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Russland: Weites Land mit wechselhafter Geschichte

Russland
Amtlicher Name:
Russische Föderation
Fläche:
17 075 400 km²
Einwohner:
142,4 Mio.
Hauptstadt:
Moskau
Amtsprache(n):
Russisch
Währung:
1 Rubel = 100 Kopeken

Landesnatur

Ist Russland das größte Land der Welt?

Ja, Russland ist ein Land von kontinentalem Ausmaß. Es ist fast doppelt so groß wie die USA und erstreckt sich von der Ostsee und dem Schwarzen Meer im Westen über Osteuropa und Nordasien (Sibirien) bis zum Pazifischen Ozean im Osten sowie über insgesamt elf Zeitzonen. Die Bevölkerung ist sehr unterschiedlich verteilt – mit 8 Einwohnern/km² ist es im Durchschnitt sehr dünn besiedelt.

Der europäische Teil Russlands wird von der Russischen Tafel des osteuropäischen Tieflands eingenommen. Es ragt nur in den flachwelligen Höhenrücken über die 200-m-Höhenlinie hinaus. Östlich des Urals folgen das Westsibirische Tiefland bis zum Jenissej, weiter bis zur Lena das Mittelsibirische Bergland und schließlich das Ostsibirische Gebirgsland. Die vulkanreiche Halbinsel Kamtschatka, die Inselkette der Kurilen und Sachalin, die größte Insel Russlands, markieren die Ostgrenze des Landes. Auch der nordsibirischen Küste sind zahlreiche größere Inseln vorgelagert. Der Süden wird von z. T. stark vergletscherten Hochgebirgen (Kaukasus, Altai, Sajan) eingenommen.

Was ist in Sibirien extrem?

Seine Größe – es ist mit rd. 10 Mio. km² etwas größer als die USA – und seine extremen Temperaturen. Im ostsibirischen Oimjakon liegt der Kältepol der nördlichen Erdhalbkugel, 1933 wurden hier –67,7° C gemessen.

Der gesamte Norden des Landes ist eiszeitlich überformt und noch heute ist in weiten Gebieten der Tundra und Taiga in geringer Tiefe unter der Wald- und Moosdecke der Boden ständig gefroren. Da die Flussmündungen im Norden eher zufrieren bzw. später auftauen als die Quellgebiete, kommt es regelmäßig zu weiträumigen Überschwemmungen. Der ewige Frost im Untergrund verhindert ein Versickern des Wassers, sodass sich das sibirische Tiefland während der Sommermonate über weite Teile in ein riesiges Sumpfgebiet verwandelt.

Bevölkerung

Wie viele Völker leben in Russland?

Über 100 verschiedene Völkerschaften. Davon umfassen sieben über 1 Mio. Menschen. Den Hauptteil haben die staatstragenden Slawen (82 % Russen, 3 % Ukrainer), die zweitgrößte Gruppe bilden die turkmongolischen Völker (3,8 % Tataren, 1,2 % Tschuwaschen, 0,9 % Baschkiren).

Wirtschaft

Was sind die wichtigsten Bodenschätze?

Erdöl, Erdgas und Kohle. Die russische Föderation liefert 22 % der globalen Gas- und rd. 12 % der Weltölförderung. Mit fast einem Drittel der Weltgasreserven, rd. 9 % der Weltölreserven und den zweitgrößten Kohlereserven ist Russland einer der größten Energieproduzenten der Welt.

Darüber hinaus verfügt Russland über einen großen Reichtum an weiteren Bodenschätzen. Dazu zählen Eisenerze, Chrom, Nickel, Kupfer, ferner andere Stahlveredler und Bundmetalle, Bauxit, Gold, Platin, Diamanten, Graphit, Glimmer, Feldspat, Phosphate und Salze.

Wo konzentriert sich die Landwirtschaft?

Wichtigstes Anbaugebiet ist die Schwarzerdezone, die das nördliche Kaukasusvorland und das mittlere Wolgagebiet umfasst und sich jenseits des Urals bis nach Nowosibirsk in Mittelsibirien fortsetzt. Vom gesamten Territorium Russlands ist nur ein Viertel landwirtschaftlich nutzbar.

Es überwiegt der Getreideanbau. Weitere wichtige Anbauprodukte sind Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais und Sonnenblumen. Der Nutzviehbestand umfasst v. a. Rinder, Schweine und Schafe. Durch die Anlage von Staubecken und Bewässerungskanälen werden in zunehmendem Maße Trockengebiete für den Ackerbau erschlossen.

Verkehr

Welche Distanz legt die Transsibirische Eisenbahn zurück?

Die Strecke von Moskau nach Wladiwostok umfasst 9302 km. Die um die Wende zum 20. Jh. erbaute Bahnlinie ist immer noch die einzige Bahnverbindung vom europäischen Raum in den Fernen Osten. In Westsibirien wird die Transsib durch zwei Parallelstrecken entlastet.

