Programme zum Gehirnjogging und IQ-Training haben Konjunktur. Aber bringen sie überhaupt was? Kann man seinen Intelligenzquotienten steigern oder muss man mit den Fähigkeiten leben, die einem in die Wiege gelegt wurden? Die Meinungen darüber gehen auseinander: Die einen schwören auf das Gehirnjogging, andere tun dies als Humbug ab. Aber wer hat Recht?
Klar ist: Die meisten von uns haben einen Intelligenzquotienten von 85 bis 115 und sind damit durchschnittlich begabt. Um dagegen zur kleinen Gruppe der Hochbegabten zu gehören sind ganz andere IQs gefragt, 130 sollten es schon sein – mindestens. Einen solchen Wert erreicht jedoch nur jeder 50. Mensch in Deutschland. Klar ist auch, dass die Gene für die Intelligenz eine wichtige Rolle spielen, zumindest ein Teil unserer geistigen Fähigkeiten wird uns in die Wiege gelegt. Aber wie ist das mit dem Rest? Lässt sich der angeborene IQ durch gezielte Förderung und IQ-Training steigern?
Bei Jugendlichen ist noch Luft nach oben
Nach dem aktuellen Stand der Forschung ist Intelligenz eine Eigenschaft, die bemerkenswert stabil bleibt. Der IQ von Erwachsenen lässt sich daher im Laufe des Lebens kaum mehr verändern. Anders sieht das aber bei Teenagern und Kindern aus. Bei diesen sind noch erhebliche IQ-Veränderungen möglich, weil sich ihre Gehirnstruktur noch flexibler anpassen kann. Im Alter von zwölf bis 16 Jahren beispielsweise können Verschlechterungen aber auch Verbesserungen um bis zu 20 Punkte auftreten, wie Studien zeigen.
Das würde bedeuten, dass sich Intelligenz zumindest bei Jugendlichen doch "trainieren" ließe. "Wir sollten daher vorsichtig damit sein, vermeintlich Leistungsschwache schon frühzeitig abzuschreiben, da sich ihr IQ nur wenige Jahre später signifikant verbessert haben kann", erklärt Sue Ramsden vom University College London. In vielen Ländern gebe es die Tendenz den weiteren Bildungsweg von Kindern schon relativ früh festzulegen – vielleicht zu früh.
Computerspiele trainieren auch den Geist
Relativ neu ist die Erkenntnis, dass auch Computerspiele bei Jugendlichen den IQ steigern können. Spielten sie in einem Experiment mit speziell entwickelten Programmen, die das logische Denken fördern, schnitten die so trainierten Kinder danach nicht nur in Intelligenztests besser ab. Auch ihre Leistungen in der Schule fielen deutlich und auf Dauer besser aus, berichten Forscher.
Bei Erwachsenen können Computerspiele zwar nicht mehr den IQ verändern, wohl aber einige geistige Fähigkeiten verbessern. Das tägliche Spielen des Spieleklassikers "Super Mario" beispielsweise vergrößerte bei den Versuchsteilnehmern Hirnbereiche, die für räumliche Orientierung, Gedächtnisbildung, strategisches Denken sowie Feinmotorik bedeutsam sind. Das belegt, dass sich bestimmte Hirnregionen durch Videospielen gezielt trainieren lassen. Und selbst Ego-Shooter können auch positive Effekte haben: Sie trainieren das Kurzzeitgedächtnis, wie 2013 eine Studie ergab. Denn die Spieler müssen genau beobachten, schnell auf visuelle und akustische Reize reagieren und sich oft auch Orte, Wege oder Dinge merken.
Gehirnjogging: Verbessert gezielte Fertigkeiten, nicht aber den IQ
Und was ist mit den vielen "Gehirnjogging" Programmen, die zurzeit auf dem Markt sind? Diese softwarebasierten Trainingsprogramme und Denkspiele können durchaus positive Wirkung zeigen. Allerdings: Sie verbessern nur die Fertigkeiten, die sie trainieren. Wenn man zum Beispiel eine Gedächtnistechnik zum Einprägen von Wortlisten trainiert, so gelingt es einem anschließend besser, sich Listen von Wörtern zu merken. Es gibt jedoch bislang nur wenig Hinweise darauf, dass dieses Training die Gedächtnisleistung insgesamt verbessert - und es nach Abschluss des Trainings etwa besser als zuvor gelingt, den verlegten Autoschlüssel zu finden.
Viele dieser Programm erfordern ein gewisses "um die Ecke Denken" – man muss komplexe und kreative Lösungen finden. Das fördert auch die Kreativität und hilft dabei, nicht in eingefahrenen Bahnen zu denken. Mithilfe von Gehirnjogging lassen sich demnach verschiedene Fähigkeiten trainieren, der Intelligenzquotient aber verbessert sich auf diese Weise wohl nicht, so die Experten. Bevor man Zeit und Geld für ein solches Programm aufwendet, sollte man ihrer Ansicht nach daher gut abwägen. Denn jede Stunde am Computer ist eine Stunde weniger, die man zum Beispiel mit Wandern, dem Lernen einer Fremdsprache, dem Ausprobieren eines neuen Kochrezepts oder dem Spielen mit Enkelkindern verbringen kann – und all diese Tätigkeiten trainieren das Gehirn ebenso wie ein Computerprogramm.