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Waldbrände: Wenn selbst die Arktis brennt

Die Welt brennt: Auf allen Kontinenten lodern zurzeit die Flammen, Waldbrände werden immer häufiger und großflächiger. Längst trifft es nicht mehr nur die Regionen, die schon immer durch sommerliche Feuer geprägt waren, wie Kalifornien, der Outback Australiens oder auch einige Gebiete im Mittelmeerraum. Inzwischen brennt es immer häufiger selbst in den Permafrostgebieten der Arktis - aber warum?
NPO, 23.08.2021

Cedar Creek Fire in Kalifornien, Juli 2021

InciWeb / U.S. Forest Service

Ob die jährlich wiederkehrenden Waldbrände rund um das Mittelmeer oder im Westen der USA: Dass es in Wäldern oder Buschland brennt, ist kein ungewöhnliches Szenario, denn natürliche Waldbrände gibt es schon so lange, wie Wälder auf der Erde existieren. Für die Natur sind solche natürlichen Feuer oft ein unersetzlicher und erneuernder Faktor. Sie beseitigen beispielsweise verdorrtes und abgestorbenes Unterholz und schaffen Licht und Platz für neue Pflanzen.

Feuer über dem Permafrost

Doch inzwischen brennt es immer häufiger auch dort, wo regelmäßige Feuer kein normaler Bestandteil der Natur sind. Ein Beispiel sind Taiga- und Tundragebiete jenseits des Polarkreises. Diese Permafrostregionen sind von Mooren, Marschen und anderen Feuchtgebieten geprägt und der Untergrund enthält viel Eis. Eigentlich müsste es daher dort viel zu feucht und kalt sein, als dass sich Feuer ausbreiten oder lange halten können – selbst wenn mal ein Blitz einschlägt und ein Baum oder Busch Feuer fängt.

Aber in den letzten Jahren brennt es im hohen Norden immer häufiger. Schon im Jahr 2020 hat die arktische Feuersaison zwei Monate früher als sonst begonnen und das Ausmaß der Brände war ungewöhnlich groß. Im Sommer 2021 brannten in der sibirischen Region Jakutien so viele Feuer wie noch nie – riesige Flächen standen in Flammen. „Wenn solche Brände alle 200 oder 500 Jahre auftreten ist es ein natürliches Ereignis”, erklärt Feng Sheng Hu von der University of Illinois in Urbana. Aber eine Häufung wie in den letzten Jahren sei nicht mehr allein durch natürliche Schwankungen erklärbar.

Waldbrand in Jakutien, Juli 2021. Bei der dunklen Fläche im Zentrum hanelt es sich nicht um einen Schattenwurf der Rauchwolken, sondern um bereits verbrannte Flächen.

NASA Earth Observatory images by Lauren Dauphin, using MODIS data from NASA EOSDIS LANCE and GIBS/Worldview and Landsat data from the U.S. Geological Survey

Zombie-Brände in der Tundra

Ein Symptom des Wandels im Feuergeschehen sind auch die immer häufiger auftretenden „Zombie“-Brände. „Diese Feuer können monate- oder sogar jahrelang unterirdisch in kohlenstoffreichen Torfböden schwelen“, berichtet Jessica McCarty von der Miami University. Selbst im Winter und Frühling bleiben diese versteckten Brände trotz Frost und Schneeschmelze lebendig, erkennbar sind sie oft nur am von der Erdoberfläche aufsteigendem Rauch.

„Einer der faszinierenden Aspekte dieser Zombie-Brände ist, dass sie keine neuen Auslöser wie Blitze oder Lagerfeuer benötigen, sondern eine Fortsetzung der Feuer aus dem Vorjahr sind“, erklärt McCarty. Das bedeutet: Ausgedehnte Tundrabrände schwelen den Winter über quasi unsichtbar im Untergrund weiter und brechen dann im Folgejahr wieder aus.

Permafrostzonen der Nordhalbkugel, Stand 2016

NASA Earth Observatory, Joshua Stevens

Symptom des Klimawandels

Nach Ansicht vieler Wissenschaftler sind die vermehrten Brände im hohen Norden ein Symptom der Veränderungen, die überall auf der Welt durch die Klimawandel ausgelöst werden. Tatsächlich kommt es gerade in der Arktis und beispielsweise in Sibirien oder dem Norden Nordamerikas immer häufiger zu Hitzewellen, die das Thermometer von den normalerweise frostigen Temperaturen bis auf 30 Grad und mehr heben.

Verschiebungen der großen atmosphärischen Strömungen sorgen dann dafür, dass ungewöhnlich heiße, trockene Luft in den hohen Norden strömt. Gleichzeitig schwächen sich die "Windautobahnen" ab, die die Hoch- und Tiefdruckgebiete rund um den Globus schieben und so für einen ständigen Wetterwechsel sorgen. Als Folge können warme, trockene Wetterlagen in diesen Regionen länger anhalten und so selbst die eigentlich feuchten Tundrengebiete zumindest oberflächlich austrocknen.

Einige Forscher vermuten sogar, dass es bei den Tundrabränden einen Kipppunkt gibt – eine Schwelle in den Klimabedingungen, ab der solche Feuer überproportional stark zunehmen. "Es gibt eine dramatische, nichtlineare Beziehung zwischen den Klimabedingungen und Tundrabränden“, erklärt Feng Sheng Hu. „Sobald die Temperatur zwischen Juni und September über eine Schwelle von rund zehn Grad Celsius ansteigt, erhöht sich die Häufigkeit von Tundrabränden drastisch.“

Fatale Rückkopplung

Das Problem dabei: Wenn sich Brände in den Permafrostgebieten des hohen Nordens häufen, dann hat dies auch Rückwirkungen auf das Weltklima. Denn in dem Dauerfrostboden sind enorme Mengen an altem, unzersetztem Pflanzenmaterial konserviert. Wenn es durch Feuer auftaut und verbrennt, setzt dies große Mengen an Treibhausgasen frei. Anders als der beim Verbrennen frischer Vegetation entstehende Rauch transportieren die Rauchwolken der Tundrabrände aber Kohlendioxid und andere Klimagase in die Atmosphäre, die zehntausende von Jahren im Boden gespeichert waren.

Wie die fossilen Brennstoffe setzen die arktischen Feuer so mehr Treibhausgase frei, als durch das aktuelle Pflanzenwachstum ausglichen werden kann.  Die Folge: Die Emissionen dieser Brände heizen den Klimawandel zusätzlich an – es bahnt sich ein Teufelskreis an.

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