Die Eisenbahn ist der wichtigste Verkehrsträger in Russland. Da die russische Eisenbahn auf der Breitspur verkehrt, kann es im grenzüberschreitenden Verkehr zu Stockungen kommen. Eine wichtige Rolle spielt auch die Binnenschifffahrt. Sie wird jedoch im Norden des Landes durch den extrem langen Eisgang der Flüsse stark behindert. Im europäischen Teil besteht ein gut ausgebautes Kanalsystem. Wichtigste Wasserstraße ist die Wolga. Die größten Seehäfen sind St. Petersburg am Finnischen Meerbusen und Wladiwostok/Nachodka am Japanischen Meer. Nur wenige der rd. 50 russischen Seehäfen sind das ganze Jahr über eisfrei.

Geschichte

Warum erhielt Zar Iwan IV. den Beinamen »der Schreckliche«?

Weil sein Kampf gegen die Bojaren-Aristokratie seit 1565 in einen schrankenlosen Terror mündete, der in Iwans psychopathischer Persönlichkeitsstruktur wurzelte und Tausende von Opfern forderte.

Zunächst führte Iwan IV. (1530–1584), der sich im Jahr 1557 als erster russischer Herrscher zum Zar krönen ließ, innere Reformen durch, z. B. bei der Kriminalgerichtsbarkeit. Die Eroberung der Khanate Kasan (1552) und Astrachan (1556) sowie des Zartums Sibir (1582) leitete die russische Ostexpansion ein. Der Livländische Krieg (1558 bis 1582) um einen Zugang zur Ostsee mündete in einen langjährigen erfolglosen Kampf gegen Polen und Schweden.

Wer war »Zar und Zimmermann«?

Peter der Große (1682–1725). Um die europäische Kultur und Wirtschaft zu studieren, brach der Zar 1697 zu einer einjährigen Reise durch Westeuropa auf. Als Zimmermann verkleidet, reiste er unerkannt durch die mit Russland befreundeten Staaten. Auf dieser Reise formte Peter die Ansätze zu seiner gesamten Politik.

Peters Reformen führten zur Europäisierung Russlands und machten es zur Großmacht. U. a. wurde die leibeigene Bauernschaft mit einer Kopfsteuer belegt und dem Adel ausgeliefert, das Bürgertum durch zwei Stadtreformen gestärkt und die Verwaltung grundlegend reformiert.

Übrigens: Sichtbarer Ausdruck des Wandels war die Verlegung der Hauptstadt in das 1703 gegründete St. Petersburg.

Wann fand die Oktoberrevolution statt?

Im Jahr 1917. Nach dem julianischen Kalender brach der Aufstand am 25. Oktober aus, nach gregorianischem Kalender am 7. November.

Die Oktoberrevolution unter Führung von Wladimir I. Lenin begründete das bolschewistische Regime in Russland. Durch den Frieden von Brest-Litowsk (1918), mit dem Russlands Beteiligung am Ersten Weltkrieg endete, und durch das Dekret über die Landaufteilung gelang es den Bolschewiken, breite Massen auf ihre Seite zu ziehen. Russland wurde zur Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik (Verfassung vom 10. 7. 1918) erklärt, die sich im anschließenden Bürgerkrieg behaupten konnte.

Die Gründung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) am 30. 12. 1922, in der sich die russische Geschichte nun vollzog, sowie die neue Verfassung von 1923/24 kennzeichneten eine Konsolidierung der bolschewistischen Macht. Im Inneren stärkte Lenin die Wirtschaft durch die Neue Ökonomische Politik (NEP, 1921–27).

Warum zerfiel die UdSSR?

Der Zusammenschluss von elf der 15 ehemaligen Sowjetrepubliken zur Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) am 21. 12. 1991 besiegelte das Ende der Sowjetunion. Der bisherige sowjetische Präsident Michail Gorbatschow trat am 25. Dezember zurück.

1992 unterzeichneten die autonomen 18 Republiken und Regionen Russlands einen Föderationsvertrag. Die Demokratisierung Russlands kam nur zögernd voran. 1993 scheiterte ein Putschversuch reaktionärer Kräfte gegen Präsident Boris Jelzin. Im selben Jahr trat eine neue präsidialdemokratische Verfassung in Kraft. 1994 ließ Jelzin Truppen in Tschetschenien einmarschieren. Erst 1997 wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet. 1999 begann Russland erneut einen blutigen militärischen Feldzug gegen muslimische Rebellen in Tschetschenien. Ende 1999 trat Jelzin als Präsident zurück, Nachfolger wurde Wladimir Putin.

