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Konzertsaal und Hospital: Jugendstil à la Domènech i Montaner

Gegen welchen Baustil wandte sich Domènech i Montaner?

Wie der katalanische Architekt der Art nouveau, Antoni Gaudí, so profilierte sich Lluís Domènech i Montaner (1850–1923) mit seiner Architektur als Gegenpol zu den historisierenden Stilen des 19. Jahrhunderts. Im weltoffenen Barcelona stieß derartige Baukunst auf besonders fruchtbaren Boden, auch und gerade, weil sie es ziemlich bunt trieb. Als Bauleiter ließ Domènech i Montaner die Bauwerke mit einer Fülle an Zierrat versehen.

Was ist in den Gebäuden zu sehen?

Im Musikpalast empfängt den Besucher ein Farbenmeer aus Mosaiken aus den Händen von Luís Bru i Salellas – so die Allegorie der Musik an der Bühnenrückwand des Konzertsaals – sowie Skulpturenschmuck von Eusebi Arnau i Mascort und die Buntglasfenster von Antoni Rigalt i Blanch im Konzertsaal.

Das Hospital de la Santa Creu i Sant Pau (erster Bauabschnitt 1900–1911) überwältigt unter anderem mit der großen Treppe der Haupthalle des Verwaltungspavillons und der dortigen Gewölbeverglasung von Antoni Rigalt i Blanch sowie mit der dreischiffigen Halle (Sala d'Actes). Beeindruckend ist auch die Gartenanlage.

Wie ist der Konzertsaal gestaltet?

Domènech i Montaners Palau de la Música Catalana, der katalanische Musikpalast, besitzt eine monumental-polychrome Schale. Mosaiken, Arkaden, Säulen voller Bruchkeramik und die von Miquel Blay entworfene Skulpturengruppe »Das volkstümliche Katalanische Lied« sind die Ouvertüre des Gebäudes. Dahinter verbirgt sich der in ein Farbenmeer aus Buntglasfenstern getauchte Konzertsaal mit außerordentlich reicher Ornamentik und schwebender Leichtigkeit.

Durch die Flut an orange-blau-gelben Glaselementen der umgekehrten Kuppel, einem Zwanzigzentnerwerk von Antoni Rigalt i Blanch, tropft das Licht auf Künstler wie Zuhörerreihen hinab. Beiderseits des katalanischen Wappenmosaiks lugen aus dem Halbrund der Bühne farbige Frauengestalten hervor, die auf Leier, Violine, Flöte, Dudelsack und Laute Melodien erklingen lassen, die zum Hören nah scheinen. Darüber fliegen Wagners Walküren in ihrer steinernen Plastizität heran. Und überall scheint die Natur üppig zu gedeihen: auf Kapitellen und mosaikverzierten Pflanzensäulen zur Straße hin, als Blumenflor und Girlanden auf Glasfenstermotiven oder als Blütenstände aus Rosen, die sich reliefartig über die Decke des Konzertsaals ziehen.

Wie präsentiert sich die Eingangshalle des Hospitals?

Wenn ein Kranker die Eingangshalle des Hospitals de la Santa Creu i Sant Pau betritt und den Kopf in den Nacken legt, sieht er eine rosafarbene Kuppelwelt, und sein Blick bleibt an einem gläsernen Leuchter haften, der aus den farbigen Höhen herabhängt und jedem pompösen Opernhaus zur Ehre gereichen würde. Glaubt man sich schon auf der falschen Bühne des Lebens, entdeckt man den Hinweis auf den Wartesaal für die Notaufnahme, und unterdessen rauscht draußen ein Ambulanzwagen vorbei.

Wie unterscheidet sich das Krankenhaus von anderen Kliniken?

Hier ist manches anders als in landläufigen Kliniken: ein Krankenhaus, das als Gesamtkunstwerk kolorierte Frische statt Sterilität zu bieten hat. Der in mehr als ein Dutzend große Pavillons gegliederte Komplex ist ein avantgardistisches Kleinod.

Wie wird das Krankenhaus heute genutzt?

Noch heute anästhesieren, operieren und bandagieren Krankenschwestern, Pfleger und Ärzte in einer Kulisse aus Backsteinbauten mit Schmuckeinlagen und Mosaiken, aus Pavillons mit verschnörkelten Türmchen und gekachelten Kuppeln in Blau und Gelb, in Grün und Orange. Von der Geburt bis zum Tod trägt das Leben einen gesunden Teint – Entbindungsstation und Pathologie sind gleichermaßen bunt dekoriert.

Wer nutzt den Konzertsaal?

Bis zu 2000 Besucher pro Auftritt, eine halbe Million pro Jahr, nehmen regelmäßig hier Platz, um Wohlklängen aus Klassik, Rock oder Jazz zu lauschen. Die Akustik gilt als perfekt, die Liste der Aufgetretenen liest sich wie ein »Who's who« der Musikgeschichte, von Herbert von Karajan bis Daniel Barenboim, von Plácido Domingo bis Montserrat Caballé.

Wussten Sie, dass …

der Konzertsaal von katalanischen Textilindustriellen in Auftrag gegeben worden war?

der Krankenhauskomplex mit Geldern aus dem Nachlass des Bankiers Pau Gil errichtet werden sollte? 1911 ging das Geld aus, als gerade ein Viertel der geplanten Gebäude fertiggestellt war.

beide Gebäude 1997 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt wurden?

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