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Streckensperrungen bei der Bahn: Ist Carsharing eine Alternative?

Die Deutsche Bahn hat ehrgeizige Pläne: Bis zum Jahr 2030 sollen 40 wichtige Teilstrecken grundlegend saniert werden, was allerdings mit monatelangen Streckensperrungen einhergeht. Millionen Pendler und Fernreisende müssen deshalb Alternativen finden, um von A nach B zu kommen. Wäre in diesem Zusammenhang Carsharing eine Möglichkeit? Welche Varianten gibt es? Und wie nachhaltig ist man als Carsharer unterwegs?
AMA, 27.03.2025
Symbolbild Carsharing vor dem Hintergrund der Streckensperrungen der Deutschen Bahn.

© leungchopan (Bahngleise), Faber14 (Carsharing), beide iStock

Dass viele Bahnstrecken eine Generalüberholung nötig haben, dürfte Pendler nicht überraschen. Um in Zukunft pünktlicher zu sein, plant die Bahn daher, insgesamt 40 hochbelastete Streckenabschnitte mit einer Gesamtlänge von mehr als 4.000 Kilometern bis 2030 grundlegend zu sanieren. Das geht allerdings mit monatelangen Streckensperrungen einher. 

So führen Bauarbeiten zwischen Warnemünde und Berlin (bis Dezember 2025) sowie im Knoten Berlin zum Beispiel zu Ausfällen und Umleitungen. Ab August 2025 wird die Strecke Berlin – Hamburg sogar für neun Monate komplett gesperrt. Auch im Knoten Frankfurt kommt es durch Sperrungen der Strecke Frankfurt – Stuttgart – München (April bis Juni 2025) zu erheblichen Einschränkungen. Millionen Pendler müssen somit in diesem Jahr auf Alternativen umsteigen. Könnte Carsharing ihnen helfen?

Was genau ist Carsharing?

 Carsharing ist eine Option für jeden, der gern Strecken mit dem Auto zurücklegen, sich dafür aber keinen eigenen Pkw anschaffen möchte. Beim Carsharing teilt man ein Auto mit anderen Nutzern, Fahrzeugbesitzer ist in der Regel das Carsharing-Unternehmen. Im Januar 2025 gab es hierzulande rund 300 verschiedene Anbieter, die in etwa 1.400 Gemeinden insgesamt 45.400 Carsharing-Fahrzeuge zur Verfügung stellten. Um eines dieser Autos nutzen zu können, müssen Kunden zunächst einen Rahmenvertrag mit dem Anbieter abschließen und können dessen Fahrzeuge dann rund um die Uhr selbstständig buchen – meist online oder per App.

Wie es nun weitergeht, hängt von der gewählten Variante des Carsharings ab. Beim stationsbasierten Carsharing stehen die Autos auf wohnungs- und arbeitsplatznahen festen Parkplätzen. Die Kunden holen das gebuchte Fahrzeug dort ab und bringen es nach der Fahrt wieder an denselben Ort zurück. Beim sogenannten free-floating Carsharing muss der Anfangsort der Fahrt hingegen nicht automatisch dem Ziel entsprechen. Denn bei dieser Variante stehen die Autos nicht auf festen Parkplätzen, sondern innerhalb eines definierten Gebiets. Wenn Kunden eines dieser Fahrzeuge buchen, müssen sie es nach der Nutzung einfach wieder irgendwo innerhalb dieses Gebiets abstellen.

Der Haken bei beiden Varianten jedoch: Die meisten Carsharing-Autos befinden sich in Großstädten. Wer auf dem Land wohnt, hat in der Regel deutlich größere Probleme, entsprechende Fahrzeuge zu finden.

Carsharing während einer Veranstaltung in Berlin
In fast allen deutschen Großstädten gibt es Carsharing-Angebote. Auf dem Land ist das Netz deutlich lückenhafter.

Wie viel kostet Carsharing?

Wie viel genau Carsharing kostet, ist je nach Anbieter und zurückgelegter Strecke unterschiedlich. Manche Unternehmen erheben eine Anmeldegebühr von rund 30 Euro, bei anderen ist die Registrierung kostenlos. Danach basieren die meisten Tarife auf einem Minuten-System, bei dem Nutzer im Schnitt zwischen neun und 59 Cent pro gefahrener Minute bezahlen müssen. Seltener sind Zahlungen pro Kilometer, die dann etwas teurer ausfallen. Kosten für Versicherung, Steuern, Tanken und Parken sind in der Regel jedoch bereits inbegriffen.

Im Vergleich zum eigenen Auto kann sich das durchaus lohnen. Wie der Bundesverband Carsharing errechnet hat, ist Carsharing bei einer zurückgelegten Strecke von 14.000 Kilometern pro Jahr günstiger als ein neu angeschafftes eigenes Auto. Selbst wenn man ein gebrauchtes Auto geschenkt bekäme, wäre Carsharing bei einer Strecke von bis zu 4.000 Kilometern im Jahr immer noch günstiger.

Der Vergleichswert für jemanden, der vorübergehend von der Bahn aufs geteilte Auto umsteigt, ist jedoch eher der Preis des Deutschlandtickets und nicht der eines eigenen Autos. In dieser Kombination kann Carsharing durchaus teurer ausfallen als die Fahrt mit Bus und Bahn. 

Wie nachhaltig ist Carsharing?

Insbesondere für Pendler, die vor den Streckensperrungen aus Umweltgründen mit der Bahn unterwegs waren, könnte Carsharing jedoch eine nachhaltige Alternative zur Fahrt mit dem eigenen Auto sein. Denn je mehr Menschen Carsharing nutzen, desto weniger Autos sind insgesamt unterwegs. „Jedes stationsbasierte Carsharing-Fahrzeug ersetzt je nach örtlichen Verhältnissen vier bis teilweise mehr als zehn Fahrzeuge, da die Nutzenden vielfach ihr eigenes Auto oder den Zweitwagen abschaffen“, erklärt das Umweltbundesamt.

Darüber hinaus sind Carsharing-Autos häufig neuer und damit potenziell effizienter als Privat-Pkw. „Die in den Carsharing-Flotten eingesetzten Fahrzeuge werden in der Regel schon nach drei bis vier Jahren ersetzt. Die energieeffizienten und modernen Carsharing-Fahrzeuge emittieren pro gefahrenen Kilometer weniger klimaschädliches CO2 als durchschnittliche private Fahrzeuge in Deutschland“, so das Umweltbundesamt weiter. Im Vergleich zur Fahrt mit der Bahn kann Autofahren – egal ob geteilt oder privat – beim Thema Nachhaltigkeit aber natürlich nicht mithalten.

Fazit

Für Pendler, deren Bahnstrecken monatelang gesperrt sind, kann Carsharing durchaus eine gute Alternative darstellen – vorausgesetzt, man besitzt einen Führerschein und lebt in der Stadt. In Sachen Kosten und Nachhaltigkeit reicht Carsharing zwar nicht an die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln heran, da es aber nur um eine vorübergehende Lösung geht, können eingeschworene Bahn-Pendler dennoch guten Gewissens aufs geteilte Auto umsteigen.

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