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Merkmale der US-Präsidialdemokratie

Was das präsidentielle System der USA von einem System parlamentarischer Prägung wie der Bundesrepublik Deutschland unterscheidet, analysiert der Politikwissenschaftler Peter Lösche in diesem Beitrag, den wir mit freundlicher Genehmigung der Bundeszentrale für politische Bildung dem gerade aktualisierten Heft der Informationen zur politischen Bildung "Politisches System der USA" entnehmen.

Peter Lösche

Das US-amerikanische und das deutsche Regierungssystem stehen beide mehr oder minder in der Tradition der Gewaltenteilungstheorie, wie sie von dem französischen Staatsphilosophen Charles de Montesquieu (1689-1755) in der Mitte des 18. Jahrhunderts entwickelt worden ist. Nach dieser Theorie werden die drei Hauptaufgaben der Staatsgewalt, Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung (Legislative, Exekutive und Judikative), drei unterschiedlichen, von einander unabhängigen Staatsorganen zugewiesen, dem Parlament, der Regierung und den Gerichten. Mit seinen Fragen nach den Aufgaben und Befugnissen der drei unterschiedlichen Gewalten stellte Montesquieu die Grundelemente auch für aktuelle Analysen unterschiedlicher politischer Systeme zur Verfügung.

Mit Hilfe dieser Verfassungsorgane, ihrer Zuständigkeiten und ihrer Stellung zueinander lassen sich das US-amerikanische und das deutsche Regierungssystem beschreiben und ihre Verschiedenheit herausarbeiten. Beide gehören unterschiedlichen Typen demokratischer politischer Herrschaft an. Die Vereinigten Staaten stehen für das präsidentielle, Deutschland für das parlamentarische Regierungssystem. Das parlamentarische System hat sich aus der britischen Geschichte entwickelt und ist dort am reinsten vertreten, so dass auch vom "Westminster Modell" gesprochen wird. Dieses war nicht nur beispielhaft für die ehemaligen Staaten des britischen Commonwealth wie Indien, Australien und Neuseeland, sondern auch für manche europäische Länder wie Deutschland, das seinen Parlamentarismus allerdings relativ eigenständig im Spannungsfeld von Westminster Modell und eigenen Geschichtserfahrungen entwickelte.

Das präsidentielle System der USA ist von den Gründungsvätern in bewusster Abgrenzung gegen die absolutistischen Regime im Europa des 18. Jahrhunderts konzipiert worden. Es war Vorbild für viele lateinamerikanische Länder, aber auch für einige asiatische wie die Philippinen und Süd-Korea. Ein Vergleich des US-amerikanischen präsidentiellen mit dem deutschen parlamentarischen Regierungssystem zeigt zwar in beiden die Verfassungsorgane Legislative, Exekutive und Judikative, doch ist das Institutionenarrangement jeweils ein anderes. Bezogen auf seine Kompetenzen und Aufgaben ist der Bundestag kaum mit dem Kongress, der Kanzler schwerlich mit dem Präsidenten vergleichbar.

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