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Arbeitsrecht: was jeder Arbeitnehmer wissen sollte
Direkt nach der Ausbildung oder dem abgeschlossenen Studium sind die meisten froh, wenn sie ihren ersten Arbeitsvertrag unterzeichnet haben. Doch nach der anfänglichen Freude kommt oft die erste Ernüchterung. Nicht alles läuft im Berufsleben so glatt, wie es gewünscht ist. Stress mit Kollegen, zahllose Überstunden, Verständnisschwierigkeiten mit dem Chef, schlechte Kommunikation, all das kann zum Berufsalltag dazugehören. Doch was genau muss wirklich als gegeben hingenommen werden und ab wann sollte über Maßnahmen zur Abhilfe nachgedacht werden? Grundsätzlich hilft es hier, seine Rechte gut zu kennen. Und dennoch kann bei manchen Streitfällen auch ein fachmännischer Beistand notwendig werden. Denn oftmals verfügen Fachanwälte oder Kanzleien über das notwendige Know-how und Erfahrungswerte, wie in welchen Fällen mit der Situation umgegangen werden sollte. So kann ein Fachanwalt wie dieser kompetent mit Rat und Tat zur Seite stehen und Problemfälle ganz gezielt angehen. Zudem ist bei Inanspruchnahme von fachmännischem Rechtsbeistand mehr Sicherheit gegeben, dass die Rechtsprechung bekannt und die aktuelle Rechtslage berücksichtigt wird.
Grob sollte dennoch jeder Arbeitnehmer selber wissen, welche Rechte ihm zustehen, um einschätzen zu können, wann ein rechtlicher Beistand überhaupt Sinn macht oder gar notwendig wird. Was vorneweg gesagt werden kann ist, dass das Wichtigste immer auch ein zeitnahes Handeln ist.
Vorgehen bei Mobbing im Unternehmen
Dies zeigt sich besonders in Fällen, in denen ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber gemobbt wird, damit dieser möglichst zügig das Unternehmen verlässt. In dem vorliegenden Fall drohte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vorher sogar damit ihn hinauszumobben, wenn dieser nicht freiwillig kündigt. Bereits kurz darauf wurde die Drohung in die Tat umgesetzt. Der Mitarbeiter musste in ein Einzelbüro umziehen und wurde von wichtigen Informationsquellen abgeschnitten. Er konnte nicht mehr auf notwendigen Daten zugreifen, wurde nicht mehr zu Meetings eingeladen und mit extra viel Arbeit überhäuft. Aufgrund der folgenden Überlastung rutschte der Arbeitnehmer in ein Burn-Out und war immer öfter krankgeschrieben. Dies nutze der Chef als Gelegenheit ihm zu kündigen. Daraufhin verklagte der Arbeitnehmer seinen Chef auf Schmerzensgeld wegen Mobbings. Doch das Gericht befand, dass der Arbeitnehmer seine Ansprüche verwirkt hatte. Er hätte direkt handeln müssen und nicht erst, so wie er es tat, einige Jahre später.
Besteht also der Verdacht auf Mobbing, sollte unmittelbar begonnen werden, ein Mobbing-Tagebuch zu führen. In diesem werden möglichst objektiv die vorgefallenen Sachverhalte geschildert. Damit kann später entschieden werden, inwiefern die Spielregeln am Arbeitsplatz tatsächlich nicht eingehalten wurden. Notwendig ist die schriftliche Dokumentation, um entsprechende Beweismittel für den Chef oder das Gericht zur Hand zu haben. Findet Mobbing von Kollegen statt, muss zunächst der Chef angesprochen und zur Hilfe aufgefordert werden. Dieser ist verpflichtet, in solchen Fällen Abhilfe zu schaffen. Ist der Chef selbst für das Mobbing verantwortlich, sollte sich zeitnah ein rechtlicher Beistand genommen werden.
Kündigung und Kündigungsschutz
Ein weiteres häufiges Problem, welches Arbeitnehmern im Beruf begegnen kann, sind Kündigungen vom Arbeitgeber. Da Kündigungen grundsätzlich begründet sein müssen, versuchen einige Chefs ihre Arbeitnehmer mit Aufhebungsverträgen zu überrumpeln. In diesem Vertrag stimmen beide Parteien zu, dass das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird. Wer so einen Aufhebungsvertrag unterschreibt, muss sich bewusst sein, dass dieser nicht widerrufen und nur in speziellen Ausnahmefällen angefochten werden kann. Es sollte daher unbedingt eine Bedenkzeit vor Unterschreiben des Vertrages eingefordert werden.
Auch beim Mutterschutz besteht ein starker Kündigungsschutz. Sobald eine Mitarbeiterin schwanger ist und der Arbeitgeber hiervon erfährt, darf ihr während der Schwangerschaft nicht gekündigt werden. Dies gilt in der Regel auch noch bis vier Monate nach der Entbindung. Wurde eine Kündigung ausgesprochen, während die Schwangerschaft bereits bestand, bleiben der werdenden Mutter zwei Wochen, dem Arbeitgeber die Schwangerschaft nachzuweisen. Somit verliert die Kündigung des Arbeitgebers die Wirkung nachträglich.
Mit am häufigsten tritt bei Kündigungen der Fall der betriebsbedingten Kündigung auf. Diese kann eintreten, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aufgrund betrieblicher Gegebenheiten nicht mehr halten kann. Dazu muss allerdings nachweisbar sein, dass der Arbeitsplatz tatsächlich weggefallen ist. Es darf nicht nach der Kündigung eines Mitarbeiters ein anderer Mitarbeiter mit demselben Tätigkeitsfeld eingestellt werden. Außerdem muss der Arbeitgeber darstellen, dass es keine anderen freien Stellen gibt. Gehört ein Mitarbeiter schon länger der Firma an, oder hat er eine Familie oder eine Behinderung, ist er noch stärker vor einer Kündigung geschützt. Generell gilt auch hier im Falle einer Kündigung, sich zügig eine rechtliche Beratung zu suchen. In einigen Fällen kann sich eine Kündigungsschutzklage lohnen. Allerdings muss diese spätestens drei Wochen nach der Kündigung beim Arbeitsgericht eingereicht werden.
Überstunden und Resturlaub
Eine weitere Frage stellt sich vielen, was häufig geleistete, nicht bezahle Überstunden oder nichtgenommenen Urlaub angeht. Werden die Überstunden nicht vom Chef angeordnet, müssen sie normalerweise auch nicht von ihm vergütet werden. Ist die Mehrarbeit jedoch angeordnet, muss sie auch vom Arbeitgeber vergütet werden. Eine Klausel im Vertrag, in der Überstunden mit dem Gehalt abgegolten sind, ist demnach ungültig. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Urteil vom 1.9.2010 (5 AZR 517/09). Die Überstunden müssen entweder durch eine finanzielle Vergütung oder Freizeit ausgeglichen werden.
Überstunden müssen allerdings durch den Arbeitnehmer auch bewiesen werden. Relativ einfach ist dies möglich, wenn Stechuhren oder Zeiterfassungsprogramme genutzt werden. Andernfalls müssen die Stunden schriftlich festgehalten und dem Chef zum Unterzeichnen vorgelegt werden.
Ebenso muss beim Urlaub darauf geachtet werden, dass er rechtzeitig genommen wird. Denn laut dem Bundesurlaubsgesetz muss der Urlaub im jeweiligen Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung ins nächste Kalenderjahr ist nur möglich, wenn es gewichtige Gründe wie eine Erkrankung oder wichtige Projekte gibt, die noch zu Jahresende fertig werden müssen. Andernfalls muss eine Übernahmemöglichkeit ins nächste Jahr im Arbeitsvertrag festgehalten werden.