wissen.de Artikel

Interview: On- oder Offline-Bewerbung?

wissen.de:
Sind Online und Offline Bewerbung heute gleichwertig, oder dient die Online-Bewerbung letztendlich doch nur mehr der Ankündigung der noch folgenden Bewerbungsunterlagen per Post?

Gero Hesse:
Diese Frage ist pauschal schwer zu beantworten. Bei Unternehmen, die in Ihrem Online-Auftritt einen Karriere-Bereich haben, kann man in der Regel davon ausgehen, dass es den Unternehmen lieber ist, eine Onlinebewerbung als eine Papierbewerbung zu bekommen. Damit meine ich keine Email mit Attachments, sondern den ausgefüllten Online-Bewerbungsbogen auf der Website. Ganz einfach deshalb, weil in der Regel der ausgefüllte Online-Bewerbungsbogen direkt in das Bewerbermanagementsystem des Unternehmens übertragen wird und so viel schneller und günstiger weiterverarbeitet werden kann. Der Bewerber spart im Gegensatz zur Papierbewerbung nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Für Bertelsmann lässt sich sagen, dass Bewerber mit Papierbewerbungen letztlich nicht benachteiligt werden, aber ganz sicher auch keine Vorteile haben. Sie müssen in der Regel auch deutlich länger auf Feedback warten, da bei uns die Unterlagen erst noch eingescannt und weiterverarbeitet werden müssen. Diese Schritte fallen bei Online-Bewerbungen weg.

wissen.de:
Oft stößt man bei Stellenangeboten im Internet auf vorgefertigte Bewerbungsformulare, die vom Bewerber ausgefüllt werden sollen. Andererseits versucht man bei Bewerbungen ja immer irgendwie aus der Masse herauszuragen. Was halten Sie also von dieser Formularform?

Gero Hesse:
Die Formularform wird sich langfristig definitiv durchsetzen, da eine viel bessere und schnellere Bearbeitung der Bewerberdaten geleistet werden kann. Aus Unternehmensperspektive sparen wir uns das Eintragen der Bewerberdaten in unser Bewerbermanagementsystem. Dies geschieht bei den Online-Formularen automatisch. Wir können die Informationen viel besser an die Fachabteilungen weiterleiten und bekommen von den Fachabteilungen das Feedback auch direkt in das Bewerbermanagementsystem eingespielt. Bei Bertelsmann sparen wir so ca. 60% an der Prozesszeit gegenüber Papierbewerbungen ein.
Aus Bewerberperspektive bietet die Formularform auch Vorteile: man weiß genau, welche Daten das Unternehmen benötigt, hat keine Kosten für eine aufwendige Papierbewerbung und das Porto und bekommt auch schneller Feedback.

wissen.de:
Zum Thema "Persönlicher Eindruck": Ist die Online-Bewerbung in dieser Hinsicht der klassischen Bewerbung ebenbürtig?

Gero Hesse:
Der Bewerber kann sich auch bei einer Online-Bewerbung über ein Formular sehr wohl abheben - vorausgesetzt, es besteht wie bei Bertelsmann die Möglichkeit, eigene Attachments mit anzuhängen. Ob die Unterlagen nun in Papierform oder elektronisch übermittelt werden, macht da keinen großen Unterschied. Auch bei einer Online-Bewerbung kann ich aufgrund der Anlagen, die ein Bewerber mitschickt, sehr wohl Rückschlüsse ziehen. Da ist es natürlich wichtig, dass die Unterlagen gut aufbereitet sind, keine Fehler enthalten sind und optisch einen guten Eindruck machen - genau wie bei einer Papierbewerbung. Wichtig ist, dass die Online-Formulare die Möglichkeit bieten, Attachments mitzuschicken.

wissen.de:
Welche Art der Bewerbung - online oder offline - finden Personalabteilungen eigentlich besser? Gibt es darüber Zahlen oder Umfragen?

