscheiden, mit deren Erklärung sich ein Staat verpflichtet, sich aus allen militärischen Konflikten Dritter herauszuhalten. Die immerwährende Neutralität verlangt von dem Staat, der sich zu ihr bekennt, keine militärische Abrüstung; er ist im Gegenteil verpflichtet, eine Rüstung zu unterhalten, die es ihm ermöglicht, Versuche einer Verletzung seiner Neutralität durch Kriegführung wirksam abzuwehren. Die immer währende Neutralität der Schweiz ist seit 1815 völkerrechtlich anerkannt. Für Österreich wurde durch Bundesverfassungsgesetz vom 26. 10. 1955 (Nationalfeiertag) die immer währende Neutralität erklärt.
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