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Die Kommunen: Eigene Aufgaben, aber kaum eigene Mittel

Wie groß ist die Freiheit der Kommunen?

Die Politik, die das Alltagsleben der Menschen am stärksten beeinflusst, findet oft vor der eigenen Haustür statt: in den Kommunen. Hier lassen sich zwei Hauptbereiche unterscheiden: die eigenen (weisungsfreien) und die staatlichen (weisungsgebundenen) Aufgaben.

In die eigenen Aufgaben einer Kommune dürfen sich staatliche Stellen nicht einmischen. Weisungsfreie Entscheidungen werden vom Rat der Kommune getroffen, Verwaltungsbeamte wie der Bürgermeister haben keine Einflussmöglichkeiten.

Zu den freiwilligen weisungsfreien Aufgaben gehört es, Kinder-, Jugend- und Altenheime sowie Kultureinrichtungen zu unterhalten, Sport- und Grünanlagen zu betreuen sowie die kommunale Wirtschaft und den Wohnungsbau zu fördern.

Wozu ist eine Gemeinde verpflichtet?

Zu den weisungsfreien Aufgaben zählen auch Tätigkeiten, die die Gemeinden unbedingt durchführen müssen. So müssen die Kommunen beispielsweise Grund- und Hauptschulen sowie Kindergärten bauen und unterhalten, Friedhöfe anlegen und betreuen, eine Feuerwehr stellen, öffentliche Straßen reinigen, deren Bau teilweise finanzieren und die Wasserversorgung und Müllbeseitigung gewährleisten. Die staatliche Aufsicht prüft lediglich, ob dies geschieht, mischt sich jedoch nicht in die Art und Weise ein.

Bei den weisungsgebundenen Aufgaben prüft eine staatliche Fachaufsicht auch die Art und Weise der Durchführung. So muss eine Kommune z. B. dafür sorgen, dass alle Einwohner beim Einwohnermeldeamt erfasst werden, sie muss Standesämter unterhalten, als Baurechtsbehörde fungieren, die Gewerbeaufsicht ausüben, Wahlen vorbereiten, Gaststätten überwachen, das staatliche Gesundheitswesen vor Ort organisieren, Schulangelegenheiten regeln und Flüchtlinge betreuen.

Wer steht an der Spitze der Kommunen?

Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung bilden gewählte Handlungsbevollmächtigte, also die Beigeordneten oder Stadträte das oberste Gremium. Aus dieser Gruppe rekrutieren sich die obersten Funktionsträger (Stadt- oder Gemeindedirektor, Bürgermeister). Die Kontrolle der Mandatsträger wird durch gewählte Vertreter der Bürger gewährleistet, den Rat. Bei der Wahl des Rates können seit 1996 auch EU-Ausländer wählen, wenn sie seit mindestens drei Monaten in der Gemeinde wohnen.

Wie unterscheiden sich die kommunalen Verfassungen?

Vier Verfassungstypen haben sich in Deutschland herausgebildet: die Süddeutsche Ratsverfassung (z. B. in Bayern), die Bürgermeisterverfassung (früher in Rheinland-Pfalz), die Magistratsverfassung (z. B. in Hessen) und die Norddeutsche Ratsverfassung.

Je nach Typ wird die Leitung von Rat und Verwaltung unterschiedlich aufgeteilt. Bei der Magistratsverfassung und Norddeutschen Ratsverfassung sind Ratsvorsitz und Verwaltungsleitung personell getrennt (sog. Doppelspitze), in den beiden anderen Systemen dagegen auf eine Person vereint. Seit den 1990er Jahren wird der Bürgermeister oder Oberbürgermeister in allen Flächenstaaten direkt von den Bürgern gewählt.

Im Lauf der Zeit übernahmen einzelne Bundesländer Elemente von anderen, so etwa Nordrhein-Westfalen durch Abschaffung der Doppelspitze in den 1990er-Jahren.

Warum sind viele Stadtsäckel leer?

In den letzten Jahren sind die Ausgaben der Kommunen – vor allem die für Sozialhilfe – schneller gewachsen als die Einnahmen. Die Gewerbesteuereinnahmen waren sogar stark rückläufig. Geplante Verbesserungen der Infrastruktur mussten daher vielerorts gestrichen werden; Großstädte wie Berlin und München erklärten den finanziellen Notstand.

Die Gemeinden finanzieren sich aus Beiträgen und Gebühren (z. B. Abwasser- und Straßenreinigungsgebühren), Steuereinnahmen und Finanzzuweisungen. Bei den Steuereinnahmen wird unterschieden zwischen Gemeindesteuern wie Grund- und Gewerbesteuer und den Gemeinschaftssteuern, die mehr als 70 % aller Steuern ausmachen. Finanzzuweisungen sind z. B. Zuwendungen für besondere Aufgaben im Straßenbau, die von der EU, dem Bund oder dem Land gewährt werden. Aufgrund der finanziell angespannten Lage gehen heute immer mehr Kommunen dazu über, Gemeindebesitz (Grundstücke, Häuser, Schwimmbäder) zu veräußern.

Hat die Krise nur finanzielle Gründe?

Nein. Viele Menschen beklagen die Bürgerferne der Behörden, die sich durch starre Öffnungszeiten, Mängel bei der internen Organisation und unmotivierte Beamte und Angestellte auszeichnen.

Ziel vieler Verwaltungen ist es deshalb, sich in moderne Dienstleistungszentren zu verwandeln, die kundenfreundlich handeln und die Wünsche des Bürgers in den Mittelpunkt rücken. Zu diesem Zweck sollten die Verwaltungen ihre personellen und finanziellen Mittel nach eigenen Vorstellungen einsetzen können. Unrentable Bereiche sollten wenn möglich privatisiert werden. Auch auf die Bürger könnten neue Aufgaben zukommen, beispielsweise die Pflege von Grünanlagen und Schwimmbädern.

Warum gibt es Landkreise?

Einzelne Gemeinden sind meist weder personell noch finanziell in der Lage, alle kommunalen Aufgaben durchzuführen. Deshalb werden sie besonders in ländlichen Gebieten zu Landkreisen zusammengefasst. Kosten für Nahverkehr, Schulen, Krankenhäuser usw. können so besser verteilt werden.

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