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Rekordhochwasser in Norddeutschland
Vor vier Jahren im Sommer haben sie entlang der Elbe vom Jahrhunderthochwasser gesprochen. Spätestens seit dem zweiten April-Wochenende 2006 wissen die von den Fluten ihres Flusses geplagten Anwohner: dieser Rekord sollte nicht lange Bestand haben. Politiker fordern internationale Zusammenarbeit.
Wieder hieß es in Norddeutschland: Sandsäcke füllen, Deiche stabilisieren und retten, was zu retten ist. Einen halben Meter über dem Höchststand von 2002 ist das Wasser im niedersächsischen Hitzacker gestiegen. Auch in Lauenberg bleibt die Lage trotz langsam zurückgehendem Wasser angespannt. 9,10 Meter wurden hier als Höchststand gemessen, auch das waren 40 Zentimeter über dem Wert von vor vier Jahren. Ein Pegelstand über neun Meter bedeutet auf jeden Fall Gefahr für die Altstadt. An der Elbe in Niedersachsen und Schleswig-Holstein wird man noch bis Ostern auf eine spürbare Entspannung warten müssen.
Auf 7,63 Meter war der Pegel der Elbe am 9. April in Hitzacker gestiegen. Damit wird selbst der historische Höchststand von 1895 übertroffen. Die Altstadt hat das fast vollständig überflutet. Einzige Hoffnung: der Hochwasserstand stagnierte seit Sonntag auf diesem Niveau und ging sogar ein klein wenig zurück. Die Prognosen ließen die Betroffenen dennoch nicht aufatmen, denn das Wasser soll noch bis zum Wochenende diesen Stand halten. Einige Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, zu kalt und zu feucht war es vor allem für die Älteren. Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) brachte die betroffenen Bewohner der Altstadt in Booten in höher gelegene Bereiche.
Auch das nahe Dannenberg ist von der Flut gefährdet, obwohl es nicht direkt an der Elbe liegt. Doch kann das Flüsschen Jeetzel derzeit nicht in die Elbe abfließen, ein Rückstau bedroht Dannenberg. Hier und auch in Hitzacker versuchte man Entlastung durch das Aufstellen von Spundwänden bei Lüggau zu schaffen. Rekordwerte wurden auch aus dem mecklenburgischen Boitzenburg gemeldet. Hier stieg der Pegel laut Krisenstab auf 6,74 Meter und damit 25 Zentimeter über den Stand von vor knapp vier Jahren.
Deutsche Politiker fordern unterdessen eine verstärkte internationale Zusammenarbeit beim Hochwasserschutz. Insbesondere für die Elbe soll es ein EU-Programm für den Deichbau, -ausbau und den Polderbau geben, beschloss das SPD-Präsidium. Auch solle die Bundesregierung in Absprache mit den Ländern die Möglichkeit einer Elementarschadenversicherung prüfen. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hat sich für einen Staatsvertrag zwischen den Elbeanrainer-Ländern ausgesprochen. Das würde bedeuten: wenn beispielsweise Brandenburg Polder flute, um Niedersachsen zu entlasten, dann müsse dieses im Gegenzug sich am Schadenersatz für die brandenburgischen Bauern beteiligen.