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Wie der Black Friday zum "Green Friday" werden kann
Bringen wir es auf den Punkt: Black Friday ist vor allem zusätzlicher Konsum. Viele von uns kaufen an diesem Tag, einfach weil es billiger ist – ob wir die Produkt wirklich benötigen, ist dabei manchmal zweitrangig: Wir kaufen das neue Smartphone, obwohl das alte noch funktioniert. Die fünfte Hose, die dann nur im Schrank liegt. Das jedoch füllt nicht nur unsere Schränke mit jede Menge ungenutztem Kram – der Konsumrausch verbraucht auch Unmengen an Ressourcen. Für die Umwelt und das Klima sind daher Tage wie der Black Friday wirklich schwarze Tage.
Nachhaltiger shoppen
Aber es geht auch anders: Man kann aus dem Black Friday einen Green Friday machen – einen ein Tag für nachhaltigen Konsum. Nachhaltigkeit heißt dabei aber nicht, auf alles zu verzichten. Stattdessen kann es schon viel bringen, wenn wir unser Konsumverhalten zu überprüfen und Alternativen finden, die unsere natürlichen Ressourcen schonen und bessere Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten fördern.
Ideen dazu gibt es schon: In vielen Bereichen leisten neue und an Nachhaltigkeitsprinzipien ausgerichtete Geschäftsmodelle bereits ihren Beitrag zu einer neuen Wirtschaft, die sich am natürlichen Kreislauf und menschlichen Bedürfnissen orientiert. Anhand von fünf Beispielen zeigen Florian Lüdeke-Freund von der ESCP Business School und Martin Bethke vom WWF Deutschland, wie nachhaltige Geschäftsmodelle funktionieren und wie diese einen Green Friday ermöglichen.
Ausrüstung und selten Genutztes mieten statt kaufen
Die Textilindustrie verursacht nicht nur Kohlestoffemissionen, sondern ist durch das Färben von Textilien auch der zweitgrößte Wasserverschmutzer weltweit. Dabei tragen wir einen Großteil der produzierten und gekauften Kleidung kaum. Für Outdoor-Ausrüstung gilt das erst recht: Das Zelt etwa wird für die zweiwöchigen Ferien benötigt, den Rest des Jahres verbringt es im Keller. Dabei könnte es durchaus öfter und intensiver genutzt werden, indem es weiterverliehen wird.
Wie das gehen könnte, zeigt zum Beispiel Vaude: Der Outdoor-Ausrüster hat eine Mietoption für seine Zelte, Rucksäcke und Radtaschen ins Leben gerufen. Kunden können Produkte für die Zeit mieten, in der sie sie auch nutzen und so Ressourcen schonen. Mietgeschäftsmodelle scheinen auf den ersten Blick wenig innovativ und alltäglich zu sein. Dennoch wird ihr Potenzial bislang kaum unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ausgeschöpft – hier besteht noch Ausbaupotenzial.
Gebraucht kaufen oder tauschen
Ob Kleidung, Möbel oder Spielzeug – bei vielen Anschaffungen könnte sich die Überlegung lohnen, ob es nicht auch ein gebrauchtes Teil sein kann. Das spart zum einen Abfälle und hält zum anderen Produkte, für die bereits Ressourcen verbraucht wurden, länger im Kreislauf. Im Internet finden sich bereits zahlreiche Plattformen für Gebrauchtes – vom generalüberholten Smartphone oder Laptop über Sekond-Hand-Designerkleidung bis zu Büchern und Spielzeug.
Vor diesem Hintergrund hat beispielsweise die Berliner Stadtreinigung (BSR) die NochMall initiiert: ein Kaufhaus mit gebrauchten Sachen, in dem auch Repaircafés stattfinden und über nachhaltige Produkte informiert wird. Dabei beschränkt sich der Second-Hand-Gedanke nicht nur auf Kleidung, das Sortiment umfasst vielmehr auch Möbel und Elektrogeräte, Haushaltswaren oder Bücher. Die Ware für die NochMall nimmt die BSR an ihren Recyclinghöfen oder direkt vor Ort an. Damit greift das Kaufhaus die Strategie auf, durch Wiederverwendung und Recycling ökologische Stoffkreisläufe zu schließen. Zudem profitieren Kunden von günstigen Preisen. Durch Workshops und gegenseitiges Helfen wird auch gleich noch etwas für die Gemeinschaft getan.
