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Vegetatives Nervensystem: Meisterhaftes Zusammenspiel

Welche Nerven arbeiten Tag und Nacht?

Das vegetative Nervensystem, das über die lebenswichtigen Grundfunktionen unseres Körpers wacht, ist 24 Stunden aktiv und steuert alle unwillkürlich ablaufenden, automatischen Funktionen wie Herzschlag, Verdauung und Atmung. Es besteht aus zwei Bereichen, dem sympathischen und parasympathischen Nervensystem, die in entgegengesetzter Weise auf unsere Organe einwirken. Sämtliche Informationen aus beiden Teilen des vegetativen Nervensystems verlaufen durch das Rückenmark.

Warum kann der Mensch seinen Pulsschlag nicht beeinflussen?

Die Anpassung der Herzaktionen an neue Bedingungen, z. B. an eine körperliche Belastung, steuert der Organismus autonom. Das vegetative oder autonome Nervensystem ist ein Teilbereich des Körpernervensystems. Es besteht aus motorischen Neuronen des peripheren Nervensystems (PNS), die Nervenimpulse vom zentralen Nervensystem (ZNS) an die glatte Muskulatur, die Herzmuskulatur und an bestimmte Drüsen übermitteln. Das vegetative Nervensystem steuert die unwillkürlichen, automatisch ablaufenden Körperfunktionen, z. B. die Pupillenerweiterung bei Dämmerung oder auch die Speichelbildung, wenn unsere Nase verlockende Essensdüfte wahrnimmt.

Was bewirkt die Homöostase?

Mit Homöostase wird die Aufrechterhaltung des inneren Gleichgewichts im gesamten Organismus bezeichnet. Angestrebt wird ein möglichst ausgeglichener Zustand des inneren Körpermilieus und der Körpersysteme wie Blutdruck, Säure-Basen-Wert (pH-Wert) sowie Sauerstoff- und Glucosespiegel des Bluts. Die Körperorgane und Gewebe hängen von homöostatischen Regelmechanismen ab, da sie nur innerhalb bestimmter Bedingungen, beispielsweise bestimmter Temperatur- oder Säurebereiche, optimal funktionieren können. Zur Erhaltung der Stabilität im Körperinnern nimmt das vegetative Nervensystem Feinstabstimmungen u. a. in Form von Hormonausschüttungen oder einer erhöhten Wasserresorption durch die Zellen vor. Kleinste Veränderungen werden von internen Sensoren registriert. Diese nehmen beispielsweise Dehnungen in den Wandungen von Organen oder Blutgefäßen oder den Anstieg von Kohlendioxid im Blut wahr. Sie senden dann über sensorische Neuronen konstante Impulse an bestimmte Bereiche des zentralen Nervensystems. In diesen Regionen werden eingehende Informationen analysiert. Danach werden über die Motoneuronen des vegetativen Nervensystems entsprechende Signale abgesandt, die die Aktivität der Erfüllungsorgane genau auf die eingetretene Veränderung abstimmen. Sobald ein Ungleichgewicht eintritt, versucht der Körper, durch entsprechende Aktionen das Gleichgewicht wiederherzustellen. Bei einem Anstieg des Kohlendioxids im Blut intensiviert das vegetative Nervensystem sofort die Atemtätigkeit, so dass die schädlichen Toxine beseitigt werden können und der Sauerstoffgehalt des Körpers steigt. Dieses Regelprinzip findet beispielsweise auch in den Bereichen Wasserhaushalt, Stoffwechsel, Kreislauf und Sexualfunktionen statt.

Warum schmerzt der linke Arm bei Angina Pectoris?

Vielen ist bekannt, dass die Angina-pectoris-Anfälle des Herzens mit Schmerzen im linken Arm einhergehen. Wie kommt es dazu? Grundlage für dieses und ähnliche Phänomene sind die so genannten Head-Zonen. So werden Hautbezirke bezeichnet, die einem oder mehreren inneren Organen zugeordnet werden können. Dieser Zusammenhang rührt daher, dass die sensiblen Fasern des willkürlichen und vegetativen Nervensystems einer bestimmten Hautzone demselben Rückenmarkssegment entspringen wie die des entsprechenden Organs.

Der Arzt kann sich diese Beobachtung in der Diagnostik zunutze machen. Ein Patient, der z. B. heftige Schmerzen im rechten Oberbauch und zusätzlich Beschwerden im rechten Schulterbereich hat, muss auf eine mögliche Erkrankung der Gallenblase hin untersucht werden.

Die Kenntnisse über die korrespondierenden Körperbereiche eröffnen zudem Wege der Therapie: Über den Hautbereich ist auch eine Einwirkung auf das entsprechende innere Organ möglich. So kann ein heißer Umschlag oder durchblutungsförderndes Einreiben Bauchkrämpfe mildern.

Obwohl diese Zusammenhänge bereits seit dem Altertum bekannt sind, war es der englische Neurologe Sir Henry Head (1861–1940), der dieses Phänomen ausführlich beschrieb.

Wie ergänzen sich Sympathikus und Parasympathikus?

Das vegetative Nervensystem besteht aus zwei Teilbereichen, dem sympathischen und dem parasympathischen System, die gegensinning (antagonistisch) arbeiten und so ein dynamisches Gleichgewicht schaffen. Die Nervenfasern des Parasympathikus verlassen den Hirnstamm durch die Hirn- oder Schädelnerven und den Kreuzbeinbereich des Rückenmarks durch die Rückenmarksnerven. Die Nervenfasern des Sympathikus dagegen treten im Brust- und Lendenteil des Rückenmarks mit den Rückenmarksnerven aus. Die meisten Erfüllungsorgane sind mit den Nervenfasern beider Systeme verbunden.

