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Fernwärme – Funktion und Möglichkeiten

Das Prinzip der Fernwärme ist an sich kein neues Konzept. Schon die Römer, die auch die Fußbodenheizung erfunden haben, haben mit heißem Wasser aus Thermalquellen und einem Rohrleitungssystem ihre Häuser beheizt und mit Warmwasser versorgt. Mit dem Untergang der Hochkultur ging auch das Wissen um Fernwärme verloren und war jahrhundertlang kein Thema mehr. Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts kam die Idee, Wärme über ein Rohrleitungsnetz zu transportieren, wieder auf.
Stahlwerk
Industrieanlagen sind häufig in Fernwärmesysteme eingebunden.

© AvigatorPhotographer, GettyImages

Durch die Zuleitung von Wärme aus der Ferne sollten verschiedene Probleme in Ballungsgebieten vermieden werden – beispielsweise die Gefahr durch offenes Feuer, die zum Heizen verwendet wurden, s

owie die vielerorts starke Luftverschmutzung. Erste Fernwärmesysteme entstanden zunächst in den Vereinigten Staaten, einige Zeit darauf dann auch in Deutschland, Skandinavien, China, der ehemaligen Sowjetunion und einigen weiteren Ländern.

Was ist unter Fernwärme zu verstehen?

Grundlegend bedeutet heizen mit Fernwärme, dass Gebäude über ein zentrales System mit Heizwärme und Warmwasser versorgt werden. Ein Energieversorger wie swb bringt die Wärme, meist aus einem Heizkraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung über ein Rohrleitungsnetz zu den Verbrauchern. Fernwärme lässt sich gut über Pump- und Übergabestationen transportieren, wird jedoch ab einer gewissen Rohrleitungslänge ineffizient. Deshalb befinden sich die Verbraucher in einem Umkreis von maximal 20 km um das Kraftwerk herum. Sind die Gebiete räumlich kleiner, dann ist von Nahwärme die Rede.

Die praktische Funktionsweise von Fernwärme

In Heiz- oder Blockheizkraftwerken wird Strom erzeugt. Bei der Stromerzeugung fällt sehr viel Abwärme an. Mit dieser Abwärme wird Wasser erhitzt, das dann über ein Rohrleitungsnetz zu Verteilerstationen und dann zu den Verbrauchern gelangt. An Übergabestationen wird die Wärme in die Gebäude eingespeist und steht dann für Heizung und Warmwasser zur Verfügung.

Fernwärme ist immer ein geschlossenes System, das einen Vorlauf und einen Rücklauf hat. Nach dem Wärmetausch kommt das abgekühlte Wasser zurück zum Versorger.

Wo entsteht Fernwärme?

Grundsätzlich kann jedes Heizkraftwerk, also Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung, Fernheizkraftwerke, Geothermiekraftwerke, Blockheizkraftwerke, Solarthermische Kraftwerke und auch Müllverbrennungsanlagen, Fernwärme erzeugen. Dabei lassen sich je nach Energieträger verschiedene Kraftwerke unterscheiden, die unterschiedlich nachhaltig sind:

  • fossile Energieträger
  • Müllverbrennung
  • Industriebetriebe mit Hochtemperaturanlagen wie in der Stahlproduktion
  • Solarthermie
  • Großwärmepumpen können Niedertemperaturwärme nutzen

Die Produktion von Fernwärme ist sehr flexibel und nicht nur auf einen Energieträger festgelegt. Daran ist das große Potenzial erkennbar, das mit Fernwärme zur Wärmeversorgung einhergeht.

Wie die Wärme zu den Verbrauchern kommt

Für Fernwärme gibt es ein universelles Transportmittel: Wasser. Wasser hat eine hohe Speicherkapazität für Energie und ist im flüssigen Zustand weniger gefährlich als Dampf. Zudem ist es leicht zu transportieren und es ist kostengünstig. Über ein ober- oder unterirdisch verlaufendes, wärmeisoliertes Rohrsystem entsteht ein Kreislauf, der vom Kraftwerk zum Verbraucher und wieder zurück führt. Trotz guter Isolation geht bei diesem Transportweg ein gewisser Grad an Wärme verloren. Das limitiert die Länge der Rohrleitungsnetze. Oft handelt es sich um eher lokale Versorgung in einem Nahwärmenetz, nur wenige hundert Meter lang bis maximal 20 km. In dicht besiedelten Gebieten mit vielen Produzenten kann das Netz auch deutlich länger sein. Die Endverbraucher nutzen das warme Wasser aus den Fernwärmeleitungen nicht direkt, sondern greifen die Energie per Wärmetauscher in der hauseigenen Übergabestation ab.

Fermwärmeleitung in der Dämmerung
Über ein geschlossenes Rohrleitungssystem mit guter Isolierung gelangt die Wärme zu den Verbrauchern.

© joruba, GettyImages

Wie ökologisch ist Fernwärme wirklich?

Mithilfe von Energie- und Klimapolitik will die EU die Treibhausgasemissionen und den Energieverbrauch reduzieren. Es kommen immer mehr erneuerbare Energien zum Einsatz, um die Energieversorgung sicherzustellen und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Fernwärme von swb kann dabei eine Lösungsmöglichkeit sein. Allerdings zielt sie darauf ab, Endverbraucher zentral zu versorgen. Eine Individualheizung ist dann faktisch untersagt.

Fernwärme wird sehr oft als besonders ökologisch dargestellt. Bei der Bewertung ist es allerdings notwendig, die einzelnen Wärmequellen zu betrachten. Je nach eingesetzter Energie und Technologie und auch je nach lokal erforderlichem Transportnetz, ist die Effizienz nicht überall gleich.

Darüber hinaus hat noch keine Liberalisierung des Marktes wie bei Strom und Gas stattgefunden, sodass wenige Versorger mit Monopol den Wettbewerb verhindern und die Fernwärme sehr teuer machen. Hinzu kommt, dass viele Kommunen in Neubaugebieten die Fernwärme verbindlich vorschreiben, sodass die Endverbraucher unter Zwang stehen. Sie können weder die Heizungsart noch ihren Versorger frei wählen. Obendrein sehen sich die Verbraucher mit langjährigen Verträgen konfrontiert. Sie müssen die nicht regulierten Preise des Anbieters akzeptieren.

Ökologisch interessant sind kalte Wärmenetze, die mit Temperaturen von weniger als 25 °C arbeiten und sehr effizient sind, weil unterwegs nur wenig Wärme verloren geht. Mit der dezentralen Wärmepumpe haben Verbraucher die Möglichkeit, ihr individuelles Heizsystem zu installieren.

Wann ist Fernwärme geeignet?

Fernwärme ist immer dann sinnvoll, wenn möglichst viele Nutzer da sind, um an das Netz angeschlossen zu werden. Der Bau des Rohrleitungsnetzes ist mit hohen Kosten verbunden. Damit eine solche Anlage wirtschaftlich ist, braucht sie eine gewisse Abnahmemenge pro Meter Leitungsnetz. Deshalb gibt es Fernwärme häufig in dicht besiedelten Gebieten. Jedes Gebäude sollte einen gewissen Energieverbrauch haben, damit sich der Anschluss auch für den Verbraucher lohnt.

Bei der Einschätzung, ob Fernwärme lohnenswert ist, ist ein Vollkostenvergleich sinnvoll. Dabei kommen alle Kosten, die im Zusammenhang mit der Heizung über die Nutzungsdauer anfallen, also Anschaffungs-, Wartungs- oder Schornsteinfegerkosten ebenfalls. Ein reiner Preisvergleich der Fernwärmepreise mit Öl- und Gaspreisen greift zu kurz.

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