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Adam Bousdoukos: „Für Träume kämpfen“

Die Filme von Fatih Akin haben ihn berühmt gemacht, heute steht Adam Bousdoukos, der Hamburger Schauspieler mit den griechischen Wurzeln, immer häufiger auch in Griechenland vor der Kamera – wenn er nicht gerade Zeit mit seiner Familie verbringt oder neue Stücke mit seiner Band einübt. Im Interview mit wissen.de erzählt der 39-Jährige, was ihn im Leben glücklich macht und wieso er nicht gern Politiker wäre.
von wissen.de-Redakteurin Alexandra Mankarios, Juni 2013

Adam Bousdoukos
Picture-Alliance GmbH, Frankfurt/Ingo Wagner

Wissen.de: Wie sieht ein ganz normaler Tag in deinem Leben aus?

Adam Bousdoukos: Gegen sieben Uhr stehe ich auf. Entweder weckt mich mein zweieinhalbjähriger Sohn oder ich wache von allein auf, weil ich meist früh ins Bett gehe. Manchmal schlafe ich sogar schon mit meinem Sohn zusammen um acht Uhr abends ein! Ich bereite das Frühstück vor, bringe den Kleinen gegen neun in den Kindergarten. Danach erledige ich mit meiner Frau zusammen die ganz normalen Haushaltsdinge: Einkaufen, putzen ... Um drei hole ich meinen Sohn wieder ab, dann gehen wir oft in Parks oder auf Spielplätze.

Wissen.de: Das Kind ist also eine deiner Hauptaufgaben?

Das Kind ist auf jeden Fall mein Hauptjob. Es ist auch der Job meines Lebens. Es gibt keinen Job, der mich so glücklich gemacht hat wie dieser.

Wissen.de: Arbeitest du auch gelegentlich?

Zwischendurch arbeite ich, ja (lacht). Die Schauspielerei erlaubt mir zum Glück, viel Zeit mit der Familie zu verbringen, das ist ein riesiger Vorteil. Wenn ich drehe, bin ich andererseits aber auch häufig für mehrere Wochen weg. Vor kurzem habe ich in Athen gedreht, da bin ich gependelt, war über mehrere Monate immer zweieinhalb Wochen am Stück dort, dann wieder hier. Es ist hart, die Familie so lange allein zu lassen, ich vermisse sie immer sehr. Aber es war für mich auch sehr interessant, bei einer griechischen Produktion mitzumachen.

Wissen.de: Arbeitest du jetzt häufiger in Griechenland?

Ich habe mehrere Anfragen bekommen. Im Moment habe ich zu Hause vier Drehbücher liegen, die alle mit der Krise in Griechenland zu tun haben. Einige Charaktere gehen wegen der Krise aus Griechenland weg, um ihr Glück in Deutschland zu versuchen. Andere gehen genau den umgekehrten Weg.

Wissen.de: Was hast du in Athen für eine Rolle gespielt?

Das war ein Kinofilm, eine deutsch-griechische Produktion. Es geht um einen älteren Mann, der in den 80er Jahren in Athen eine Jazzkneipe eröffnet hat. Früher lief der Laden super, aber jetzt in der Krise haben die Leute kein Geld mehr, um auszugehen. Um den Laden trotzdem zu halten, macht er Schulden bei rumänischen Gangstern. Ich spiele einen Griechen aus Deutschland, der für die Rumänen das Geld wieder eintreiben soll.

Wissen.de: Auch wenn man manchmal den Bösewicht spielt – Schauspieler gilt als Traumberuf. Hat dich die Schauspielerei verändert?

Schon als Kind wollte ich Schauspieler werden, obwohl ich gar nicht richtig wusste, was das bedeutet. Als ich mich dann Mitte der 90er Jahre das erste Mal selbst auf einer Kinoleinwand sah – in einem Kurzfilm von Fatih Akin –, da habe ich gedacht: Wow, ich hab's geschafft! Das hat mich sehr verändert. Ich hatte erkannt, dass man für Träume kämpfen muss und sie dann auch in Erfüllung gehen können.

