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Wie lassen sich Amokfahrten verhindern?

In den vergangenen drei Monaten ist es in Deutschland vermehrt zu Amokfahrten gekommen. Zuletzt fuhr ein 40-jähriger Deutscher mit einem Auto in eine Fußgängerzone in Mannheim und tötete dabei zwei Menschen. Vor solchen Taten könnten spezielle Barrieren schützen. Doch welche Modelle gibt es? Und wie werden sie getestet?
SSC, 07.03.2025
Einziehbare Antiterrorsperre in Lower Manhattan, 2019
Einziehbare Antiterrorsperre in Lower Manhattan.

© JayLazarin, iStock

In Mannheim geschah es Rosenmontag, in München Mitte Februar und in Magdeburg kurz vor Weihnachten: In den vergangenen drei Monaten ereigneten sich hierzulande gleich mehrere Amokfahrten, bei denen ein Täter mit hoher Geschwindigkeit gezielt in Menschengruppen fuhr. Um weitere solcher Taten zu verhindern, experimentieren Städte mit verschiedenen Schutzmaßnahmen.

 „Nizza-Sperre“ am Tag der Deutschen Einheit 2016 in Dresden
„Nizza-Sperre“ am Tag der Deutschen Einheit 2016 in Dresden. Wenige Wochen zuvor hatte ein Attentäter in Nizza 86 Personen mit einem LKW ermordet und mehr als 400 zum Teil schwer verletzt.

Was ist „Hostile Vehicle Mitigation“?

Bei größeren Veranstaltungen wie beispielsweise Weihnachtsmärkten stellen Städte zum Beispiel große Wassertanks oder Betonbarrieren in die Zufahrtsstraßen, um Amokfahrten zu verhindern. Doch das funktioniert nicht immer, wie unter anderem der Fall Taleb al-Abdulmohsen zeigt, der mit seiner Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt trotz aufgestellter Barrieren sechs Menschen tötete. Um sich Zugang zum Gelände zu verschaffen, nutzte er einfach einen Rettungsweg zwischen den Barrieren.

Straßen und öffentliche Plätze durch Barrieren zu schützen, hat im Englischen sogar einen eigenen Namen: Hostile Vehicle Mitigation (deutsch: Entschärfung feindlicher Fahrzeuge). Die National Protective Security Authority, eine britische Behörde, beschäftigt sich damit, wie Stadtplaner solche Barrieren in die Stadtarchitektur integrieren können.

 Betonpflanzenkübel als HVM-Maßnahme in Washington, DC
Massive Betonpflanzenkübel statt Poller, ein HVM-Beispiel aus Washington, DC.

© U.S. Government Accountability Office / Public Domain

Unauffällig in der Stadt

Eine Möglichkeit besteht zum Beispiel darin, Barrieren unauffällig zu designen, sodass sie sich in die Umgebung einfügen und keine Fußgänger behindern, aber trotzdem Schutz bieten. Dafür kommen auch anderweitig verwendbare Stadtmöbel wie Bänke, Fahrradständer und Pflanzenkübel infrage. Sie lassen sich so konstruieren, dass sie starken Kollisionen standhalten können.

Bäume können ebenfalls als natürliche Barrieren und Hindernisse wirken. Gleichzeitig können aber auch mehr Kurven und Versätze im Straßenverlauf verhindern, dass Fahrzeuge überhaupt erst hohe Geschwindigkeiten erreichen. Dann wäre der Zugang zur Innenstadt nicht automatisch für jegliche Fahrzeuge versperrt und Lieferwagen könnten trotzdem noch Geschäfte erreichen.

Arsenal-Schriftzug in Betonausführung vor dem Emirates Stadium in London
Der steingewordene Arsenal-Schriftzug vor dem Emirates Stadium in London ist eine Beispiel für eine "versteckte" HVM-Maßnahme.

© Dsims209 / Public Domain

Barrikaden im Crashtest

Um zu überprüfen, ob Bänke, Barrikaden und Co. einem Fahrzeugaufprall standhalten können, testen Ingenieure die Barrieren möglichst realistisch. Dazu lassen sie unbemannte Autos und LKW verschiedener Größen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten auf die Hindernisse zufahren.

Dabei variieren sie auch den Winkel, in dem die Fahrzeuge auf die Hürden treffen. Danach messen die Prüfer anhand der Eindringtiefe des Hindernisses, wie gut es das Fahrzeug aufhalten konnte. Geben die Prüfer grünes Licht, findet sich das getestete Hindernis womöglich bald in den Fußgängerzonen der Welt.

Welches energetische Niveau im Spiel ist, zeigt eindrucksvoll das nachfolgende Video.

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