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Chronik: Zwei Tage im Juni
Als die Bauarbeiter auf der Ostberliner Stalinallee am Morgen des 16. Juni die Arbeit niederlegen, ahnt kaum einer von ihnen, dass sie damit das Signal zu einem landesweiten Aufstand gegen die SED-Herrschaft geben würden. 24 Stunden später haben sich in der ganzen DDR Streikkomitees gebildet, und die Arbeiterproteste gegen die Normenerhöhung weiten sich mehr und mehr zu einem Kampf für Freiheit und Demokratie und gegen das kommunistische Regime aus. In über 200 Orten der DDR wird gestreikt, in über 70 Städten geht der Streik in eine Revolte über. Am Abend des 17. Juni ist der Aufstand fast überall niedergeschlagen. Die folgende Chronologie konzentriert sich auf das Geschehen in Ostberlin.
Der Aufstand beginnt
Dienstag, 16. Juni, 7.00 Uhr: Bei
Arbeitsbeginn ist die Stimmung unter den Bauarbeitern auf der Ostberliner
Stalinallee explosiv: Die Ende Mai verordnete zehnprozentige Normenerhöhung
soll hier an diesem Morgen in Kraft treten. Am Tag zuvor war es aus diesem
Grund auf Block 40 zu einer ersten Arbeitsniederlegung gekommen.
8.00 Uhr: Die Bauarbeiter auf Block 40 in der Stalinallee
beschließen, in den Streik zu treten. 80 Arbeiter formieren sich zu
einem ersten Protestzug. Kollegen von anderen Baustellen solidarisieren sich
mit den Streikenden und schließen sich der Demonstration an.
9.30 Uhr: Etwa 3000 Bauarbeiter haben inzwischen die Arbeit
niedergelegt. Mit dem Transparent “Wir Bauarbeiter fordern Normensenkung“
marschieren sie in Richtung Alexanderplatz/Unter den Linden und von dort zum
Regierungssitz in der Leipziger Straße. Auf dem Weg schließen
sich immer mehr Passanten den Streikenden an.