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Woher kommt der Adventskalender?
Wann ist denn endlich Weihnachten? Diese Frage haben vermutlich die meisten von uns schon mal gehört oder selbst gestellt. Kinder können es meist kaum abwarten, die Geschenke unter dem Weihnachtsbaum auszupacken, aber auch die Vorweihnachtszeit bietet mit Weihnachtsgebäck und vor allem dem Adventskalender schon einige Highlights. Aber woher kommt die Idee mit dem Adventskalender?
Zwischen Kerzen, Stroh und Kreidestrichen
Der vermutlich erste Adventskalender war Adventskalender und Adventskranz zugleich. Im Jahr 1839 fragten Kinder den evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern im von ihm gegründeten Rettungsdorf „Rauhe Haus“ immer wieder danach, wie viele Tage bis Weihnachten verblieben. Wichern beschloss, die Kinder zu besänftigen. Er steckte für jeden Adventssonntag eine große Kerze auf ein Wagenrad und zwischen ihnen je sechs weitere kleinere Kerzen. Jeden Tag zündete er eine weitere Kerze an. Der erste Adventskalender war geboren.
Sowohl die Katholiken als auch die Protestanten überlegten sich weitere Möglichkeiten, ihren Kindern die Vorweihnachtszeit zu verkürzen und die Tage bis Weihnachten herunterzuzählen. Katholische Kinder durften – vorausgesetzt, sie waren artig – täglich einen Strohhalm in die Krippe legen, damit das Jesuskind an Heiligabend weich gebettet liegen kann. Evangelische Familien malten 24 Kreidestriche an die Tür und die Kinder durften jeden Tag einen Strich wegwischen.
Mamas Idee als Inspiration für Großes
Den ersten Adventskalender zum Naschen überlegte sich die Mutter des damals noch kleinen Gerhard Lang. Sie backte 24 sogenannte Wibele, ein schwäbisches Biskuitgebäck, und nähte sie auf ein Stück Karton. Sohn Gerhard durfte dann täglich ein Wibele verputzen. Diese Idee seiner Mutter schien ihm so gut zu gefallen, dass er um 1903 mit der lithografischen Anstalt Reinhold & Lang den ersten „Weihnachtskalender“ entwickelte.
Dieser „Im Lande des Christkinds“ getaufte Kalender bestand aus zwei Kartonbögen: Auf dem einen Bogen waren 24 Felder eingezeichnet, die mit kleinen Geschichten versehen waren. In den Geschichten ging es um all die Dinge, die das Christkind vor Heiligabend zu erledigen hat. Auf dem zweiten Kartonbogen befanden sich bunte Bilder, die die Geschichten illustrierten. Kinder sollten die Bilder dann ausschneiden und auf die entsprechende Geschichte kleben.
Gerhard Langs Idee erfreute sich so großer Beliebtheit, dass er sich immer mehr Varianten überlegte. Darunter waren auch das „Christkindleinhaus zum Füllen mit Schokolade“, Kalender mit Türchen und sogar ein Adventskalender für Blinde. Ende der 1930er Jahre musste Lang seinen Betrieb schließen, denn der Zweite Weltkrieg machte Papier knapp und das NS-Regime verbot die Herstellung der Kalender.
Pflanzen und Kriminalfälle
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand ein regelrechter Adventskalender-Boom und die Kalender wurden zur Massenware. Im Jahr 1958 kam dann auch der erste schon gefüllte Schokoladen-Adventskalender auf den Markt. Durch die in Deutschland stationierten Alliierten verbreitete sich der vorweihnachtliche Brauch auch in den USA und in Großbritannien.
Heute ist die Auswahl an Adventskalendern größer als je zuvor und nicht mehr nur eine Versüßung für Kinder. Diverse Hersteller von Spielwaren, Pflegeartikeln und Lebensmitteln bieten themenspezifische Kalender an, die mal einfacher gehalten, mal luxuriöser sind. Aber auch außergewöhnlichere Adventskalender sind im Handel erhältlich. So zum Beispiel ein Pflanzen-Kalender mit Blumentöpfen, Dünger, Samen und echten Pflanzen oder ein „Tatort“-Adventskalender, bei dem anhand von verschiedenen Beweisen hinter den Türchen ein Kriminalfall gelöst werden muss.
Adventskalender der Superlative
Den wohl luxuriösesten Adventskalender bot das britische Luxus-Kaufhaus Harrods im Jahr 2010 an. Fünf Exemplare für je umgerechnet 720.000 Euro. Darin enthalten waren unter anderem: ein Gutschein für ein 8,50 Meter langes Speedboat, und eine Designerküche sowie eine goldene Sonnenbrille mit 18 Karat.
Der vielleicht größte Adventskalender steht im Dezember in Gengenbach in Baden-Württemberg. An den Fenstern des Rathauses – welches praktischerweise 24 Fenster besitzt – bringt die Stadt jedes Jahr reproduzierte Bilder von Künstlern wie Marc Chagall oder Andy Warhol an. Jeden Dezembertag wird ein weiteres Bild enthüllt. In diesem Jahr zeigt Gengenbach unter dem Motto „Paradiese“ Werke des Illustrators Olaf Hajek.