Lexikon
islạmische Philosophie
die systematischen philosophischen Bestrebungen in der islamischen Welt, von Andalusien bis Indien, meist in arabischer Sprache verfasst. In der islamischen Philosophie verbanden sich Islam mit altpersischen und altindischen Elementen sowie aristotelischer und neuplatonischer Philosophie. Obwohl auf die islamische Religion bezogen, entwickelte die islamische Philosophie ein eigenständiges, von der islamischen Theologie unabhängiges Denken.
Die islamische Philosophie entstand im 9. Jahrhundert aus einer Richtung der rationalen Theologie, der Mutazila, um Fragen der Willensfreiheit des Menschen, der Allmacht und Gerechtigkeit Gottes sowie der Beziehung Gottes zur Welt zu beantworten. Al Kindi († 873) entwarf eine Theorie der Vierteilung des Intellekts und eine neuplatonische Emanationslehre. An diese knüpfte Alfârâbi an, verband sie jedoch stärker mit aristotelischen Gedanken und aristotelischer Logik. Erstmals formulierte er eine politische Philosophie, in deren Zentrum eine gerechte Ordnung des Alls stand. Einflussreich wurde seine Ansicht, die philosophisch gewonnene Erkenntnis sei der Offenbarung und dem religiösen Gesetz übergeordnet.
Zu Beginn des 11. Jahrhunderts entwickelte Avicenna ein umfassendes philosophisches System, dessen zentrale metaphysische These die Einteilung der Wirklichkeit in das seinsnotwendige Göttliche und das bloß mögliche, abgeleitete Nichtgöttliche sowie die Unterscheidung von Essenz und Existenz war. Avicennas Werk entfaltete große Wirkung in der europäischen Philosophie des Mittelalters und der nachfolgenden islamischen Philosophie. Im 12. Jahrhundert entstanden im West-Islam Andalusiens nochmals neue philosophische Ansätze, die vor allem die christliche und jüdische Philosophie des Mittelalters beeinflussten. Höhepunkt war das Werk des Averroës, der den griechisch-arabischen Rationalismus gegen die wachsende Kritik der islamischen Theologie verteidigte. Im Ost-Islam stellte sich Suhrawardi († 1191) mit seiner Lichtmetaphysik, die mystische Strömungen des Sufismus aufgriff, der orthodoxen Reaktion entgegen. Im 13. Jahrhundert setzte sich die orthodoxe Theologie gegen die Philosophie weitgehend durch, ohne sie ganz zu verdrängen. Mullah Sadra Shirazi (* 1571, † 1640) fügte Gedanken Avicennas und Suhrawardis zu einem neuen System. Seither ist islamische Philosophie überwiegend Schulphilosophie, die besonders im islamischen Nordindien, seit dem 19. Jahrhundert auch in Ägypten, gepflegt wurde.
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