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Karol Wojtyla – von Krakau nach Rom

Was ist die menschliche Natur? Diese philosophische Frage beschäftigt Karol Wojtyla als Priester, Bischof und später als Kardinal. Auf seinem Weg nach Rom versteht er sich als Kommunikator und führt Dialoge, anstatt zu verwalten.

Chronik Bildbiografie Papst Johannes Paul II.

Dozent in Lublin

Einer der drei bestellten Gutachter für Karol Wojtylas Habilitation war Stefan Swiezawski. Er lehrt an der Katholischen Universität Lublin (auch „KUL" genannt) zeitgenössische Philosophie. Später werden Swiezawski und der junge Priester Karol sogar Freunde. Bei einer Wanderung im September 1954, gemeinsam mit Swiezawskis Frau Maria, in den Bergen südlich von Krakau überredet er Karol, sich der Philosophischen Fakultät der KUL anzuschließen. Und innerhalb nur eines Monats beschließt der Akademische Senat der KUL, den Priester Karol Wojtyla als Dozent für Ethik zu berufen. Drei Jahre lang pendelt der neu ernannte Dozent zwischen der St.-Florians-Kirche in Krakau, wo er weiterhin Studenten und das Krankenhauspersonal seelsorgerisch betreut, und der Universität in Lublin. Die Katholische Uni wurde 1918 von dem Priester Idzi Radziszewski gegründet, und kurioserweise gehörte auch Lenin zu den Geburtshelfern der KUL. Besondere Anerkennung bei den polnischen Intellektuellen fand die KUL nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die Professoren und Studenten arbeiteten die Erfahrungen auf, die sie unter deutscher Okkupation und im stalinistischen Polen gemacht hatten. Die „menschliche Natur" stand dabei im Mittelpunkt. Wie ist diese eigenartige Mischung aus Geist und Materie aufgebaut? Warum benahmen sich manche Menschen während der deutschen Besatzung wie Tiere, während andere sich bewundernswert heldenhaft verhielten? Warum dachten manche immer nur an sich selbst und schreckten nicht einmal vor dem Verrat ihrer besten Freunde zurück, während andere sich edelmütig aufopferten und ihr eigenes Leben für das ihrer Freunde gaben?

Mit diesen Fragen der philosophischen Anthropologie beschäftigt sich auch Karol Wojtyla, bis er zu Beginn seines dritten Jahres an der KUL, im Dezember 1956, Nachfolger des Dominikaners Feliks Bednarski auf dem Lehrstuhl für Ethik wird. Karol Wojtyla übt dieses Amt 22 Jahre lang bis zu seiner Wahl zum Papst aus.

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