Lebenszeit verlängern auch bei Technik
Gerade Technikprodukte haben am Black Friday Hochkonjunktur. Aber gerade in diesem Bereich sind auch viele Käufe eigentlich unnötig – muss es wirklich immer das Gerät der neuesten Generation sein? Als Folge des reißenden Absatzes von Elektrogeräten aller Art steigt auch die Menge an Elektroschrott. Allein im Jahr 2018 fielen in Deutschland insgesamt gut 850.000 Tonnen gebrauchte Kühlschränke und Fernseher, Laptops oder Smartphones an – pro Kopf sind das rund zehn Kilogramm Elektroschrott.
Gebrauchte Elektronik muss jedoch nicht zwangsläufig verschrottet werden: Viele Elektrogeräte sind auch mit ein paar Jahren auf dem Buckel noch sehr gut nutzbar. Und wer trotzdem mal was anders möchte, der kann seine gebrauchten Geräte auch verkaufen, statt sie wegzuwerfen: Um gebrauchter Technik zu einem neuen Besitzer zu verhelfen und Elektroschrott zu vermeiden, sind Plattformen wie zum Beispiel Backmarket angetreten, ein Online-Marktplatz für wiederaufbereitete Elektrogeräte.
Andere Unternehmen wie Fairphone oder SHIFT setzen mit ihren Handys nicht erst am Ende des Lebenszyklus an, sondern denken schon das Produktdesign radikal anders: Das modulare Design von Smartphones und anderen Elektrogeräten unterstützt Langlebigkeit und Reparierbarkeit und bietet so eine echte Alternative zum alljährlichen Neukauf.
Sharing bei Autos, E-bikes und Co
30 Prozent des Kohlendioxid-Ausstoßes in der EU gehen auf den Transport von Waren zurück. Den größten Anteil daran wiederum hat der Straßenverkehr, der für fast 18 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich ist. Dass der Mobilitätssektor ein großes Potenzial für den Umweltschutz birgt, hat viele Anbieter auf den Plan gerufen. Eine große Zahl an Sharing-Modellen steht zur Auswahl.
Neben dem Car-Sharing wird an vielen Orten mit Ride-Sharing-Angeboten experimentiert, die etwa in der städtischen Rush Hour helfen können, Autos effizienter auszulasten. Auch Lastenfahrräder stehen inzwischen zum geteilten Nutzen bereit. Sie tragen ebenfalls erheblich dazu bei, Kohlenstoffemissionen aus dem Verkehr zu senken. Sharing-Geschäftsmodelle versprechen bessere Ressourceneffizienz durch intensivere Nutzung.
Lebensmittel: Online-Shop für Übriggebliebenes
Gerade bei Lebensmitteln führt der Konsum auch zu einer extremen Verschwendung: Pro Kopf landen im Schnitt 120 Kilogramm Lebensmittel im Müll. Oft werden dabei schon beim Bauern oder im Supermarkt Produkte aussortiert und weggeworfen, die eigentlich noch genießbar sind, aber kleine Schönheitsfehler haben oder deren Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht wurde.
Um der Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, sind Unternehmen wie zum Beispiel SirPlus angetreten: Das Start-Up kauft Lebensmittel, die kurz vor oder nach dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatum stehen und verkauft sie im Online-Supermarkt weiter – als einzelne Produkte oder auch als Box im Abo-Modell. Die Käufer tragen so dazu bei, weniger Lebensmittel zu verschwenden – und sparen im Übrigen gegenüber den Supermarktpreisen auch Geld ein.
SirPlus zeigt, wie verschiedene Geschäftsmodelldesigns kombiniert werden können: Lebensmittel, die von traditionellen Unternehmen betriebswirtschaftlich als Abfall gesehen werden, werden aufgewertet. Durch Digitalvertrieb und direkte Kanäle machen sie es den Käufern leicht, an diese Produkte heranzukommen. Auch Abo-Modelle gibt es inzwischen bei solchen Plattformen.
Diese fünf Ansätze sind nur einige Beispiele für Innovationen, die dabei helfen können, nachhaltig zu konsumieren, ohne Verzicht üben zu müssen. Der Green Friday muss nicht unbedingt bedeuten, dass wir leer ausgehen oder uns gar nichts gönnen dürfen. Dank einer immer größeren Auswahl an Online-Plattformen für nachhaltige Alternativen kann auch das Shopping am Black Friday ein wenig "Grüner" werden.