Gero Hesse:
Eine konkrete Statistik zu dieser Fragestellung ist mir nicht bekannt. Allerdings kann man davon ausgehen, dass Unternehmen, die auf ihrer Recruiting Website einen Online-Bewerbungsbogen für Vakanzen und/oder Initiativbewerbungen haben, aus den genannten Gründen lieber eine Online-Bewerbung mit ausgefülltem Formular als eine Papierbewerbung bekommen.

wissen.de:
Welchen Bewerbungsmodus - offline oder online - würden Sie bei einer Initiativbewerbung vorziehen?

Gero Hesse:
Für Bertelsmann gilt grundsätzlich, dass wir mit einer Online-Bewerbung schneller und besser arbeiten können, als mit einer Papierbewerbung. Auf unserer Website kann man sich auch initiativ online bewerben. Papierbewerbungen haben hier keinerlei Vorteil.

wissen.de:
Sollte eine Online-Bewerbung kürzer sein als eine klassische Bewerbung?

Gero Hesse:
Nein - es sei denn, der Bewerber wird direkt darauf hingewiesen, dass er zum Beispiel aufgrund von Kapazitätsbeschränkungen beim Versenden von Anlagen nur eine bestimmte Anzahl von Attachments mit anhängen sollte. Die Anforderungen an das Bewerbungsanschreiben sind dieselben wie bei einer Papierbewerbung.

wissen.de:
Gehören in eine Online-Bewerbung die gleichen Unterlagen wie in eine klassische Bewerbung?

Gero Hesse:
Ja. Grundsätzlich wird eine Online-Bewerbung natürlich genauso ernst genommen wie eine Papierbewerbung. Das bedeutet für Bewerber, dass Sie auch dieselben Qualitätsmaßstäbe an eine Online-Bewerbung anlegen sollten, was natürlich auch die Qualität der zur Verfügung gestellten Informationen betrifft. In gut gemachten Online-Bewerbungsformularen haben Kandidaten die Möglichkeit, eigene Unterlagen per Attachment hochzuladen und an das Unternehmen bequem per Mail zu versenden. Für Bertelsmann relevant sind: Anschreiben, Photo, Lebenslauf und weitere Anhänge wie zum Beispiel Zeugnisse oder Beurteilungen. Im Idealfall füllt der Bewerber zusätzlich das Online-Bewerbungsformular auf der Website von myfuture aus. Dies ermöglicht uns eine erheblich schnellere Weiterverarbeitung der Bewerbung, da alle Daten direkt im Bewerbermanagementsystem an der richtigen Stelle gespeichert werden und so auch sehr schnell an Fachabteilungen weitergeleitet werden können.

wissen.de:
Spielt eigentlich der handschriftliche Lebenslauf noch eine Rolle?

Gero Hesse:
Möglicherweise gibt es noch Unternehmen, bei denen dies eine Rolle spielt. Für Bertelsmann gilt das nicht.

wissen.de:
Bringt der Verweis auf eine eigene Homepage "Zusatzpunkte"?

Gero Hesse:
Als zusätzlicher Hinweis kann das - abhängig vom Job, auf den sich der Bewerber bewirbt - Vorteile bringen, zum Beispiel bei Informatikern. Aber einfach nur eine Mail schicken mit dem Hinweis, man solle sich die Website mal anschauen, das genügt nicht. Da würden in der Regel sicherlich erst einmal die Bewerbungsunterlagen angefordert werden.

wissen.de:
Wie schätzen Sie die zukünftige Entwicklung ein? Wird sich die Online-Bewerbung auf Dauer gegen die herkömmliche Form der Bewerbung durchsetzen?

Gero Hesse:
Mit absoluter Sicherheit, da dies für alle Beteiligten die bereits genannten Vorteile bringt. Die Bewerber - zumindest bei Bertelsmann - sind recht internet affin und haben da keine Berührungsängste. Inzwischen bekommen wir 60% der Bewerbungen bereits über das Internet, Tendenz steigend. Uns ist es am liebsten, wenn sich ein Bewerber direkt über das Online-Bewerbungsformular auf unserer Website bewirbt.

Veröffentlichung, auch auszugsweise, ist nur unter ausdrücklicher Nennung von wissen.de gestattet.

Weitere Artikel aus dem Wahrig Herkunftswörterbuch

Weitere Artikel aus dem Vornamenlexikon