Die russische Außenpolitik betonte auch nach dem Ende der UdSSR den Großmachtstatus des Landes, zeigte sich jedoch um eine Öffnung zum Westen bemüht (Abzug der letzten Truppen aus Deutschland 1994, Beitritt zum Europarat 1996). Die NATO- und EU-Osterweiterung betrachtete die russische Führung mit Skepsis, obwohl sie die Zusammenarbeit mit beiden Organisationen intensivierte. Die Vollmitgliedschaft bei den G8-Staaten (seit 2002) bedeutete einen erheblichen außenpolitischen Prestigegewinn.

Literatur

Wer schrieb »Die Brüder Karamasow«?

Fjodor M. Dostojewskij (1821–1881). Genau wie dieser Familien- und Kriminalroman behandeln alle seine psychologisch tief dringenden Werke (z. B. »Schuld und Sühne« oder »Der Idiot«) religiös-philosopische Fragen.

Weitere Größen der russischen Literaturgeschichte sind Alexander S. Puschkin (1799 bis 1837), der Meisterwerke in fast allen Gattungen schuf und die moderne Literatursprache begründete, sowie Nikolaj W. Gogol (1809–1852), ein Vorläufer des psychologischen, sittlichen und sozialkritischen Realismus. Seit 1846 verfolgte die russische Literatur soziale und politische Ziele. Das Inhaltliche überwog die Formgebung im poetischen (Iwan S. Turgenjew, 1818–1883) und plastischen (Lew N. Tolstoj, 1828–1910) Realismus. Ein Meister der kleinen Form war Anton P. Tschechow (1860–1904). Seine Grundthemen sind Vereinsamung, Lebensangst und Lebensmüdigkeit. Maxim Gorkij (1868–1936) steigerte die sozialkritischen Traditionen zum sozialistischen Realismus.

Wussten Sie, dass ...

der Baikalsee mit 1637 m das tiefste Binnengewässer der Erde ist? Außerdem ist er mit 23 000 km³ das weltgrößte Süßwasserreservoir.

die Wolga der längste und wasserreichste Fluss Europas ist?

der Temperaturunterschied in Oimjakon 69° C zwischen dem wärmsten (+16° C) und dem kältesten (–53° C) Monat beträgt? Dieses Gebiet südöstlich von Werchojansk ist einer der kältesten Orte der Erde.

der erste Fünfjahresplan 1928 verabschiedet wurde?

das Wort Kreml »Festung« bedeutet?

der Islam die zweitgrößte Religionsgemeinschaft in Russland ist? An erster Stelle steht die russisch-orthodoxe Kirche.

Was bedeutet »Perestrojka«?

Dieses russische Wort heißt übersetzt »Umbau« oder »Umgestaltung«. Unter dem Losungswort »Perestrojka« proklamierte Parteichef Michail Gorbatschow seit 1985 eine Reformpolitik, die darauf abzielte, das politische und wirtschaftliche System effektiver zu gestalten und in gewissem Umfang zu demokratisieren.

In der Außenpolitik unternahm Gorbatschow Schritte zu einer Entspannung im Ost-West-Verhältnis. 1989/90 tolerierte die UdSSR den demokratischen Wandel in Osteuropa sowie die deutsche Wiedervereinigung.

Innenpolitisch entwickelte die Bewegung, die Gorbatschow in Gang setzte, eine Eigendynamik und der Wandel ergriff unaufhaltsam immer weitere Bereiche. In den baltischen Republiken bildeten sich 1988 »Volksfronten«, die Autonomie und Demokratie forderten. Vergleichbare Entwicklungen gab es in allen Unionsrepubliken.

1991 scheiterte ein Putsch gegen Gorbatschow. Er legte daraufhin das Amt des Generalsekretärs der KPdSU nieder. Ein Jahr zuvor hatte Gorbatschow den Friedensnobelpreis erhalten.

Was geschah ...

988?

Das Kiewer Reich übernimmt das Christentum orthodoxer-byzantinischer Richtung.

um 1500?

Nach dem Ende der Mongolenherrschaft schafft Iwan III. einen starken Einheitsstaat.

1613?

Das Haus Romanow besteigt den Thron und beendet die »Zeit der Wirren«.

1762?

Katharina II., die Große, lässt sich zur Kaiserin ausrufen.

1861?

Zar Alexander II. erlässt ein Manifest zur Bauernbefreiung.

1917?

Die von Wladimir Lenin geführten Bolschewiki übernehmen die Macht.

1922?

Die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken wird gegründet.

1924?

Nach dem Tod von Lenin wird Josef Stalin sein Nachfolger.

1991?

Elf der 15 ehemaligen Sowjetrepubliken schließen sich zur Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) zusammen.

1999?

Boris Jelzin legt sein Amt als Präsident nieder. Sein Nachfolger wird Wladimir Putin.

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