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Warum haben wir noch keine Außerirdischen gefunden?

Für die Science-Fiction ist der Fall schon lange klar: Es gibt noch unzählige andere Lebensformen im All, darunter auch hochentwickelte außerirdische Zivilisationen. Aber was sagt die Wissenschaft über die Chance intelligenten außerirdischen Lebens? Welche Faktoren dafür eine Rolle spielen, verrät die berühmte "Drake-Gleichung". Doch was genau beinhaltet sie? Wie viele Alien-Zivilisationen könnte es in unserer Milchstraße geben? Und wo stecken die alle?
NPO, 06.03.2023
Alien und Frau bei einem Fotoshooting

© BWFolsom, GettyImages

In Science-Fiction- Romanen, Filmen und Serien sind Aliens allgegenwärtig und der Menschheit oft weit überlegen. In einigen Szenarien verfügen sie über fortgeschrittene Technologie, die ihnen die interstellare Raumfahrt und die Kommunikation über galaktische Entfernungen hinweg ermöglicht. In anderen Science-Fiction-Welten sind die Außerirdischen dagegen eher raubtierhafte Insektoide, eroberungswütige Weltenzerstörer oder auch Maschinenwesen. Doch wie realistisch sind diese Szenarien? Wie viele außerirdische Zivilisationen gibt es wirklich dort draußen?

Die Drake-Gleichung

Die Wahrscheinlichkeit dafür beschreibt die in den 1960er Jahren von dem Radioastronom Frank Drake aufgestellte „Drake-Gleichung“. In ihr listet er sechs Faktoren auf, die die Wahrscheinlichkeit für außerirdisches Leben bestimmen. Zu den astronomischen Faktoren der Drake-Gleichung gehören Bildungsrate geeigneter Sterne in unserer Galaxie (R*), der Anteil der von Planeten umkreisten Sterne (fp) und der Anteil der Planeten in der habitablen Zone ihrer Sterne (ne).

Die biologischen Parameter beschreiben die Wahrscheinlichkeit, dass auf einem habitablen Planeten biologisches Leben entsteht (fl), dass dieses Leben eine Intelligenz entwickelt (fi) und dass dieses intelligente Leben zu einer technologisch fortgeschrittenen Zivilisation wird (fc), die imstande wäre, mit uns zu kommunizieren oder die zumindest potenziell detektierbare Signale aussendet. Der letzte Faktor (L) beschreibt die Überlebensdauer ein solchen Zivilisation.

Doch welche Zahlen stecken hinter diesen Parametern? Zu den astronomischen Faktoren gibt es inzwischen einige Erkenntnisse. So gibt es allein in der Milchstraße rund 100 Milliarden Sterne. Aktuellen Himmelsdurchmusterungen nach werden die misten von ihnen von einem oder mehreren Planeten umkreist. Selbst unser nächster Nachbar Proxima Centauri hat gleich drei davon. Für fp gehen Astronomen daher von im Schnitt einem Planeten pro Stern aus. Von den Exoplaneten der Milchstraßen könnte Schätzungen zufolge zwischen zehn und 40 Prozent lebensfreundlich sein. Für den astronomischen Teil der Drake-Gleichung bedeutet dies: Allein in der Milchstraße müsste es Milliarden habitable Planeten geben.

Robert-C. Byrd-Green-Bank-Teleskop des Green-Bank-Observatoriums, West Virginia
Der Radioastronom Frank Drake arbeitete Anfang der 1960er-Jahr am Green-Bank-Observatorium in West Virginia, wo er 1961 auf einer Konferenz auch seine berühmte Gleichung vorstellte. Dort steht heute mit dem Robert-C. Byrd-Green-Bank-Teleskop das größte bewegliche Radioteleskop der Welt, das passenderweise auch bei der Suche nach außerirdischen Leben zum Einsatz kommt.

© Carol M. Highsmith - Library of Congress Catalog: https://lccn.loc.gov/201563450 / Public Domain

Wie groß ist die Chance für die Existenz intelligenter Außerirdischer?

Aber könnte auf diesen Planeten auch intelligentes Leben entstanden sein? Dies ist bisher weniger klar zu beantworten. „Wir kennen bisher nur ein einziges Beispiel für das Vorkommen von Leben, Intelligenz und Technologie im Universum – uns“, erklärt der Astronom Adam Frank von der Rochester University in New York. „Wir haben daher keine Ahnung, wie wahrscheinlich es ist, dass sich auf einem beliebigen lebensfreundlichen Planeten intelligentes Leben entwickelt."

