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Pokémon GO treibt Zocker aus der Wohnung
Spielen mal anders: Statt in der stickigen Wohnung zu sitzen und gebannt auf den flimmernden Fernsehbildschirm zu starren, befindet sich ein Großteil der Zockergemeinschaft draußen. Die Sonnenstrahlen wärmen die Haut, eine kühle Brise zieht einem durch das Gesicht, während man entspannt durch den Park schlendert. Doch dann passiert es: Das Handy vibriert und auf dem Display erscheint ein kleines Wesen, welches einem Vogel nicht unähnlich ist: Ein Pokémon, genaugenommen ein Taubsi. Wir werfen mithilfe eines Wischs über dem Display eine rot-weiße Kugel (Pokeball) auf das Monster und sichern uns dieses kleine Wesen für unsere Sammlung.
Modernes Geocaching
Pokemon GO heißt das von Niantic Labs entwickelte Spiel, welches unter anderem GPS und Augmented Reality nutzt - eine computergestützte Erweiterung der Sinneswahrnehmung. Dabei bezieht das Spiel die Umgebung vollständig ein. So werden zum Beispiel Kunstdenkmäler oder die Stadtbibliothek zu kleinen Spielbereichen. Zu diesen kann man entweder laufen, um zusätzliche Gegenstände im Spiel zu erhalten oder um gegen andere Spieler anzutreten und die gesammelten Pokémon gegeneinander kämpfen zu lassen. Zusätzlich tauchen rund um die Bereiche die verschiedensten Monster auf, die man wiederum fangen kann. Der GPS-Tracker verfolgt dabei jeden unserer Schritte.
Das Spielprinzip orientiert sich am Geocaching. Hier suchen sich die Spieler gezielt Koordinaten heraus, um in der realen Welt bestimmte Orte, sogenannte Caches, zu finden. Haben sie diese aufgespürt, können sich die Sucher in einem Gästebuch verewigen und eventuell kleine Geschenke für den nächsten Spieler zurücklassen. Während beim Geocaching elektronische Geräte nur als Hilfsmittel genutzt werden, bilden sie bei Pokémon GO den Hauptbestandteil des Spiels. So kann es schnell mal sein, dass die Spieler lediglich auf ihr Smartphone starrend durch die Gegend laufen und dabei nichts von ihrem Umfeld mitbekommen.
Impuls für soziale Kontakte
Und trotzdem: Als soziales Antriebsmittelfunktioniert es. Die Menschen schließen sich via Facebook zu kleinen Gruppen zusammen und gehen gemeinsam auf die Suche nach den kleinen Monstern. An manchen Punkten sammeln sich Spieler, mit denen man wiederum ein gemeinsames Gesprächsthema hat. Es verhält sich ähnlich wie mit dem Rauchen. Die Leute treffen sich in den Raucherbereichen und nach einem „Hast du Feuer?“, kommt man meistens ins Gespräch.
Doch genauso wie beim Rauchen gibt es bei dem Spiel einigen Raum für Diskussionen. So gab es laut Medienberichten einige Verkehrsunfälle, da die Spieler beim Überqueren der Straße nicht auf anfahrende Autos, sondern auf ihr Spiel aufmerksam waren. Einige sprechen auch von Leichenfunden seitens der Spieler oder von jungen Leuten, die beim Verfolgen der Monster eine Klippe hinabstürzten. Wie groß das Risiko für solche Unfälle tatsächlich ist – und ob es höher ist als das anderer Apps, bleibt allerdings unklar.
Die Downloadzahlen sprechen dennoch für sich. Bei über fünfzehn Millionen Installationen gibt es genug Spieler, die sich von negativer Presse oder abfälligen Kommentaren nicht einschüchtern lassen. Das Spiel selbst hat allerdings noch ein paar Schwachstellen: Die Server stürzen regelmäßig ab, das GPS ist teilweise ungenau und der Spielverlauf häufig nicht flüssig. Es bleibt die Frage offen, wie sich das Spiel noch entwickelt und was es für zukünftige Computerspiele bedeutet.