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Klimafolgen: Was kostet uns der Klimawandel?
Der zunehmende Ausstoß von Treibhausgassen und die globale Erwärmung haben schon jetzt zu messbaren Folgen geführt: Wetterextreme wie Dürren, Hitzewellen, Stürme oder Starkregen nehmen immer weiter zu, der steigende Meeresspiegel lässt Fluten höher auflaufen und gefährdet viele Küstengebiete. Allein der extrem trockene und heiße Sommer des Jahres 2018 hat in Deutschland zu teilweise massiven Ernteausfällen geführt. Vielen Landwirten vertrocknete der Mais auf den Feldern, andere mussten ihr Vieh verkaufen, weil Weiden und Wiesen nicht genügend Grünfutter hergaben. Umgekehrt haben in den letzten Jahren anhaltende Starkregen-Perioden immer wieder zu "Jahrhundert-Hochwassern" geführt, bei denen ganze Landstriche im Wasser versanken.
Doch das ist erst der Anfang, wie zahlreiche Klimastudien ergeben haben: Forscher prognostizieren, dass vor allem die Wetterextreme mit dem fortschreitenden Klimawandel häufiger, intensiver und anhaltender werden – weltweit und auch bei uns hier in Deutschland. Das aber bedeutet, dass sich auch die negativen Folgen von Dürren, Hitzewellen oder Sturm und Hochwasser verschärfen werden – vor allem dann, wenn eine Region gleich von mehreren solcher Klimafolgen betroffen ist.
Sieben Prozent des globalen Pro-Kopf-Einkommens
Für die betroffenen Regionen bedeutet dies: Es wird teuer. Denn je schwerwiegender ein Land unter solchen Klimafolgen zu leiden hat, desto mehr Geld muss es für die Beseitigung von Schäden ausgeben, aber auch für Vorbeugungs- und Anpassungsmaßnahmen. Einer aktuellen Studie zufolge könnten allein die direkten Folgen eines ungebremsten Klimawandels die Menschheit bis zum Jahr 2100 gut sieben Prozent des globalen Pro-Kopf-Einkommens kosten – Anpassungskosten nicht einmal mit eingerechnet.
Betroffen wären von diesen Einbußen jedoch keineswegs nur die armen, tropischen Länder: "Diese negativen Effekte sind universell – sie treffen alle Länder, ob reich oder arm, warm oder kalt", betont Matthew Kahn von der University of Southern California. Einer weiteren Studie zufolge könnte es für die reichen Länder sogar besonders teuer werden. Denn wie Forscher um Katharine Ricke von der University of California San Diego feststellten, kommen die höchsten sozioökonomischen Kosten auf einige Staaten zu, die heute zu den größten Emittenten von CO2 gehören: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die drei Länder mit den weltweit höchsten CO2-Emissionen – China, die USA und Indien – auch die meisten wirtschaftlichen Folgen auf Landesebene tragen müssen", berichten die Forscher.
Für Städte wird es besonders teuer
Unabhängig von der Nationalität könnten die Klimafolgen zudem für Großstädte und Ballungsräume besonders teuer werden. Denn sie heizen sich bis zu zehn Grad stärker auf als das Umland, wodurch die Effekte sommerlicher Hitzewellen gravierender werden. Das wiederum führt zu einem vermehrten Energieverbrauch für Klimaanlagen und Kühlung, aber auch zu einem höheren Wasserverbrauch und vermehrten Gesundheitsprobleme der Bevölkerung.
Schätzungen zufolge könnten allein dadurch Städte bis zum Jahr 2100 2,6-fach höhere ökonomische Verluste erleiden als ländliche Regionen. Die am schwersten betroffenen Ballungsräume könnten sogar Einbußen ihres Bruttoeinkommens von bis zu 10,9 Prozent erleiden.
Und in Deutschland?
Schreitet der Klimawandel ungebremst weiter fort, könnten die Folgen allein in Deutschland zu vermehrten Kosten von knapp 800 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050 führen, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) vor einigen Jahren ausrechnete. Dies würde das deutsche Wirtschaftswachstum insgesamt um 0,5 Prozent verringern. Ohne Gegenmaßnahmen könnten sich die Gesamtkosten bis 2100 sogar auf bis zu 3.000 Milliarden Euro erhöhen, was einer ungefähren Vervierfachung gegenüber 2050 entsprechen würde.
Den Löwenanteil dieser Kosten machen Ausgaben für die Beseitigung und den Ausgleich von direkten Schäden durch Klimaereignisse aus. Dazu gehören beispielsweise Ernteausfälle und Waldschäden durch Trockenheit und Hitzewellen, wetterbedingte Schäden an Straßen, Schienen und anderen Teilen der Infrastruktur, aber auch Zerstörungen durch Tornados, Stürme oder bis 2050 rund zehn Zukunft Milliarden Euro ausmachen, wie die DIW-Forscher ausrechneten.
Ein weiterer Block sind Kosten, die durch Anpassungen an den Klimawandel anfallen. Das DIW schätzt diese für Deutschland bis 2050 auf rund 170 Milliarden Euro. Dazu gehören Maßnahmen zum Schutz vor steigenden Meeresspiegeln und Sturmfluten an den Küsten, aber auch Schutzmaßnahmen gegen die schon jetzt häufigeren und höher steigenden Hochwasser an Flüssen. In der Landwirtschaft muss in Zukunft mehr Geld für Bewässerung, neue Anbaumethoden und die Suche nach widerstandsfähigeren Nutzpflanzensorten ausgegeben werden.
Für die deutsche Fortwirtschaft bedeutet Anpassung, gezielt aufzuforsten und dabei auf Baumarten zu setzen, die besser mit Hitze und Trockenheit klarkommen. Im Tourismus müssen sich vor allem die Wintersportgebiete schon jetzt auf immer weniger Schnee im Winter einstellen. Um dennoch attraktiv zu bleiben, setzen sie schon jetzt häufig Kunstschnee und Schneekanonen ein. Längerfristig jedoch müssen sie alternative Freizeitangebote für Touristen anbieten – auch das kostet Geld.
Klimaschutz rechnet sich
Nach Ansicht der meisten Forscher lassen sich viele dieser Kosten vermeiden, wenn rechtzeitig in effektiven Klimaschutz investiert wird. Denn dann ließen sich die schwerwiegendsten und teuersten Klimafolgen noch abwenden. Würde man es beispielsweise schaffen, die Erwärmung auf maximal zwei Grad zu beschränken, wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, dann wären dafür zwar kurzfristig erhebliche Ausgaben nötig – beispielweise für die Förderung und Installation erneuerbarer Energien, für den Kohleausstieg oder für Umstellung der Produktionsweisen in der Industrie.
Langfristig jedoch ließen sich dadurch die Einbußen durch die negativen Folgen des Klimawandels stark verringern oder sogar vermeiden. Denn während Klimaschutzmaßnahmen vorübergehend teuer sind, sorgen Dürren, Stürme oder steigende Meeresspiegel Jahrhunderte lang für Schäden und Kosten. "Wenn die entwickelten Nationen einen größeren wirtschaftlichen Schaden in den kommenden Jahrzehnten abwenden wollen, wäre das Pariser Klimaabkommen daher schon mal ein guter Anfang", sagt Klimaforscher Kamiar Mohaddes von der University of Cambridge.