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Vor 70 Jahren: Als die D-Mark nach Deutschland kam
Als der Zweite Weltkrieg beendet war, lag Deutschland auch wirtschaftlich am Boden. Das Land war hoch verschuldet, es herrschte Mangel an fast allem und Lebensmittel gab es nur rationiert. Das bisherige Geld, die Reichsmark, war kaum mehr etwas wert. Wer etwas kaufen wollte, der tauschte oder zahlte in Zigaretten – der inoffiziellen Währung des Schwarzmarkts.
Für die Alliierten war klar: So konnte es nicht weitergehen. Sollte das besiegte Deutschland wirtschaftlich wieder auf eigenen Füßen stehen, musste eine Währungsreform her. Unter strenger Geheimhaltung trafen sich deutsche und US-amerikanische Finanzexperten in einem abgelegenen Militärstützpunkt und arbeiteten die Details dieser Reform aus. Nach knapp 50 Tagen lagen die Ergebnisse dieses "Währungskonklave" vor – der Grundstock für die D-Mark war gelegt.
Am 18. Juni 1948 wurden die "Gesetze zur Neuordnung des Geldwesens" bekanntgegeben. Über das Radio erfuhren nun auch die Bewohner Westdeutschlands und Berlins von der bevorstehenden Währungsreform. Am 20. Juni 1948 trat die Währungsreform in Kraft.
Die ersten Scheine waren amerikanisch
Treibende Kraft hinter der neuen Währung waren vor allem die US-Amerikaner. Einer von ihnen, der Finanzexperte und US-Leutnant Edward Tenenbaum, war es auch, der den Namen für die neue deutsche Währung vorschlug: "Deutsche Mark". Auch die ersten neuen Banknoten stammten nicht aus Deutschland, sondern waren in New York und Washington gedruckt worden. Einige Tage vor der großen Währungsreform wurden diese Banknoten unter dem Codenamen "Bird Dog" in 23.000 Holzkisten über den Atlantik verschifft. In Bremerhaven wurde die wertvolle Fracht ausgeladen und von dort in das alte Reichsbankgebäude in Frankfurt transportiert.
Die ersten neuen D-Mark-Scheine verrieten auch in ihrem Aussehen ihre Herkunft: Ihr Design erinnerte noch stark an US-Dollar-Noten. Im Gegensatz zu späteren Zeiten gab es damals auch noch Scheine mit den Werten eine halbe, eine und zwei D-Mark. Weil die erste Serie in den USA gedruckt worden war, fehlte auf ihr zudem noch Ausgabeort und -datum, sowie der Name der ausgebenden Bank.
Die Einführung: 40 D-Mark pro Kopf
Am 20. Juni 1948 war es dann soweit: In den drei westlichen Besatzungszonen wurde die neue Währung ausgegeben. In Westberlin begann die Umstellung erst drei Tage später. Schnell bildeten sich vor den Ausgabestellen schnell lange Schlangen. Pro Person erhielt jeder zunächst 40 D-Mark "Kopfgeld" in bar, weitere 20 D-Mark folgten zwei Monate später.
Wer noch Vermögen oder Bares in alten Reichsmark besaß, musste diese wenig später in speziellen Umtauschstellen abliefern und bekam dafür die neuen Münzen und Scheine – oder ein entsprechendes D-Mark-Guthaben. Der Umrechnungskurs allerdings war schlecht: Alle Abzüge eingerechnet, blieben von 100 Reichsmark nur 6,50 D-Mark übrig. Immerhin: Löhne und Gehälter wurden 1:1 umgerechnet.
Volle Läden, Unmut bei den Sowjets
Parallel zur Geldausgabe verkündete Ludwig Erhard, damals Direktor im Wirtschaftsrat der britischen und amerikanischen Zone, die Freigabe vieler Preise. Für die Wirtschaft hatte dies einen sofort belebenden Effekt. Denn nun konnten Hersteller, Landwirte und andere Unternehmer wieder selbst ihre Preise festlegen – und damit lohnten sich Produktion und Verkauf wieder. Die Folge: Nach jahrelangem Mangel und leeren Ladenregalen gab es nun in Geschäften und Schaufenstern wird Waren zu sehen und zu kaufen.
Für die Sowjetunion aber war die Währungsreform der Westalliierten ein Affront. Schon im Vorfeld, bei ersten Diskussion im alliiertem Kontrollrat in Berlin, waren sie gegen die Vorschläge Großbritanniens und der USA zu neuen Währung – auch weil man sich nicht einigen konnte, wer diese neue Währung dann kontrollieren würde. Als dann den westlichen Besatzungszonen mit der neuen D-Mark vollendete Tatsachen geschaffen wurden, reagierten die Sowjets prompt: In der Nacht zum 24. Juni 1948 begann die Blockade Westberlins, alle Land- und Seewege nach Westdeutschland wurden von sowjetischen Truppen abgeriegelt.
Wie es weiterging
Die weitere Geschichte der D-Mark ist eine echte Erfolgsstory: Schon bald etablierte sich die Währung und auch mit der Wirtschaft der Bundesrepublik ging es bergauf. Die Schwarzmärkte verschwanden, der Wohlstand nahm zu und auch international agierte das Land nun wieder auf dem Börsenparkett. Schnell erwarb sich die D-Mark einen Ruf als "harte" und damit stabile und hochdotierte Währung. In Europa war sie Jahrzehnte sogar die stabilste Währung nach dem Schweizer Franken.
Entsprechend skeptisch betrachteten viele Deutsche die Einführung des Euros in Deutschland und der EU. Im Jahr 2010 war mehr als die Hälfte der Deutschen der Ansicht, dass man die Deutsche Mark hätte behalten sollen, anstatt den Euro einzuführen. Seit Beginn der Eurokrise und der Probleme mit dem Finanzausgleich innerhalb der EU wird von einigen vermehrt diskutiert, die D-Mark wieder einzuführen.
Allerdings: Das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Würde Deutschland aus der Währungsunion wieder austreten, hätte dies für unsere Wirtschaft mehr Nachteile als Vorteile – gerade wegen des noch immer guten Rufs der D-Mark. Denn wie Finanzexperten vor kurzem erklärten, käme es dann unter anderem zu einer Aufwertung der D-Mark gegenüber dem Euro. Das aber würde deutsche Produkte im Ausland so teuer machen, dass die Exporte wahrscheinlich einbrächen. Zusammen mit weiteren Effekten würde dies bei uns eine neue Wirtschafts- und Finanzkrise auslösen.