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Lockende Falle Supermarkt: Die Psychologie des Einkaufens

Duft-Offensive am Eingang, Rennstrecke mit attraktiven Hindernissen in der Mitte und verlockende Versuchung zum Schluss. Wer glaubt, vor Betreten des Supermarktes genau zu wissen, was er einkauft, der täuscht sich meist gewaltig. Denn durch gezielte Verkaufsstrategien und clevere Psychotricks schaffen es Supermarktbesitzer, dass unser Einkaufswagen am Ende voller ist als wir geplant hatten.
CLU, 28.03.2017

Spezielle Einkaufswagen für Kinder sollen diese dazu animieren, auch selbst zuzugreifen und ihre Eltern so zum Kauf zu bewegen.

thinkstock.com, Ingram Publishing

Wer kennt das nicht: Abends auf dem Nachhauseweg von der Arbeit will man nur noch schnell Brötchen und eine Packung Milch vom Supermarkt mitbringen. Doch wenn wir den Laden verlassen, ist die Tasche plötzlich voller als geplant mit Nudeln, Soße, Käse, Wein und Batterien. Wie Supermarktbetreiber es immer wieder schaffen, uns zum Konsum zu verführen, ist eine Wissenschaft für sich. Dabei machen sie sich unser emotionales Kaufverhalten zu Nutze und beeinflussen uns geschickt durch eine ganze Reihe von Tricks, sei es dem Einsatz von Hintergrundmusik oder der Temperierung auf die perfekte Einkaufstemperatur von 19 Grad Celsius, die uns weder träge werden, noch frieren lässt.

Wer da noch glaubt, er könne sich vor unüberlegten Impulskäufen durch das Schreiben eines Einkaufszettels schützen, der wird meist eine besseren belehrt. Tatsächlich sollen 70 Prozent unserer Kaufentscheidungen erst spontan im Markt erfolgen. Oft wissen wir erst, dass wir etwas wollen, wenn es uns im Markt angeboten wird. Und die Supermarktketten setzen alles daran, uns ihre Produkte so ansprechend wie möglich zu präsentieren.

Ein Bäcker in Eingangsnähe gehört zur Standardausstattung der meisten Supermärkte.

thinkstock.com, Piro4D

Phase 1: Der Empfang

Schon am Eingang spielen die Supermarktbetreiber ihren ersten Trumpf aus: den Duft von frischen, warmen Brötchen. Der Bäcker in Eingangsnähe gehört zur Standardausstattung der meisten Supermärkte. Er regt den Appetit an und lässt uns gleich beim Betreten des Ladens das Wasser im Mund zusammenlaufen. Dies führt unweigerlich dazu, dass wir mehr einkaufen als eigentlich geplant. Hungrige Kunden sind eben gute Kunden. Doch der Bäcker muss erst noch warten.

Also schnappen wir uns den Einkaufswagen und ziehen los. Unsere Tour beginnt dabei immer auf der rechten Seite des Ladens und führt uns gegen den Uhrzeigersinn durch die Regale hindurch. Dadurch kaufen wir angeblich bis zu zehn Prozent mehr, verglichen mit einer rechtsdrehenden Kundenführung. Das zumindest legen empirische Studien nahe. Der übergroße Einkaufswagen fördert ebenfalls unseren Konsum: Verdoppelt man seine Größe, kaufen Kunden bis zu 40 Prozent mehr.

Männer würden die Supermarktbesitzer übrigens am liebsten von ihren Frauen trennen - zumindest für die Dauer des Einkaufs. Denn die Damenwelt verweilt in deren Begleitung einer Studie zufolge nur halb so lange im Supermarkt wie sonst, und kauft entsprechend weniger. In manchen Filialen versucht man den Gatten daher schon am Eingang durch eine Würstchenbude unauffällig aus dem Verkehr zu ziehen.

Optische Visitenkarte: Ein bunter "Wochenmarkt" vermittelt uns einen umfassenden Sinneseindruck.

pixabay.com, TeroVesalainen

Phase 2: Der Dorfmarkt

Der erste Abschnitt des Supermarktes ist in der Regel die Obst- und Gemüseabteilung. Dies erscheint zunächst einfach nur unpraktisch, schließlich sollten druckempfindliche Bananen oder Beeren besser  ganz oben im Einkaufswagen liegen, um nicht von anderen Produkten zerquetscht zu werden. Warum also diese Produkte gleich zu Beginn anbieten?

Ganz einfach: Der Eingangsbereich ist der erste Eindruck, den wir von dem Laden erhalten. Dieser ist entscheidend, weshalb den Supermarktbesitzern besonders viel daran liegt, sich optimal zu präsentieren. Und frische Früchte, knackige Äpfel und duftende Kräuter sprechen nicht nur unsere Augen an, sondern liefern ein wahres Fest für die Sinne. Wir können die Waren riechen und anfassen, manchmal werden uns sogar kleine Kostproben angeboten. All das vermittelt uns einen umfassenden Sinneseindruck.

Zudem nimmt es uns die Angst, durch computerbearbeitete Produktbilder oder schwer überprüfbare Werbeversprechen hinters Licht geführt zu werden. "Versehen oder verhören kann man sich mal, das hat sich auch im Sprachgebrauch festgesetzt – verfühlen aber kann man sich nicht," erklärt Olaf Hartmann, Chef des Remscheider Multisense-Instituts, die enorme Bedeutung der "sinnlichen" Warenpräsentation. Die Dorfmarktatmosphäre wird durch passende Wandbilder und Dekoration verstärkt. Der Boden ist oft leicht uneben und im Stil von Holz oder Pflastersteinen gestaltet, was zusätzlich entschleunigen soll. So werden wir im Idealfall mit einem positiven ersten Eindruck entspannt auf die weitere Reise durch den Laden entlassen.

Die Produktverteilung in den Regalen sieht häufig willkürlich aus, folgt aber strengen Regeln.
Phase 3: Die Rennstrecke

Im Inneren des Ladens erwartet uns ein Parcours aus Regalen und Aktionsflächen. Doch auch dort ist nichts dem Zufall überlassen. Entlang der Wand führt uns linksdrehend der Hauptweg, die sogenannte Rennstrecke, durch den Laden. Wie bei der Gehegeverteilung im Zoo locken die Seitengänge mit eher "speziellen" Artikeln wie Backwaren, Soßen oder Fertignahrung, während die "Hauptattraktionen" Kühltheke, Fleisch- und Käsetheke den Kunden wieder auf die Rennstrecke zurückholen.

Die Produkt-Verteilung in den Regalen folgt ebenfalls strengen Regeln. Grundsätzlich gilt: die günstigeren Artikel sind eher oben und unten, sowie links im Regal zu finden. Um sich attraktiv in Augen- oder Griffhöhe der Kunden zu präsentieren, zahlen manche Hersteller tatsächlich extra Gebühren. Natürlich wird dieser Preis an uns Kunden weitergegeben, was ebenfalls dafür spricht, sich lieber aus den tiefer- und höher gelegenen Regalbrettern der Bück- und Reckzone zu bedienen.

In horizontaler Richtung folgt der Preis meist unserer Leserichtung, das heißt von günstigen Produkten links zu teuren Produkte weiter rechts. Um Letztere für den Kunden attraktiver zu machen, platzieren die Ladenbetreiber gerne in unmittelbarer Nähe noch teurere Artikel. Dadurch wirken die teuren Produkte auf uns plötzlich viel weniger kostspielig und wir sind eher bereit zuzugreifen. Auch Preise sind eben Gefühlssache.

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