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Koalas in Gefahr
Sie sehen aus wie lebendige Plüsch-Teddys und riechen nach Eukalyptusbonbons: Koalas (Phascolarctos cinereus) gehören neben den Kängurus zu den bekanntesten Wahrzeichen von Australiens Tierwelt. Mit ihrem braun-grauen Puschelfell und den Knopfaugen gelten die Beuteltiere als Inbegriff der Niedlichkeit - wenn sie dann noch einen Baumstamm umarmen, muss man einfach in Entzückung verfallen.
Dieses Verhalten legen die Koalas übrigens an den Tag, um sich abzukühlen. Denn die Stämme einiger Eukalyptusbaumarten sind im Sommer oft mehrere Grad kühler als die umgebende Luft. Besonders wenn das Thermometer über die 30-Grad-Marke klettert, kuscheln sich Koalas eng an ihren Baum. Obwohl sie an warme Temperaturen gewöhnt sind, macht ihnen extreme Hitze nämlich ganz schön zu schaffen.
Hitzestress und Krankheiten
Aus diesem Grund gehören Koalas auch zu den Leidtragenden des Klimawandels: Die Hitzewellen, die den australischen Kontinent in letzter Zeit immer häufiger heimsuchen, verkraften die Tiere nicht gut. Doch das ist nicht das Einzige, was die charismatischen Tiere bedroht. So werden ihre Lebensräume, die Eukalyptuswälder, zunehmend durch menschliche Aktivitäten und klimawandelbedingte Dürren zerstört.
Hinzu kommt, dass einst eingeschleppte Arten wie Füchse und Wildkatzen Jagd auf die Koalas machen. Außerdem gehen unter den Säugern Krankheiten um, die den Populationen zusätzlich zu schaffen machen - unter anderem Chlamydien. "Infektionen mit diesen Bakterien können zu Unfruchtbarkeit und Blindheit führen", sagt Katherine Belov von der University of Sydney.
Opfer der Buschfeuer
All diese Faktoren haben dazu geführt, dass es um den Zustand der Koala-Populationen insgesamt schlecht bestellt ist. Die Zahl der Tiere geht seit Jahren zurück, wenn auch nicht in allen Verbreitungsgebieten gleichermaßen. Vor Beginn der Besiedlung Australiens durch die Europäer im 18. Jahrhundert sollen mehr als zehn Millionen Koalas auf dem Kontinent gelebt haben. Doch diese Zeiten sind lange vorbei: Inzwischen gilt die Spezies laut der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) sogar als gefährdet.
Und nun das: Die verheerenden Buschfeuer, die seit Oktober in Australien wüten, haben die Koalas weiter in Bedrängnis gebracht. In den Medien gingen in den letzten Wochen Bilder von verängstigten Tieren mit versengtem Fell um, die Helfer aus den Flammen gerettet hatten. Wie viele Koalas den Feuern bisher zum Opfer gefallen sind, weiß niemand so genau. Allein in einem Naturreservat in New South Wales soll Berichten zufolge jedoch die Hälfte der dortigen Koala-Population zugrunde gegangen sein. Demnach starben in dem Bundesstaat mindestens 350 Koalas.
Funktionell ausgestorben?
Was bedeuten diese Verluste für die Zukunft der Koalas? Im Zusammenhang mit den Bränden machte die Aussage Schlagzeilen, die Koalas seien in der australischen Landschaft "funktionell ausgestorben" - davor warnt unter anderem die Naturschutzorganisation Australia Koala Foundation.
Dieser Begriff kann zweierlei Dinge bedeuten: Ökologen verwenden ihn oft, um auszudrücken, dass eine Spezies ihre angestammte Rolle im Ökosystem nicht mehr erfüllen kann - ein Beispiel wäre, wenn ein Raubtier die Bestände seiner Beutetiere nicht mehr regulieren kann. "Funktionell ausgestorben" kann aber auch heißen, dass eine Art keine Zukunftschancen mehr hat.
Bestandzahlen unklar
Ob dies bei den Koalas der Fall ist, ist unter Experten allerdings umstritten - trotz der Verluste durch die jüngste Brand-Katastrophe. Das Problem: Wie viele der Beuteltiere aktuell auf dem australischen Kontinent leben, ist gar nicht im Detail klar. Die Australia Koala Foundation geht von 43.000 bis 100.000 Koalas aus. Es gibt aber auch Experten, die den Bestand auf weitaus mehr Tiere schätzen.
Der Grund für diese Schwankungen ist, dass Koalaforscher den Bestand etlicher Einzel-Populationen schlicht nicht genau kennen. Denn die unauffälligen Tiere sind schwer zu zählen. "Festzustellen, ob jede einzelne der Koala-Populationen funktionell ausgestorben ist, würde einen enormen Aufwand erfordern", erklärte neulich etwa Christine Adams-Hosking von der University of Queensland im Fachmagazin "The Conversation".
Maßnahmen für besseren Schutz
Trotz dieser Unsicherheiten sehen viele Naturschützer jetzt noch die Möglichkeit, den Koalas zu helfen. Um dies zu ermöglichen, handelt inzwischen auch die Politik - zum Beispiel die Regierung des Bundesstaats Queensland: Sie kündigte jüngst an, mehr als 570.000 Hektar im Südosten des Staates als Koala-Prioritätsgebiet auszuweisen. Auf dieser Fläche sollen zum Schutz der putzigen Tiere Eingriffe wie Waldrodungen künftig strenger begrenzt werden.