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Lebensmittel-Verschwendung: Weniger Brot in den Müll

Weißbrot, Graubrot oder Schwarzbrot, Brot mit ganzen Körnern, Schrot oder doch mit besonders feinem Mehl, Brot aus Weizen, Roggen oder Dinkel in verschiedensten Mischungsverhältnissen – in deutschen Bäckereien herrscht eine riesige Auswahl an verschiedenen Sorten. Diese Vielfalt hat jedoch einen hohen Preis: Wer viel anbietet, muss oft am Ende des Tages auch viel wegwerfen.
AKR / Fachhochschule Münster

Der traurige Rest

FH Münster/Fachbereich oe – fm

Jeder Bäckereibetrieb entsorgt im Schnitt pro Woche 2,7 Tonnen Brot. Die Backwaren im Wert von etwa 15.700 Euro – etwa dem Gegenwert eines Kleinwagens – enden bestenfalls in öffentlichen Tafeln, landen aber auch im Tierfutter, in Biogasanlagen oder gar im Müll. Das bedeutet nicht nur einen finanziellen Verlust für die Bäckereien. Tonnenweise Lebensmittel zu verschwenden, während in anderen Teilen der Welt Hunger herrscht, ist ethisch verantwortungslos.

 

 

Verschwendung ist nicht hinnehmbar

"Dass Lebensmittel bei uns verschwendet werden, ist angesichts der Not andernorts nicht hinnehmbar", sagt auch Guido Ritter von der Fachhochschule Münster. Denn diese Verschwendung ließe sich verhindern oder zumindest stark senken. Was beispielsweise die Bäcker gegen diese Verschwendung konkret tun können, haben die Forscher zwei Jahre lang zusammen mit insgesamt sechs Bäckereibetrieben mit sechs bis vierzig einzelnen Filialen untersucht und erprobt. In dieser Zeit haben die Wissenschaftler auch zum ersten Mal in Zahlen gefasst, wie viel Brot die Bäckereien tatsächlich alt werden lassen und entsorgen müssen.

Wie sich zeigte, war vielen Bäckern das Ausmaß der Verschwendung gar nicht bewusst: "Allein schon das Messen der Verluste hat dazu geführt, dass sie weniger wurden", so Ritter. Als die Bäckern schwarz auf weiß sahen, wie viel Brot am Tag übrig bleib und wie viel Verlust dies bedeutet, passten sie ihre Bestellungen an.

Was das Wetter mit dem Brot zu tun hat

Und noch etwas stellte sich heraus: Die Bäckereien können sehr viel Überschuss vermeiden, wenn sie vorhersehbare Ereignisse berücksichtigen. Denn das Wetter, beginnende Schulferien und sogar Heimspiele des örtlichen Fußballvereins haben Folgen für die Nachfrage nach bestimmten Brotsorten – bei Grillwetter steigt etwa eindeutig die Nachfrage nach Baguette.

Zusammen mit den Bäckereien haben die Wissenschaftler einige Leitlinien erarbeitet, mit denen sich die Brot-Verschwendung weiter reduzieren lassen soll. Viele der entwickelten Vorschläge waren für die beteiligten Bäckereien bereits sehr nützlich. So will etwa eine Bäckerei aus dem Münsterland ihre Bestellung für die Backstube weiter in den Nachmittag verschieben, um flexibler reagieren zu können. "Unsere Erwartungen an das Projekt sind übertroffen worden", so Bäckermeister Georg Krimphove aus Münster. "Die Empfehlungen für uns sind sehr wertvoll."

Auch die Kunden sind gefragt

Doch nicht nur die Bäckereien, auch die Verbraucher sieht Ritter in der Pflicht: In Deutschland wandern jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel auf den Müll, und auch das Einkaufsverhalten hat einen großen Anteil daran. Kunden müssten akzeptieren, dass sie ihr Lieblingsbrot nicht mehr garantiert auch kurz vor Ladenschluss noch kaufen könnten.

Einen Beitrag dazu könnte eine entsprechende Ausbildung der Angestellten in den Backstuben liefern. Wenn diese die Hintergründe erklären können, sind auch die Kunden eher bereit, gegebenenfalls auf andere Sorten auszuweichen. Wer absolut nicht auf sein bevorzugtes Brot verzichten will, der muss es unter Umständen vorbestellen.

Außerdem sei es wichtig, Lebensmittel nicht als mögliche Wegwerfprodukte zu betrachten, sondern ihnen entsprechende Anerkennung zu geben. "Gerade die bevorstehende Fastenzeit ist geeignet, über die Wertschätzung für Lebensmittel nachzudenken und sich der Ernährung bewusster zu widmen", sagt Ritter. Einen Leitfaden für Bäckereien wollen die Wissenschaftler in naher Zukunft veröffentlichen. Viele Informationen sind aber schon jetzt online verfügbar.

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