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Wespen: Gefürchtet und doch unverzichtbar

Wespen haben einen schlechten Ruf. Egal ob Erdbeermarmelade beim Frühstück auf dem Balkon, oder Steak beim Grillen im Garten – offenbar schmeckt ihnen alles, was im Sommer Freude bringt. Gerade im Spätsommer scheinen sie allgegenwärtig und besonders aggressiv zu sein. Doch weshalb sind Wespen gerade jetzt so lästig und wozu braucht es sie überhaupt?
PST, 18.08.2022
Wespen auf einem Stück Himbeerkuchen

RelaxFoto.de, GettyImages

Insgesamt gibt es einige hundert Wespenarten in Deutschland. Wirklich bekannt sind allerdings nur zwei davon. Die Gemeine Wespe (Vespula vulgaris) und die Deutsche Wespe (Vespula germanica) sind diejenigen, die die meisten von uns kennen – und die für den schlechten Ruf dieser Hautflügler verantwortlich sind.

Süß und herzhaft

Anders als der Großteil der Wespenarten leben die Gemeine und die Deutsche Wespe sozial. Das bedeutet, dass sie im Sommer in großen Gruppen zusammenleben.Ende März bauen Wespenköniginnen ihre Nester aus Holz, Pflanzenfasern und Speichel, um ihre Völker zu gründen. Zu diesem Zeitpunkt benötigen die heranwachsenden Wespenlarven besonders viele tierische Proteine. Daher jagen Wespen dann vor allem Insekten wie Fliegen oder Stechmücken, oder suchen sich Aas, Fleisch oder Wurst.

Ausgewachsene Tiere ernähren sich dagegen hauptsächlich von pflanzlichen Produkten wie Blütennektar, verschiedenen Pflanzensäften und dem von Wespenlarven produzierten Zuckersaft. Im Spätsommer beginnen die Larven zu schlüpfen, weshalb die Wespenpopulation dann am größten ist. Bis zu 12.000 Tiere können in einem einzigen Volk leben. Dadurch, dass der Konkurrenzkampf um Futter erhöht ist und der Zuckersaft als Futterquelle wegfällt, müssen die Wespen andere zuckerhaltige Nahrung finden. Dafür eignet sich beispielsweise auch das Marmeladenbrot.

Wepe mit ausgefahrenem Stachel
Der Wespenstachel ist ursprünglich aus einem Ei-Legeapparat entstanden, weshalb nur weibliche Vertreter einen Stachel besitzen. Und im Gegensatz zu den Bienen dient der Stachel Wespen mehr zur Jagd als zur Verteidigung.

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Unbegründete Angst

In genau diesen Momenten beim Frühstück bricht bei vielen Menschen Angst oder gar Panik aus. Tatsächlich sind die Wespen im August und September nicht grundsätzlich aggressiver, sondern lediglich präsenter. Im Vergleich zu anderen Arten sind die Gemeine und die Deutsche Wespe eher friedlich. Ihren Stachel benutzen sie nur dann, wenn sie sich beispielsweise durch rasche und heftige Bewegungen bedroht fühlen oder selbst in Bedrängnis geraten.

Kommt es dann zu einem Stich, werden Pheromone freigesetzt. Durch diese Duftstoffe werden andere Wespen in Alarmbereitschaft versetzt und somit zum Stechen veranlasst. Auch vom Menschen ausgeschüttete Stresshormone können für diesen Effekt sorgen. Für normal empfindliche Menschen sind jedoch selbst mehrere Stiche in der Regel harmlos.

Auch im Vergleich zu Bienenstichen sind Wespenstiche weniger schmerzhaft. Das liegt daran, dass Wespen ihren Stachel beim Stechen nicht verlieren, da dieser glatt ist und keine Widerhaken besitzt. Er bleibt daher nicht in der Haut stecken. Durch den kürzeren Kontakt beim Wespenstich gelangt erheblich weniger Gift in den Körper als beim Stich einer Biene. Insgesamt mag ein Stich zwar nichtsdestotrotz unangenehm sein, Angstzustände sind jedoch nicht nötig. Meist wirkt das ängstliche Verhalten eher kontraproduktiv.

Wespen auf dem Kadaver einer Spitzmaus
Wespen arbeiten als Umweltpolizei, denn sie brauchen Fleisch für ihre Brut und zerlegen zu diesem Zweck auch Aas.

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Darum brauchen wir Wespen

Wespen sind nicht nur unter sich soziale Tiere, sondern übernehmen auch essenzielle Rollen in unserem Ökosystem. So sind laut Forschern des Fachmagazins „Biological Reviews“ 70 Prozent aller Wespenarten für den Menschen nützliche Parasiten. Als natürliche Schädlingsbekämpfer minimieren sie die Populationen von beispielsweise Blattläusen, Mücken, Bremsen und Fliegen und schützen somit auch Pflanzen.

Außerdem tragen Wespen zu einer schnelleren Verwertung von Aas bei und dienen selbst als Nahrungsgrundlage für Tiere, wie zum Beispiel Vögel und Spitzmäuse.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Bestäubung von Pflanzen. Weltweit werden rund 960 Pflanzenarten von Wespen bestäubt, 164 davon sind auf Wespen angewiesen. Einige Pflanzen bilden bestimmte Strukturen aus oder produzieren Duftstoffe, um Wespen gezielt anzulocken. Allein die sogenannte Honigwespe bestäubt circa 76 Pflanzenarten. Mit Ausnahme der Honigwespe haben die in Deutschland dominierenden Wespenarten zwar keine speziellen Sammel- und Transportvorrichtungen für Pollen, jedoch bleiben beim Sammeln des Blütennektar, von welchem sie sich unter Anderem ernähren, Pollen an den Haaren der Wespen hängen. So tragen sie dennoch zur Pflanzenbestäubung bei.

Aufgrund all dieser Aufgaben der Wespe im Ökosystem ist ihr Dasein essenziell. Daher sind sie, wie auch alle anderen wild lebenden Tierarten, nach den Vorschriften des allgemeinen Artenschutzes geschützt. Somit ist es verboten, sie „mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten“.

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