Wissen.de: Gibt es noch andere Projekte, an denen du gerade arbeitest?

Ja! Zum Beispiel mache ich neben der Schauspielerei auch Musik, mit meiner Band Amane – ich bin der Sänger. Wir machen deutsch-griechischen Rock mit orientalischen Einflüssen: Unsere Tonleitern und Rhythmen sind griechisch, unsere Texte aber Deutsch und Griechisch. Und neuerdings auch Türkisch. Wir haben gerade einige Stücke auf Türkisch aufgenommen.

Wissen.de: Kannst du denn Türkisch?

Ich kann kein Türkisch, aber ich bin mit Türken aufgewachsen. Deshalb fällt es mir nicht so schwer, die Texte zu lernen.

Wissen.de: Wo kann man euch hören?

Wir haben gerade unsere erste CD aufgenommen, jetzt mischen wir ab. Gleichzeitig führen wir Gespräche mit ein paar Labels. Es gibt Interessenten in der Türkei und in Griechenland, in Deutschland haben wir jemanden, der uns managt. Wir wollen den Markt in Deutschland, der Türkei und Griechenland erobern!

Wissen.de: Du verbindest in deinem Beruf und in der Musik die Kultur verschiedener Länder. Betrachtest du dich als Migrant?

Nein, ich bin ja nicht von irgendwo anders hierher migriert. Meine Eltern sind in den 60ern nach Deutschland gekommen. Ich bin in Hamburg geboren und fühle mich hundertprozentig als Hamburger.

Wissen.de: Fühlst du dich auch als Deutscher?

Ich fühle mich nicht als Deutscher, ich fühle mich aber auch nicht wirklich als Grieche. Schon vor vielen Jahren habe ich für mich die Antwort auf diese Frage gefunden: Ich bin weder Grieche noch Deutscher. Ich bin Hamburger, hier wohne ich mit meiner Familie, hier leben meine Freunde. Da gibt es kein „fremd fühlen“ oder „als Migrant fühlen“. Trotzdem habe ich andere Wurzeln: Ich kenne die Sprache und Kultur beider Länder, und das nutze ich auch.

Wissen.de: Gibt es irgendetwas, was sich Deutschland deiner Meinung nach von anderen Ländern abgucken könnte – oder umgekehrt?

Jedes Land hat seine Vor- und Nachteile, und die sollte es nutzen. Deutschland ist ein wunderschönes Land – im Sommer zumindest. Und es hat eine recht stabile Wirtschaft, weil man sich hier früh um Industrie und Stabilität bemüht hat. Griechenland hat durch sein Klima und die Lage im Süden, mit dem Meer um die Ecke, andere Vorteile. Leider nutzt es diese Vorzüge nicht genügend aus.

Wissen.de: Trotzdem gibt es ja auch in Deutschland ein paar Probleme. Welches würdest du, wenn du Politiker wärst, als erstes anpacken?

Ich bin froh, dass ich kein Politiker bin! Alles ist so stark miteinander verflochten und selbst für Politiker schwer zu durchblicken. Uns geht es in Deutschland viel besser als in anderen Ländern, sicher auch auf deren Kosten.

Wissen.de: Das ist aber eine sehr pessimistische Sicht ...

Man sieht doch am Beispiel Syrien, wie wenig Politiker ausrichten können. Es macht mich sehr traurig, dass dort so viele Menschen sterben und sich keine Lösung findet.

Wissen.de: Was trägst du dazu bei, das Leben in Deutschland lebenswerter zu machen?

Ich konzentriere mich vor allem darauf, das Leben für mein direktes Umfeld, also meine Familie und meine Freunde schön zu machen.

Wissen.de: Vielen Dank für das Gespräch!

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