Trotzdem gibt es Versuche, diesen Teil der Drake-Gleichung mithilfe von Modellen und Simulationen auszufüllen. So schätzen Astronomen, dass im Schnitt auf jedem dritten lebensfreundlichen Exoplaneten im Laufe weniger hundert Millionen Jahren einfaches biologisches Leben entsteht, beispielsweise in Form von Mikroben. Der Astronom Seth Shostak vom SETI-Institut geht davon aus, dass sich auf einem von 100 solcher belebten Planeten irgendwann auch intelligentes Leben entwickelt – und dass zumindest einige dieser Kulturen lange genug überleben, um eine Zivilisation zu begründen. Shostaks Schätzungen nach müsste es daher in einem von 100 Millionen Sternensystemen technisch hochstehende Bewohner geben. „Allein in unserer Galaxie könnte es damit rund 10.000 außerirdische Zivilisationen geben – von anderen Galaxien ganz zu schweigen“, so der Astronom.

Es gibt allerdings auch deutlich pessimistischere Schätzungen. Die „Rare-Earth“-Hypothese geht beispielsweise davon aus, dass es in einer Galaxie viele Bereiche gibt, in denen die Bildung lebensfreundlicher Planeten mit komplexem Leben nicht möglich ist. Zu diesen „Todeszonen“ gehören unter anderem Gebiete mit hoher Dichte an massereichen Sternen und Supernovae oder das galaktische Zentrum mit seinem supermassereichen Schwarzen Loch.

Warum haben wir sie noch nicht gefunden?

Doch wo stecken all die Aliens? Trotz aller Suchanstrengungen haben Astronomen bisher kein einziges eindeutiges Signal von Außerirdischen finden können. Obwohl die nächste außerirdische Zivilisation den optimistischen Auslegungen der Drake-Gleichung nach nur rund 1.000 bis 2.000 Lichtjahre von uns entfernt leben könnte. Dennoch hat ein Besuch der Aliens bei uns bisher nicht stattgefunden – auch wenn UFO-Gläubige dies anders sehen.

Eine mögliche Antwort liegt in den enormen Entfernungen im All:  Ein Radiosignal von uns benötigt im günstigsten Falle mehrere tausend Jahre zur nächsten Alien-Niederlassung und umgekehrt. Doch die Menschheit hat erst in den 1930er Jahren die ersten kurzwelligen Radiosignale erzeugt, die die Ionosphäre der Erde durchdringen und ins All hinausstrahlen konnten. Außerirdische in mehr als 90 Lichtjahren Entfernung hätten demnach noch gar nicht bemerkt, dass es auf der Erde eine Zivilisation gibt. Umgekehrt wäre auch ein Signal von Aliens enorm lange zu uns unterwegs – möglicherweise kommt es erst an, wenn sich die Menschheit schon selbst zerstört hat.

Wollen die Aliens vielleicht nicht?

Doch wer sagt, dass technologisch weit überlegene Zivilisationen überhaupt auf so altmodische Weise wie mit Radiosignalen kommunizieren? Es ist durchaus wahrscheinlich, dass höherentwickelte Zivilisationen die Ära der Radiokommunikation längst hinter sich gelassen haben. Vielleicht nutzen sie eine Technologie, die wir noch nicht kennen oder nicht detektieren können. Auch das könnte erklären, warum wir bisher kein Signal von Aliens eingefangen haben.

Und noch etwas kommt hinzu: Vielleicht hat eine außerirdische Zivilisation gute Gründe, möglichst verdeckt zu agieren und nicht wahllos Signale oder automatische Sonden zu potenziellen Nachbar-Zivilisationen zu schicken. Diese Angst spielt auch bei uns Erdlingen eine Rolle, wenn beispielsweise darüber diskutiert wird, ob man bei Radiobotschaften ins All oder den mit Sonden mitgeschickten Piktogrammen den Standort der Erde angeben sollte. Entsprechend vorsichtig könnte auch eine außerirdische Zivilisation vorgehen.

Welche Erklärung auch immer zutrifft: Nach Ansicht der meisten Astronomen ist es durchaus wahrscheinlich, dass es irgendwo dort draußen intelligente Außerirdische gibt. Doch ob wir sie jemals entdecken und mit ihnen in Kontakt treten werden, ist ungewiss.

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