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Die Herrn der Ringe

Richard Steiger

Das IOC

"In Würdigung der Verantwortung, [...] verpflichte ich mich, die olympische Bewegung nach meinen besten Kräften zu fördern, ihre Grundsätze, wie sie von Baron Pierre de Coubertin aufgestellt wurden, zu achten und zu bewahren und mich als Mitglied von allen politischen, kommerziellen und Verbandsinteressen freizuhalten."

Große Worte sind es, die jedes von der IOC- Vollversammlung neu berufene Mitglied zu schwören hat. Es bedarf jedoch keiner Argusaugen, um zu erkennen, dass dies alles nur leere Phrasen sind! Die Olympischen Spiele gehören nicht der Jugend der Welt, sondern sind alleiniges Eigentum einer elitären Gesellschaft, namentlich des IOC.
Man bleibt gerne unter sich. Etwa 120 alte, reiche Männer aus Geldadel, Diplomatie und Industrie, nicht zu vergessen die sieben Quotenfrauen (de Coubertin würde sich im Grabe umdrehen!) tagen hinter verschlossenen Türen, hinter den Türen der teuersten Hotels der Welt. Verständlich, dass das gewöhnliche Volk nicht in den Kreis dieser Auserwählten passt. Theoretisch ist die Mitgliedschaft eines "normal Sterblichen" zwar möglich, de facto aber noch nicht vorgekommen. Es ist etwas faul mit der olympischen Bewegung, die so reich und so moralisch bankrott ist wie nie zuvor.

Dass nichts, was in der Öffentlichkeit für Diskussionsstoff sorgen könnte, nach außen dringt, dafür wird gesorgt. Wer weiß heute schon noch, dass es zehn Tage vor der Eröffnung der Spiele von Mexico 1968 zu einem Massaker unter Studenten kam, die friedlich gegen Korruption und öffentlich unterschlagene Gelder demonstrierten! Der damalige IOC- Präsident Avery Brundage ließ dieses Verbrechen als interne mexikanische Angelegenheit auf sich beruhen und die Spiele abhalten.
Genauso wenig ist bekannt, dass der langjährige Präsident Juan Antonio Samaranch den fröhlichen Einmarsch der Athleten gerne zu einer Militärparade degradiert hätte. Eine strikte Disziplin, ein korrekter Gang und bitte nicht mit Fahnen oder Taschentüchern winken! Das sei doch nicht zu viel verlangt! Samaranch wusste wovon er sprach. Hatte er doch jahrelang als treuer Anhänger Francos zackig die Rechte zum Gruß erhoben, wenn sein Führer den Raum betrat!

Sich angesichts solcher Tatsachen nach der goldenen Zeit der olympischen Spiele zurückzusehnen, an den Anfang des 20. Jahrhunderts, als Baron Pierre de Coubertin selbst über 20 Jahre dem IOC vorstand, wäre allerdings trügerisch. Der Baron war selbst ein Mann der Elite genauso wie die meisten Gründungsmitglieder, die er in das IOC berief. Nichts fürchtete er mehr als den gesellschaftspolitischen Umbruch, die Demokratisierung und den Machtverlust des Adels. Mit dem Ideal der Stärkung und der internationalen Vereinigung der Eliten seiner Zeit im Hinterkopf, versuchte er die Rückbesinnung auf antike Ideale, welche realpolitisch natürlich längst überholt waren.

So ist das IOC heute vielleicht das, was es immer war: Eine Art Geheimorden für all die Mächtigen und Reichen, die auch weiterhin gerne unter sich bleiben!

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