Durch die Freisetzung einander entgegengesetzt wirkender Neurotransmitter arbeiten die beiden vegetativen Teilbereiche antagonistisch. Noradrenalin wird durch den Sympathikus, Acetylcholin durch den Parasympathikus freigesetzt. Je nach Zielorgan kann jeder Neurotransmitter sowohl hemmende als auch anregende Wirkung ausüben. Unter der Kontrolle des Hypothalamus oder des Hirnstamms führen die gegensinnigen Aktionen des Sympathikus und Parasympathikus zu einem dynamischen Gleichgewicht, das auf die sich ständig ändernden Verhältnisse im Körperinnern reagiert.

Wofür ist der Sympathikus zuständig?

Ist der Körper durch große Anstrengungen, emotionalen Stress, starke Schmerzen oder großen Flüssigkeitsmangel belastet, löst das sympathische System Alarmbereitschaft oder Fluchtverhalten aus. Dies befähigt den Körper, sich auf die veränderten Anforderungen einzustellen, d. h., er reagiert mit Beschleunigung des Herzschlags und der Atmung, Erhöhung des Blutdrucks, Pupillenerweiterung und Erhöhung der Blutzufuhr zur Skelettmuskulatur. Gleichzeitig erfolgt die Drosselung der Blutzufuhr zu momentan »unwichtigen« Organen, wie dem Darm, sowie eine Stimulation der Leber, damit die energiereiche Glucose freigesetzt werden kann. Die Blutzufuhr zur Haut wird reduziert, die Funktion der Schweißdrüsen jedoch angeregt und der Betroffene erscheint blass – der kalte Schweiß steht ihm auf der Stirn. Für alle diese Aktivitäten ist der Sympathikus zuständig; entsprechend regt er den Energieverbrauch an.

Außerdem stimuliert der Sympathikus die Nebennieren zur Freisetzung von Adrenalin und Noradrenalin, den Nebennierenhormonen, die diese Alarmbereitschaft noch verlängern und verstärken. Dieser Zustand der Kampf- oder Fluchtbereitschaft diente in früheren Entwicklungsstufen des Menschen zur Abwehr von körperlichen Gefahren und ist heutzutage, wo die Belastungen mehr mentaler Natur sind, eher von Nachteil. In einer typischen, modernen Stresssituation, beispielsweise einem Verkehrsstau oder am Arbeitsplatz, ist uns leider mit einer Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfrequenz noch nicht geholfen.

Wann kommt der Parasympathikus zum Zug?

Bei allen eher nach innen gerichteten Körperfunktionen. Der parasympathische Bereich tendiert eher zu Speicherung und Aufbau von Energie während einer Ruhe- oder Erholungsphase. Er steuert die Verlangsamung der Herzfrequenz und stimuliert die Drüsen und Muskeln im Verdauungstrakt, um dadurch den Verdauungsprozess und somit die Energiezufuhr für den Körper zu beschleunigen.

Wie halten Sie Ihre Nerven gesund?

Über die Entstehung vieler Störungen des Nervensystems ist noch wenig bekannt. Dies macht gezielte Vorsorgemaßnahmen schwierig. Aber alles, was der Gesunderhaltung und lebenslangen geistigen Fitness dient, ist auch dazu geeignet, der Entstehung von Störungen des Nervensystems entgegenzuwirken.

  • Viele Erkrankungen des Gehirns, z. B. der Schlaganfall, sind auf Durchblutungsstörungen und eine verminderte Sauerstoffzufuhr zurückzuführen. In den meisten Fällen sind die Arterien verengt oder verhärtet. Neben dem Vericht auf das Rauchen können eine fettarme Ernährung und regelmäßige körperliche Bewegung dazu beitragen, die Arterien gesund und elastisch zu halten.
  • Andere Störungen des Nervensystems werden oft mit einem Mangel an Thiamin (Vitamin B1), Vitamin B12, Folsäure oder Zink in Verbindung gebracht. Sorgen Sie also dafür, dass Ihre Nahrung diese Vitamine in genügender Menge enthält. Sie finden diese Stoffe vor allem in Vollkornbrot, Gemüse, Innereien und in Meeresfrüchten.
  • Übermäßiger Alkoholgenuss dämpft die Leistungsfähigkeit des Nervensystems und kann auch die Nervenzellen im Gehirn schädigen. Das Nervensystem kann auch indirekt leiden, da Alkohol die gespeicherten Vitamin-B-Vorräte des Körpers abbaut. Durch schwere Stürze und Verletzungen unter Alkoholeinwirkung erhöht sich auch das Risiko von Schlaganfällen und Hirnschäden.

Was bedeutet …

Raynaud-Syndrom? Bei der »Weißfingerkrankheit« werden infolge vegetativer Fehlsteuerung durch Kältereize schmerzhafte Gefäßkrämpfe vor allem an den Fingern ausgelöst. Das Leiden trifft Frauen besonders häufig.

Hypohidrose? Hier liegt eine zu »geringe Schweißproduktion« vor – sie ist Folge einer gestörten Sympathikusfunktion.

Neurofibromatose? Diese erbliche Erkrankung mit der Bildung zahlreicher kleiner Tumoren im Bereich der vegetativen und peripheren Nerven ist kombiniert mit großen, bräunlichen Bereichen auf der Haut, den so genannten Café-au-lait-Flecken.

Sympathektomie? Bei der »Grenzstrangresektion« erfolgt eine operative Durchtrennung des Sympathikus, z. B. bei stark gesteigerter Schweißsekretion infolge einer Schädigung des Sympathikus.

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