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Um Ruhm und Ehre?

Richard Steiger

Olympia den Profis

"Ich schick Dich zu den Olympischen Spielen", war im antiken Griechenland eine beliebte Strafandrohung gegenüber ungehorsamen Sklaven. Hitze, Durst und 30.000 Sportfanatiker gedrängt auf engstem Raum. Das Zuschauen muss alles andere als ein Vergnügen gewesen sein. Aber die Griechen litten eben mit ihren Helden auf dem Kampfplatz.

Deren harte Vorbereitungsphase, die sich über Monate hinzog, wurde mit dem Gewaltmarsch von Elis nach Olympia über 60 km abgeschlossen.Und all diese Strapazen nur, um vielleicht als Sieger aus den Kämpfen hervorzugehen und mit dem Zweig vom heiligen Ölbaum bekränzt zu werden? Nach griechischer Vorstellung wohnten den Bäumen der heiligen Haine die Seelen der Götter inne.
Der Zweig als höchster ideeller Wert, Ruhm und Ehre als einzige Antriebsfeder menschlicher Anstrengungen? Man ahnt es bereits, das konnte nicht lange gut gehen. Irgendwann wurden die Sieger nicht mehr nur verherrlicht, sondern verwöhnt, schließlich bezahlt. Es gab Städte, die Olympiasieger kauften, um sich mit ihrem Namen zu brüsten. Und es gab Olympiasieger, die das Bürgerrecht von mehr als zehn Städten gleichzeitig innehatten. Das Geld hatte die Götter vom Olymp gestoßen, der Verfall der Spiele begann.

Was den Kämpfern der Antike der Ölzweig, ist heutigen Sportlern die Medaille. Und das liebe Geld?
Lange Zeit galt Artikel 26 der Regeln des IOC als unumstößlich. Der besagt, dass nur an Olympischen Spielen teilnehmen darf, wer noch nie eine materielle Vergütung irgendeiner Art für seinen Sport entgegengenommen hat. Das Reglement wurde immer wieder modifiziert (so war z.B. den Sportlern irgendwann ein bescheidenes Taschengeld zugestanden worden), das Problem der Scheinamateure aber blieb lange Zeit bestehen. Die Forderung nach olympischen Amateurismus passte gut zum Auftreten des IOC, das Gesetze verabschiedete, die die alten Herren mit Augenzwinkern zu brechen verstanden. Der olympische Eid war zu einer Farce degradiert. Die Forderung nach Hochleistungssport auf der einen Seite und dem selbstauferlegten Amateurtum auf der anderen hätte widersprüchlicher nicht sein können. Erst mit den Regeländerungen aus dem Jahr 1981 wurde auch den Profis die "offizielle" Teilnahme möglich.

Auch wenn damit eine der letzten Bastionen coubertin'schen Gedankenguts dem Kommerz ausgeliefert wurde, war dies ein logischer und wichtiger Schritt. Längst sind die Götterstandbilder durch Reklametafeln ersetzt, der Begriff sportlicher Ehre durch das Preisgeld. Der nüchterne Blick auf eine vom Pragmatismus infizierte Zeit ließ nur diesen einen Ausweg zu: Das Amateurproblem ein für allemal zu vergessen.

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