Lexikon

Positivsmus

[
lateinisch
]

Philosophie

eine erkenntnistheoretische Grundhaltung, die davon ausgeht, dass die Quelle aller menschlichen Erkenntnis das Gegebene, d. h. die positiven Tatsachen, ist. Bestimmend für den Positivismus ist das Exaktheitsideal der Naturwissenschaften. Der Positivismus lehnt alles das als unwissenschaftlich ab, was nicht beobachtbar und durch wissenschaftliche Experimente erfassbar ist. Metaphysische Argumentationen werden dementsprechend als Scheinprobleme abgetan. Als unwissenschaftlich abgelehnt werden auch ethische und theologische Fragestellungen. Der Positivismus geht sowohl von der Selbstverständlichkeit des wissenschaftlichen Fortschritts als auch von der Selbstverständlichkeit des Humanitätsbegriffs aus. Da jedoch gerade diese Annahmen heutzutage immer mehr in Frage gestellt werden, gerät der Positivismus zwangsläufig in eine Krise, die letztlich die gesamte Philosophie betrifft.
Ansätze zum Positivismus finden sich bereits in der Antike. Auch der englische Empirismus (insbesondere F. Bacon, J. Locke und D. Hume), der die menschliche Erkenntnis auf induktiv verfahrende Wissenschaften zu gründen suchte, kann als Vorläufer des Positivismus betrachtet werden. Fast gleichzeitig mit dem englischen Empirismus traten in Frankreich die Enzyklopädisten (insbesondere Alembert und A. R. J. Turgot) mit ähnlichen positivistischen Anschauungen hervor. Mit A. Comte („Rede über den Geist des Positivismus“ 1844), der auch die Bezeichnung „Positivismus“ einführte, erreichte diese Strömung ihren Höhepunkt. Der Positivismus Comtes ist wesentlich Geschichts- und Sozialtheorie. Er wurde von dessen „Schule“ sowie vom englischen Positivismus (insbesondere J. S. Mill und H. Spencer) weiterentwickelt. Wichtige Vertreter des deutschen Positivismus des 19. Jahrhunderts waren E. Mach und R. Avenarius.
Im 20. Jahrhundert setzten die Neopositivisten (Neopositivismus) des Wiener Kreises, dessen Hauptvertreter R. Carnap, O. Neurath, H. Reichenbach und M. Schlick waren, die Tradition des älteren Positivismus fort. Im Unterschied zu dem mehr erkenntnispsychologischen Positivismus des 19. Jahrhunderts ist der Neopositivismus ein logischer Positivismus. Während die älteren Positivisten auch die logischen und mathematischen Urteile für Erfahrungsurteile hielten, wiesen die Neopositivisten deren Unabhängigkeit von der Erfahrung nach. Unter Ablehnung metaphysischer Fragestellungen als „Scheinprobleme“ weist der Neopositivismus der Philosophie als deren alleinige Aufgaben die Aufarbeitung der Logik und die logische Analyse der Sprache zu.
Indem der Positivismus festgelegt hat, wie man Fragen stellen darf, damit man sich noch in dem von ihm festgelegten Rahmen der Wissenschaftlichkeit bewegt, führt er sich selbst in ein Dilemma: Durch die Enge der Festlegungen werden viele Fragen ausgeschlossen, die das menschliche Dasein unmittelbar betreffen (z. B. die Frage nach dem Sinn des Lebens oder die Frage nach den unbegrenzten Möglichkeiten des wissenschaftlichen Fortschritts). Es ist innerhalb des Positivismus nicht möglich, über die selbst gesetzten Grenzen hinauszufragen oder gar diese kritisch zu hinterfragen.

Rechtswissenschaft

In der Rechtswissenschaft versteht man unter Positivismus die Beschränkung des Rechtsbegriffs: 1. auf die vom Staat gesetzten (Gesetzesrecht) oder die sonst von der Rechtsgemeinschaft (z. B. als Gewohnheitsrecht) geformten sozialen Verhaltensnormen, unter Ablehnung jeder Beziehung auf Metaphysik und Naturrecht; 2. auf eine fest umrissene, der Einzelentscheidung vorgegebene Ordnung von Rechtsnormen einschließlich solcher des Naturrechts, im Gegensatz zu einer Verlagerung des Rechtsbegriffs in die Rechtsauffassung des Machthabers oder in die von ihm getroffene Einzelfallentscheidung (Dezisionismus) oder in die Ableitung aus konkreten, sich möglicherweise wandelnden psycho-sozialen Gegebenheiten.
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