wissen.de Artikel

Gewerbestrom vs. Privatstrom. Das sind die Unterschiede

Der Strom, den ein Gewerbetrieb benötigt, unterscheidet sich in der Realität nicht von dem Strom, den eine Privatperson aus der Steckdose erhält. Was jedoch veranlasst die Energieversorger dazu, Gewerbestrom und Privatstrom als zweierlei Produkte anzubieten? Ein Detailvergleich soll zeigen, welche Unterschiede wirklich bestehen.

Zwischen Gewerbestrom und Privatstrom gibt es einige Unterschiede. Diese werden in diesem Artikel näher beleuchtet.

unsplash.com, matthewhenry

Privatstrom vs. Gewerbestrom: Zeitpunkt und Menge variieren

Ein großer Unterschied ist die Menge des Stroms, der als Gewerbestrom oder als Privatstrom abgenommen wird. Energieerzeuger sprechen von Privatstrom, wenn jährlich Strom im Rahmen von 1.000 bis 5.000 Kilowattstunden verkauft wird. Das ist die Menge an Strom, die abhängig von der individuellen Nutzung und von den im Haushalt lebenden Menschen verbraucht wird.

Klingt viel, ist es aber im Vergleich zum Gewerbestrom nicht, denn die Menge ist letztlich ein entscheidender Unterschied: 10.000.000 Kilowattstunden sind für Gewerbetreibende mit einer großen Produktionsstätte keine Seltenheit. Häufig offerieren Anbieter von Gewerbestrom eine Abgabe mit einer Mindestbestellmenge zwischen 100.000 und 10.000.000 Kilowattstunden im Jahr. Für Über- und Unterschreitungen gibt es spezielle Regelungen.

Daneben ist auch der Zeitpunkt an dem der Strom „verwendet“ wird im Gewerbebetrieb und in der Privatwohnung häufig ein anderer. So kann es in einem Unternehmen, das im Schichtbetrieb produziert, durchaus vorkommen, dass der Stromverbrauch ähnlich hoch ist wie tagsüber. Dementsprechend zeigt ein Stromvergleich fürs Gewerbe auch: Hier handelt es sich meistens um einen Sondertarif.

Privatstrom vs. Gewerbestrom: Weniger Steuern fürs Gewerbe

Der Preis für den Gewerbestrom setzt sich – ähnlich wie es vom Privatstrom bereits vielen bekannt ist – aus mehreren Komponenten zusammen.

Privatstrom wird so berechnet: Der Mammutteil der Kosten besteht aus staatlichen Steuern und Umlagen. Das macht knapp die Hälfte der Kosten für Gewerbestrom aus. Der Rest entfällt in etwa zu gleichen Teilen auf die Leistungen des Energieanbieters und die Netzentgelte des Netzbetreibers.

Gewerbestrom wird so berechnet: Das Einsparpotential liegt hier vor allem im Bereich von Steuern und Umlagen. Anstatt 50 Prozent des Preises allein an Steuern und Umlagen zu bezahlen, liegt dieser Preisfaktor beim Gewerbestrom zwischen 15 und 30 Prozent. Gewerbebetriebe können mit Blick auf den Gewerbestrom an vielen Stellschrauben drehen: Stromsteuer, EEG-Umlage, KWK-Umlage, Offshore-Haftungsumlage und diverse Konzessionsabgaben sind die Punkte, an denen Sonderregelungen greifen können. Eine Umverteilung des Preises folgt an dieser Stelle zugunsten des Energieversorgers, was den Stromvergleich fürs Gewerbe umso wichtiger macht.

In einer Fabrik werden nicht nur größeren Mengen an Gewerbestrom verbraucht, sondern auch zu anderen Zeitpunkten - beispielsweise in der Nacht.

pixabay.com, Skitterphoto (CC0)

Privatstrom vs. Gewerbestrom: Unterschiede bei den Abrechnungsmodalitäten

Bei der Bezahlung der Stromlieferung wird in kleinere und größere Gewerbestrom-Kunden unterschieden: Kleinere Betriebe werden wie Privathaushalte behandelt. Das bedeutet, dass sie monatlich einen Preisabschlag bezahlen müssen, der im Vorfeld pauschal berechnet wurde. Am Ende des Jahres wird dann der darüber hinaus verbrauchte Gewerbestrom abgerechnet. Wurde der Verbraucher zu hoch veranschlagt, kann das Strom-Guthaben ggf. auf die folgenden Verbrauchsmonate umgelegt werden. Manchmal steigt dann die künftige vereinbarte Abschlagsmenge.

Bei Großabnehmern von Gewerbestrom (in der Praxis handelt es sich dabei meist um Industriekunden), senden sogenannte Leistungsmesser regelmäßig die Verbrauchsdaten an den Energielieferanten. So kann eine punktgenaue, monatliche Abrechnung erfolgen. Geschuldet ist dieses Vorgehen vor allem auch der Unkalkulierbarkeit der Strommenge in größeren Produktionsanlagen.

Privatstrom oder Gewerbestrom: Der Selbsttest

Natürlich weiß jede Privatperson um ihren Status als Privatperson und jeder Gewerbetreibende weiß um seinen Status als Gewerbetreibender. Wann jedoch der Knackpunkt ist, um „stromtechnisch“ in eine andere Rolle zu schlüpfen, das bedarf einiger Recherche und diverser Kalkulationen. Am häufigsten stecken im Übrigen Vereine und Freiberufler in der Strom-Zwickmühle. Dann gilt es zu prüfen, ob Gewerbestrom oder Privatstrom die passendere Option ist.

Diese Tipps gilt es auf dem Weg zum Stromanbieter zu berücksichtigen:

  1. Der Wechsel des Stromanbieters sollte nicht zeitgleich mit dem Wechsel in eine andere Strom-Art einhergehen. Das heißt auch: Wer heute den Anbieter wechselt, sollte nicht zeitgleich vom Privatstromkonsumenten zum Gewerbestromkonsumenten werden. Der Status der Strom-Order sollte erhalten bleiben, um eine valide Vergleichsgrundlage zu schaffen.
  1. Nicht jeder Gewerbetreibende ist auch zwingend ein Gewerbestrom-Kunde. Rein steuerrechtlich gibt es zwar eine Liste an freiberuflichen Berufen, die nicht als Gewerbebetriebe gelten, in der Praxis jedoch liegt der Unterschied vor allem in der Verbrauchsmenge. Das heißt: Für den Gewerbestrom gibt es eine Abnahmemenge, die nicht unterschritten werden sollte. Ein Check des Verbrauchs ist im Vorfeld der wichtigste Schritt.
  1. Vereinsvertreter und Freiberufler können in erster Linie selbst entscheiden, welche Strom-Art sie wählen wollen – ob Privat- oder Gewerbestrom. Auf das Finanzamt hat es im Übrigen keinen Effekt, ob die Stromrechnung als Gewerbestrom oder Privatstrom ausgewiesen ist. Wichtig für den Energieversorger ist es stattdessen, dass der Anbieterwechsel bei einem Verein von einem offiziell benannten Funktionär erfolgt. Zu belegen ist dieser Status mithilfe einer entsprechenden Vollmacht. Ein Beispiel: Kassenwart und Vorstand können diese Änderung für den Verein durchführen, ein „einfaches“ Mitglied hingegen nicht.

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon