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Warum uns Gruseln so viel Spaß macht

Egal ob Horrorfilme, True-Crime-Podcasts oder Geisterbahnen: Viele von uns fühlen sich zum Gruseligen und Unheimlichen hingezogen. Das ist auch ein Grund, warum Halloween – das Fest des Gruselns – so erfolgreich geworden ist. Aber warum gruseln wir uns so gern? Wie wirkt sich Unheimliches auf unsere Psyche und unseren Körper aus? Und kann es auch zu viel Grusel geben?
SSC, 31.10.2024
Halloween-Horror

© Bulgac (Hintrgund) und sqback (Figur), beide iStock

Niemand würde sich selbst von einem Kettensägenmörder durch den finsteren Wald jagen lassen oder freiwillig mit einer blassen, auf einem Dreirad sitzenden Gruselpuppe Spiele spielen. Jemand anderen dabei zu beobachten, während man selbst auf der sicheren Couch sitzt, klingt für die meisten jedoch spannend und nach einem guten Filmeabend. Aber warum?

Gruseln? Ja, aber bitte nur in Sicherheit

Der Grund, warum uns Horrorfilme, True-Crime-Podcasts und Geisterbahnen so viel Spaß machen, ist denkbar einfach: Wir sind vom eigentlichen Geschehen distanziert. Zwar kann uns der aufjaulende „Zombie“ in der Geisterbahn einen ordentlichen Schrecken einjagen, doch wir wissen, dass uns eigentlich nichts passieren kann. Wir können die Show also in aller Ruhe genießen und uns durch sie unterhalten fühlen.

Neu ist dieser Spaß an angsteinflößenden Szenarien jedoch nicht: Auch vor hunderten von Jahren ging es bereits ähnlich zu. „Früher gab es öffentliche Hinrichtungen oder Folter. Das waren Massenveranstaltungen, auch noch in unserer christlich geprägten Religion“, sagt Psychologe Gerd Reimann in einem Interview mit t-online.

Kinozuschauer bei einer spannenden Szene
Wichtig für gesundes Gruseln: Die angsteinflößende Situation muss in einer kontrollierten Umgebung stattfinden.

© SrdjanPav, GettyImages

Horrorfilme als Survivalguide

Der Spaß am Gruseln dient aber längst nicht nur unserer Unterhaltung. Im Notfall kann uns das Schauen von Horrorfilmen sogar nützlich werden. „Obwohl die meisten Menschen mit der Absicht in einen Gruselfilm gehen, unterhalten zu werden, anstatt etwas zu lernen, bieten Gruselgeschichten reichlich Lernmöglichkeiten. Die Fiktion ermöglicht es dem Publikum, ohne großen Aufwand eine imaginäre Version der Welt zu erkunden“, erklärt ein Forschungsteam um Coltan Scrivner von der University of Chicago.

So können wir durch das Schauen der Filme zum Beispiel lernen, wie wir uns bei einer Apokalypse am besten verhalten sollten, oder dass wir uns beim Erkunden eines verlassenen Hauses besser nicht aufteilen sollten. Die Leidenschaft für Horrorfilme scheint manchen Menschen sogar durch die Coronapandemie geholfen zu haben. Scrivner und sein Team fanden heraus, dass Menschen, die regelmäßig Horrorfilme schauten, sich von Lockdowns, Infektionshöchstständen und Co deutlich weniger belastet fühlten als der Durchschnitt. Die Horrorliebhaber schliefen besser und wiesen auch weniger depressive Symptome auf.

Überraschender ist da Folgendes: Umfragen zufolge sind besonders stark ängstliche und neurotische Menschen häufiger Horrorfans als andere. Forschende vermuten, dass ihnen ihr gruseliges Hobby dabei hilft, Ängste abzubauen. „Je häufiger man sich bedrohlichen Reizen aussetzt, desto mehr gewöhnt man sich daran – und sieht diese nicht mehr als Gefahr an“, erklärt Peter Zwanzger von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in München im Interview mit Prosieben.

Entspannung durch unheimliche Situationen

Aber nicht nur psychisch wirkt sich das Gruseln auf uns aus. Unser Körper versucht uns beim Anblick des Unheimlichen auf Kampf oder Flucht vorzubereiten, damit wir uns im schlimmsten Fall effektiv verteidigen oder schnell aus dem Staub machen können. Durch diese Alarmreaktion steigt unser Adrenalinpegel, was sich zum Beispiel durch einen schnelleren Herzschlag oder schwitzige Hände bemerkbar macht.

Weil wir uns so sehr auf diese Alarmreaktion konzentrieren, können wir für ein paar Minuten dem Alltagsstress entfliehen. Ist die unheimliche Situation überstanden, schüttet unser Körper sogar noch Glückshormone wie Endorphine und Dopamin aus und wir entspannen. Dazu kommt es allerdings nur, wenn wir uns in der Situation auch wirklich sicher fühlen und uns nicht zu sehr gruseln.

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