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Auflösung der UdSSR: Die Geburtswehen der Nachfolgestaaten

Was kam nach der UdSSR?

Im Jahr 1991 wurde die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken – kurz UdSSR – aufgelöst, schon zuvor hatten die baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen ihre Eigenstaatlichkeit deklariert. An die Stelle der Sowjetunion traten die Russische Föderation und 14 unabhängige Nationen. Für die Menschen der ehemaligen UdSSR ist die Einführung der Demokratie ein positiver Schritt, dennoch muss die Entwicklung in den meisten Bereichen äußerst kritisch betrachtet werden.

Warum sind die postsowjetischen Länder instabil?

Durch die Folgen der Planwirtschaft und deren Umbau in eine Marktwirtschaft stehen die nationalen Ökonomien auf schwachen Beinen. Wirtschaftliche Unsicherheit und zum Teil bittere Armut sind der hohe Preis der Reformen. Hinzu kommt, dass politisch-demokratische Reformen bislang noch nicht die gewünschten Erfolge gebracht oder in einigen Staaten gar nicht begonnen wurden – so etwa in Weißrussland. Neben demokratischen Kräften tummeln sich auf der politischen Szene auch Hardliner aus der kommunistischen Zeit oder Vertreter des äußersten rechten Randes, die zum Teil sehr offen antisemitische Positionen vertreten. Undurchschaubar ist zudem Größe und Einfluss der organisierten Kriminalität mit ihren mafiösen Strukturen.

Wo finden ethnische Konflikte statt?

Große Probleme bereiten auch die Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen. So wird beispielsweise jeglicher Fortschritt in Moldawien durch den ungeklärten Status der Dnjestr-Region gehemmt, während Aserbaidschan wie auch Armenien schwer an dem ungelösten Konflikt um Berg-Karabach zu tragen haben. Schließlich wird das benachbarte Georgien von einer Fülle interner Probleme zerrissen, über denen drohend die Frage der Zukunft der früheren Provinz Abchasien steht.

Gibt es bereits gefestigte Demokratien?

Nein, das demokratische Fundament ist labil. Die autoritären Führer der Länder Zentralasiens zeigen gegenüber den erheblichen religiösen wie ethnischen Spannungen in ihren Ländern unterschiedlich geartete Ansätze zu Reformen. Gemeinsam ist diesen Staaten jedoch, dass in ihnen die Demokratie noch nicht verwurzelt ist. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bevölkerung rasant wächst, die Urbanisierung ungehemmt fortschreitet und die Wasservorräte noch rascher zur Neige gehen. Jegliche Hoffnung auf kontinuierliche Besserung wird zudem durch die schwankenden Weltmarktpreise für die wichtigen Exportartikel der Region, Erdöl, Erdgas, Gold und Baumwolle, zunichte gemacht.

Wie ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt?

Über all diesen bedenklichen Erscheinungen hängt der allgemeine Niedergang des Arbeitspotenzials auf dem gesamten Territorium der früheren UdSSR wie ein Damoklesschwert. Viele Ärzte und Lehrer bekommen kein Gehalt, wer noch Arbeit finden kann, ist häufig außerhalb seines erlernten Berufes tätig. Millionen Studierende brechen ihr Studium ab und werden so zu einer minder qualifizierten »Reservearmee« für die Industrie, die sozialen Zündstoff birgt.

Darüber hinaus bedroht eine Reihe von Epidemien wie Typhus und antibiotikaresistente Tuberkuloseformen die Volksgesundheit. Angesichts der kritischen Lage in fast allen Bereichen nimmt es nicht wunder, wenn in Ländern wie Russland, Kasachstan, Aserbaidschan und der Ukraine von einigen Bevölkerungsteilen nach einer Regierung der harten Hand gerufen wird.

Wann endete die »postsowjetische Ära«?

Die postsowjetische Ära ging 1998 mit dem Zusammenbruch der russischen Wirtschaft zu Ende. Bis dahin war es Hauptaufgabe der Nachfolgestaaten gewesen, die negativen Einrichtungen des Sowjetregimes zu demontieren und den Schlendrian zu überwinden. Dieser Prozess hatte nicht erst 1991 begonnen, sondern teils schon in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Schließlich stand am Anfang des Niedergangs der kommunistischen Partei die Unfähigkeit des Systems, eine dringend nötige wirtschaftliche Erneuerung zu gestalten. Vollendet ist diese Aufgabe beileibe noch nirgends – in manchen Ländern hat sie noch nicht einmal angefangen.

Worin liegen die Herausforderungen der Zukunft?

Heute liegt das wesentliche Ziel nicht mehr in der Demontage des alten Systems, sondern im Schaffen von Neuem, Hand in Hand mit der Beseitigung des noch vorhandenen staatlichen Überbaus. Erst dann ist der Weg frei für demokratische Reformen, für den Rechtsstaat, eine Marktwirtschaft und eine soziale Grundsicherung der Menschen.

Wussten Sie, dass …

Russland Versuche unternahm, die Souveränität früherer Sowjetstaaten mit Hilfe russischer Minderheiten unmerklich zu zerstören? Diese Strategie ist zumindest in Aserbaidschan, Georgien und Tadschikistan gescheitert, deren Staatlichkeit trotz erheblicher innerer Probleme erhalten blieb. Das Hauptproblem ist der zukünftige Status von Tschetschenien. Im Donbecken, auf der Krim und in Nordkasachstan stellen die russischen Bevölkerungsanteile einen politischen Faktor dar, doch der Preis für ein Eingreifen Russlands dürfte weit schwerer wiegen als denkbare politische Vorteile.

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