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Der Mensch Karl der Große

Vor 1200 Jahren starb Karl der Große. Während die Stadt Aachen dem mächtigen Kaiser zu diesem Anlass Feierlichkeiten und Ausstellungen widmet, lohnt auch ein anderer Blickwinkel auf Karl den Großen: Ein Mann mit Liebe und Leidenschaften.
von wissen.de-Autor Thomas Krause, Januar 2014

Ein kleiner Junge tobt durch Gräben, die auf dem Grundstück seiner Eltern ausgehoben wurden. Vielleicht rennt er immer wieder durch die Gräben und stürzt, vielleicht spielt er mit Steinen oder Stöcken. Jedenfalls passiert ihm ein Missgeschick und der Siebenjährige verliert einen Milchzahn, so soll es der künftige Kaiser selbst einem Biographen erzählt haben. Es ist das Jahr 755 und der kleine Junge soll zum mächtigsten Herrscher in Europa aufsteigen: Karl der Große. Zu seinem 1200. Todestag widmet ihm die Stadt Aachen drei Ausstellungen: Vom 20. Juni bis 9. September 2014 beschäftigen sich die Ausstellungen mit seiner Macht, der Kunst, die während seiner Herrschaft entstand, und dem Schatz, den Karl der Große hinterlassen hat.  Auch Feierlichkeiten und Vorträge befassen sich das ganze Jahr über mit seiner Herrschaft.

Karl der Große
The Yorck Project, Berlin

Doch nicht nur als Kaiser fasziniert Karl der Große, auch als Mensch zeigt sich eine interessante Persönlichkeit. Allerdings ist über die Kindheit und Jugend Karls – abgesehen von einigen Daten und dieser Anekdote – wenig bekannt. Er wird wohl am  2. April 748 geboren und schon 754 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Karlmann zum König gesalbt.

 

Zwei streitende Brüder

Doch erst nach dem Tod ihres Vaters Pippin im Jahr 768 werden die Brüder Karl und Karlmann zu Königen erhoben – und schon bald geraten die Brüder in Streit. Als Karl einen Aufstand in Aquitanien niederschlagen will, verweigert Karlmann ihm die militärische Unterstützung. Es ist Mutter Bertrada, die zwischen den beiden streitenden Brüdern vermitteln muss. Im Jahr darauf arbeiten die Beiden wieder einträchtlich zusammen, als jeder die gleiche Anzahl Bischöfe zu einer Synode – einer Art Parlamentssitzung der Kirche – entsendet. Doch schnell bahnt sich der nächste Streit an: Beide nennen ihren erstgeborenen Sohn Pippin, um den Herrschaftsanspruch ihres Vaters auf ihre Söhne zu übertragen. 771 stirbt Karlmann überraschend und Karl übernimmt dessen Reich. Karlmanns Frau und Kinder verschwinden hinter Klostermauern.

Karls eigene Familie wird immer größer. Mindestens vier Mal heiratet Karl, mindestens vier Geliebte hat er. Achtzehn Kinder – acht Jungen und zehn Mädchen – zeugt Karl mit seinen Ehefrauen. Mit seiner ersten Frau bekam er Sohn Pippin. Schon kurz nach dessen Geburt verstößt Karl sie und heiratet 770 wegen eines Bündnisses die Tochter eines Langobardenkönigs. Doch nur ein Jahr später schickt er sie zurück zu ihrem Vater. Stattdessen heiratet er Hildegard, die wohl erst 13-jährige Tochter eines alemannischen Herrschers. Eine Verbindung, die Karl hilft, seine Macht im ehemaligen Herrschaftsbereich seines Bruders Kalrmann zu festigen und sich doch zu einer innigen Beziehung entwickelt. Karl liebt Hildegard sehr: Sie begleitet ihn auf zahlreichen seiner Reisen und schenkt ihm neun Kinder.

 

Karl verliert zwei geliebte Ehefrauen

Als sie kurz nach der Geburt einer Tochter am 30. April 783 stirbt, beschenkt Karl ihren Begräbnisort reich. In den Schenkungsurkunden für das Kloster bezeichnet Karl Hildegard  mehrfach als „über alles geliebte Gattin“. Sogar „allersüßeste Gattin“ nennt er seine verstorbene Frau. Seine Trauer hält ihn allerdings nicht davon ab, nur wenige Monate nach Hildegards Tod erneut zu heiraten: Fastrada, eine fränkische Adlige. Und auch hier scheint Liebe im Spiel gewesen zu sein. In Briefen an sie nennt Karl Fastrada „äußerst liebenswürdig“ und erwähnt auch die beiden gemeinsamen „süßesten Töchter“. Auf seinen Reisen hat Karl seine Frau vermisst. In einem Brief beschwert er sich bei ihr, dass er zu wenig von ihr hört: „Wir wünschen daher, dass Du uns mehr über Deinen Gesundheitszustand und über anderes, was Dich beschäftigt, anzeigen sollst. Und nochmals grüßen wir Dich vielmals im Namen des Herrn.“ Fastrada stirbt am 10. August 794 in Frankfurt, wohin Karl sie auf eine seiner Reisen mitgenommen hatte. Sie ist wohl Karls letzte Ehefrau, danach wendet er sich vermutlich Geliebten zu. Da die historischen Quellen für die folgende Partnerin unterschiedliche Namen benutzen, bleibt unklar, ob es sich um Ehefrau oder Konkubine handelt.

 

Innige Beziehung zu seinen Töchtern

Eine innige Beziehung pflegt Karl zu seinen zehn Töchtern. Wenn er zuhause ist, nimmt er die Mahlzeiten stets in Gesellschaft seiner Töchter und Enkelinnen ein. Wenn er auf Reisen geht, begleiten sie ihn oft. Karl selbst hat eine rednerische Begabung: Wenn er nachts aufwacht, steht er auf, lässt sich ankleiden und bittet Freunde zu sich, um sich mit ihnen zu unterhalten. Wohl auch wegen dieser Begabung lernen seine Töchter neben Astronomie auch viel über Grammatik, Gesprächsführung und Argumentation. Die gute Bildung der Töchter und das innige Verhältnis schlagen sich auch in einem Gedicht wieder: Während Karls Söhne im „Karlsepos“ nur kurz vorgestellt werden, schreibt der Dichter 50 Verse über das glänzende Auftreten seiner Töchter.

Zwischen Kriegszügen und Regierungsgeschäften pflegt Karl besonders zwei Leidenschaften: die Jagd und das Essen. Er reitet oft und gern zur Jagd. Seine Mahlzeiten bestehen meist aus vier Gängen. Am liebsten isst er Fleisch, das seine Jäger für ihn am Spieß braten. Seine Ärzte raten ihm von Gebratenem ab, doch der Verzicht darauf fällt ihm schwer. Karl beklagt sich auch, dass Fasten seiner Gesundheit schade. Nach einer Woche mit Fieber und Schmerzen stirbt Karl der Große am 28. Januar 814 in Aachen. Mit ihm haucht nicht nur ein großer Kaiser, sondern auch ein großer Lebemann des Mittelalters sein Leben aus.

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