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Der Fall Taylor Swift: Können Promis den Ausgang von Wahlen beeinflussen?

Die Pop-Ikone Taylor Swift ist eine der einflussreichsten Persönlichkeiten unserer Zeit. Genau aus dem Grund befürchten die Republikaner in den USA, dass der Superstar im US-Wahlkampf Partei ergreift, gegen Trump, für Biden. Aber würde ein Wahlaufruf des Popstars wirklich einen Unterschied machen? Sollte man Promis für den Wahlkampf rekrutieren? Und wie viel Einfluss haben Menschen im Rampenlicht wirklich auf die Ergebnisse von Wahlen?
THE, 07.02.2024
Symbolbild Wahlkampfempfehlungen

© Hintergrund: nicomenijes, ThinkstockPhotos; Daumen rauf/runter: kieferpix, iStock

Taylor Swift ist eine Hexe. Klaro, wie auch sonst sollte eine Frau rekordträchtige vier Grammys für das Album des Jahres gewinnen, eine Milliarde Dollar Umsatz für ihre Tour gewinnen – auch ein Rekord – und nach Größen wie Obama, Greta Thunberg und Angela Merkel als zweite Sängerin jemals vom Time Magazin als Person des Jahres gekürt werden?

Okay, das ist gelogen. Taylor Swift ist natürlich keine Hexe. Diese Unterstellung kursiert allerdings seit einigen Tagen tatsächlich im Internet, seitens einiger Anhänger der Republikanischen Partei der USA. Besonders eifrig im Streuen solcher Verschwörungstheorien sind die ultrakonservativen und teilweise fanatischen Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Dieser will bei der US-Präsidentschaftswahl im November 2024 wieder antreten und beginnt schon jetzt, gegen jeden zu agitieren, der sich seinem Sieg entgegenstellen könnte.

Rechte Verschwörungstheorien

Auch die absurden Vorwürfe von rechts gegen Taylor Swift hören nicht auf: Fox-News-Host Jesse Walters warf ihr jüngst vor, sie sei Teil einer „PsyOp“ – einer psychologischen Operation gegen das Pentagon zur Manipulation der öffentlichen Meinung. Stichhaltiges Beweismaterial für seine gewagte These hatte der Reporter mit dem Lächeln aus Stahl bedauerlicherweise wenig. Einziges Indiz: Ein schlecht zusammengeschnittenes Video, in dem eine Rednerin auf einer Konferenz den Namen des Popstars sagt. Den angeblichen Kontext dieser Rede hat die Rednerin bereits selbst dementiert.

Mit einer Vermutung könnten er und seine konservativen Kollegen allerdings recht behalten: Taylor Swift könnte eventuell einen Einfluss auf den amerikanischen Wahlkampf haben. Sie hat auch in vergangenen Jahren schon politische Stellung bezogen: Im Jahr 2020 sprach sie sich beispielsweise für die Kandidaten der Demokraten und US-Präsident Biden aus. Im September 2023 forderte sie ihre Fans außerdem in einem Instagram-Post auf, sich für die Wahlen zu registrieren. Das Resultat: Kurz darauf zählte man 35.000 neue Registrierungen.

Taylor Swift bei der Verleihung MTV Video Music Awards, 2023
2023 war ein gutes Jahr für Taylor Swift: Bei den MTV Video Music Awards räumte sie neun Preise ab.

Einflussnahme im Wahlkampf

Und der sogenannte Swift-Effekt steht nicht alleine: Auch deutsche Promis mischen sich gerne mal in den Wahlkampf ein. Einige tun dies, indem sie ihre eigene Parteien-Präferenz öffentlich kundtun. Andere deutsche Promis, wie der Schlagzeuger der Band "Die Ärzte" Bela B und der Krimi-Autor Frank Schätzung gehen noch weiter: Beide waren bei den letzten Wahlen Teil eines Appells auf Facebook, der dazu aufrief, bei der Bundestagswahl die Grünen zu wählen.

Aber ändern derartige Aufrufe von Bela, Swift & Co. denn tatsächlich etwas am Wahlausgang? Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2021 schon. Zwar gaben 92 Prozent der Befragten an, sich nicht von den Wahlentscheidungen der Promis beeinflussen zu lassen. Doch drei Prozent waren unentschieden und fünf Prozent der Befragten gaben sogar an, sich eher oder sogar „auf jeden Fall“ an der Meinung ihrer Idole zu orientieren.

Laut Umfrage ließen sich außerdem Männer mit sechs Prozent doppelt so sehr von den Wahlempfehlungen berühmter Personen beeinflussen, wie Frauen mit drei Prozent. Junge Menschen ließen sich weniger beeinflussen, als alte. Der Witz: Swifties – so nennen sich die Taylor-Fans selber – sind vornehmlich jung und weiblich und gehören damit gerade zu den Personengruppen, die sich am wenigsten von den Wahlentscheidungen ihrer Idole beeinflussen lassen.

Fünf Prozent entscheiden das Rennen

Drei oder sechs Prozent – das klingt zwar wenig, aber es kann im Falle eines knappen Ausgangs genug sein, um ein Wahlergebnis zu kippen. Mit fünf Prozent mehr Stimmen auf einer Seite wären die beiden letzten US-Wahlen jeweils umgekehrt ausgegangen: 2016 hätte Hillary Clinton gewonnen, sie lag in ihrem Ergebnis damals nur knapp zwei Prozent hinter Trump. 2020 wäre es umgekehrt gewesen, Trump verlor mit knapp fünf Prozent weniger Stimmen gegen Biden.

Derart knappe Kopf-an-Kopf-Rennen im Wahlergebnis sind außerdem gerade in den Vereinigten Staaten nicht selten. Die oft knappen Mehrheiten in den Bundesstaaten entscheiden darüber, ob die Demokraten oder die Republikaner das Land in den nächsten vier Jahre regieren. Der Einfluss von Stars ist also nicht zu vernachlässigen.  Vielleicht hatte die Biden-Administration dieselbe Erkenntnis –  sie wirbt derzeit um die Wahl-Unterstützung von Taylor Swift und anderen Prominenten.

Inhalte sind wichtiger als Stars

Doch Studien zeigen auch, dass andere Faktoren für eine Wahlentscheidung wesentlich ausschlaggebender sind als die Meinung eines Popsternchens: So gab die Hälfte der Menschen in einer Umfrage an, dass der Grund für ihre Wahlentscheidung das Wahlprogramm der Partei war. Eine charismatische oder vertrauenswürdige Parteipersönlichkeiten motiviert immerhin noch 20 Prozent für ein bestimmtes Kreuzchen auf dem Stimmzettel und 15 Prozent der Wähler fühlen sich ohnehin langfristig an eine bestimmte Partei gebunden.

Wenn die US-Republikaner also mit überzeugenden Inhalten auftrump(f)en, tolle Personen in ihren aufstellen, und persönliche Bindungen mit den Wählern herstellen würden, statt sich über die Hexenkräfte eines Popsternchens zu mokieren, wäre ihre Zeit also vermutlich wesentlich besser investiert.

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