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Konflikte in einer unwirtlichen Welt

„Für dunkle Tage unterwegs“ hat Prof. Jörg Immendorff das erste Werk, welches in dieser Bibel gezeigt wird, genannt – ein Titel, der als Motto für die gesamte Bilderfolge, ja ein ganzes Leben stehen könnte.

Armin Sinnwell


Für dunkle Tage unterwegs
Prof. Jörg Immendorff

Alle 24 in dieser Bibel enthaltenen Bilder von Prof. Jörg Immendorff entspringen einer ganz persönlichen Auseinandersetzung mit den Grundlagen des Menschseins, die unauflöslich mit religiösen Fragen und Erfahrungen verbunden sind: Der Mensch ist in die Welt geworfen, ein Suchender mit unklarem Ziel, unendlichen Gefährdungen ausgesetzt. Gesellschaftliche Konflikte und individuelle Nöte vermischen sich zu einem Leidensdruck, der nach Erlösung ruft. Dieser Prozess wird bildhaft nachgestellt.

Dabei spielt es keine Rolle, dass Immendorff manche Bilder nicht ursprünglich im Zusammenhang mit der Bibel geschaffen hat. Das Werk eines lebenslang Suchenden und nun von einer heimtückischen Krankheit Betroffenen steht nahezu zwangsläufig in einem religiösen Kontext.

Ohne Titel
Prof. Jörg Immendorff
Die Bilder dieser Bibel sind also nicht als Illustration biblischer Geschichten im engeren Sinne zu verstehen, sondern als Reaktion auf den menschlichen Konflikt innerhalb einer unwirtlichen Welt. Durch die Besinnung auf die der Bibel zugrunde liegenden Spiritualität weisen die Bilder über sich selbst hinaus.

Der Endpunkt dieses grandiosen Weges zu den Sternen, durch die Nacht zum Licht, ist die Bibel selbst.

Die Erlösungsvision wird bewusst nicht künstlerisch gestaltet, sondern der Text tritt in sein Recht ein: „Am Anfang war das Wort. Das Wort war bei Gott, und in allem war es Gott gleich.“ Der Künstler gestaltet lediglich das Ringen um die Erlösung, aber nicht deren Einlösung. Insofern belässt er die Schranke zwischen diesseitigem Wissen und jenseitigem Ahnen, zwischen religiösem Bedürfnis und der Sicherheit im Glauben.
Ohne Titel
Prof. Jörg Immendorff

„Ich war nie daran interessiert, ein Leids-Drama zu malen“, sagt Immendorff über sein Werk und: „Mich hat nie interessiert, der deutsche Nationalkünstler zu sein. Das hielt ich immer für provinziell. Ich bin ein deutscher Maler, ich lebe in Deutschland, ich arbeite in Deutschland, ich habe einen deutschen Pass. Meine Kunst aber ist schon längst dem Pass weggelaufen, ist längst universell, zu einer Weltsprache geworden, in der wir uns alle berühren und in der wir spüren, die Welt ist viel zu klein, wenn wir zu den Kernfragen kommen: Woher kommen wir, wohin gehen wir, was kommt danach?"

Zusammengefasst geht es um einen „heilsgeschichtlichen“ Diskurs, der mit der Schöpfung beginnt und mit dem christlichen Heilsversprechen endet. Innerhalb dieses Prozesses wird der Mensch als aus dem Paradies Verstoßener gezeigt, der mit eigenen Schöpfungen das Paradies wiederzuerlangen sucht.

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